Uwe Kolbe

1976 legte Kolbe sein Abitur ab. Im selben Jahr wurden auf Vermittlung von Franz Fühmann erste Texte von ihm in der Literaturzeitschrift Sinn und Form veröffentlicht.[1] Nach Ableistung des Grundwehrdienstes in der NVA war er laut Norddeutscher Zeitung Theatermaler, Transportarbeiter und Lagerverwalter.[2] Letzteres übte er beim Aufbau-Verlag in Berlin aus.[1]

 

Seit September 1979 war Kolbe freier Schriftsteller.[3] In den ersten Jahren bestritt er seinen Lebensunterhalt neben der Veröffentlichung eigener Werke mit Lesungen, Nachdichtungen und Übersetzungen für verschiedene DDR-Verlage.[1][3] Der erste Gedichtband Hineingeboren erschien 1980 im Aufbau-Verlag. 1980/81 absolvierte er einen Sonderkurs am Literatur-Institut „Johannes R. Becher“.

 

Franz Fühmanns persönlicher Bürgschaft war es zu verdanken, dass Kolbe am 20. April 1982 eine Lesung in der Westberliner Autorenbuchhandlung abhalten konnte. Jedoch wurde zur gleichen Zeit ein Aufruhr im DDR-Literaturbetrieb losgetreten.[1] In der 1981 herausgegebenen Anthologie Bestandsaufnahme 2. Debütanten 1976 – 1980 befindet sich ein Text Kolbes mit dem Titel Kern meines Romans, der ein Akrostichon ist, also eine versteckte Botschaft in den Zeilenanfängen enthält. So ergibt sich aus den Versanfangsbuchstaben der ersten Strophe der Satz: „Eure Maße sind Elend“. Nachdem eine Leserin dies in dem von Literaturpropagandisten empfohlenen Buch entdeckt und gemeldet hatte, musste die Anthologie aus den Auslagen der Buchhandlungen entfernt und Bibliotheken angewiesen werden, sie unter Verschluss zu halten.[4] Eine von Uwe Kolbe und Sascha Anderson auf Anregung von Fühmann und im Auftrag der Akademie der Künste vorbereitete Anthologie junger Autoren wurde daraufhin nicht verwirklicht.

 

Auch sonst hatte der an der DDR-Kulturpolitik Kritik übende Kolbe in den frühen 1980er-Jahren ein faktisches Publikationsverbot. Seine Arbeiten konnte er von August 1982 bis 1985/86 nur in konfessionellen Einrichtungen oder in Privaträumen vorstellen.[1] Und schriftlich verbreiten nur in verschiedenen Untergrundzeitschriften. Immerhin konnte er 1983 einen Übersetzungsauftrag des Henschel-Verlages für Federico García Lorcas Bühnenwerke annehmen.[1] Ab 1982 erschienen drei seiner Gedichtbände, Hineingeboren, Abschiede und Bornholm II, auch bei Suhrkamp in der Bundesrepublik, und Kolbe war mithin Devisenbeschaffer für die DDR. Gelockerte Restriktionen gestatteten Kolbe ab 1985 Auslandsaufenthalte in der Schweiz, den Niederlanden und Westdeutschland. Während es anderen Autoren aus der Prenzlauer-Berg-Szene verwehrt blieb, konnte er Gerhard Wolf zu einer Vortragsreise nach Wien begleiten. 1986 erhielt er ein Dauervisum für die Bundesrepublik.[1]

 

Von 1983 bis 1987 gab er zusammen mit Bernd Wagner und Lothar Trolle die nichtoffizielle Literaturzeitschrift Mikado heraus.[1]

 

Zeitweise wurde Uwe Kolbe vom Ministerium für Staatssicherheit der DDR observiert. Sein Vater Ulrich Kolbe war als Führungsoffizier für Inoffizielle Mitarbeiter bei der Stasi beschäftigt.[5]

 

1988 übersiedelte Kolbe nach Hamburg. 1989 erhielt er eine Gastdozentur in Austin/Texas, wo er aus der Ferne den Fall der Mauer miterlebte.[1] Außer über literarische Themen berichtete er nun auch für Printmedien und auf Tagungen über geschichtliche Zusammenhänge.[1] 1993 kehrte er nach Berlin-Prenzlauer Berg zurück.[1]

 

1996 trat er aus Protest gegen die Vereinigung mit dem Deutschen P.E.N.-Zentrum (Ost) aus dem P.E.N.-Zentrum der Bundesrepublik Deutschland aus. Von 1997 bis zum Frühjahr 2004 war er Leiter des Studios Literatur und Theater der Universität Tübingen, was einen Umzug dorthin zur Folge hatte.[1] Einem Südkorea-Aufenthalt im Jahr 2000 entsprang eine neuerliche Übersetzungsaufgabe und ein Stipendiat in Bulgarien 2001 trug Früchte in Form neuer Gedichte und des ersten Kriminalromans, der 2005 erschien.[1]

 

Nach einer Zeit in Berlin als freier Schriftsteller mit vielfältigen internationalen Aktivitäten und Funktionen (als besonders bewegend beschreibt er seine Teilnahme am Internationalen Poesiefestival Medellín 2010) lebt Kolbe seit 2013 wieder in Hamburg.[1] Er ist Mitglied der Freien Akademie der Künste zu Leipzig. Sein 1979 geborener Sohn ist unter dem Künstlernamen Mach One als Rapper in der Berliner Hip-Hop-Szene aktiv.

Seite „Uwe Kolbe (Autor)“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 18. Juni 2016, 18:15 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Uwe_Kolbe_(Autor)&oldid=155421556 (Abgerufen: 20. Juli 2016, 13:56 UTC)

 

 


Stephan Krawczyk

 

Krawczyk wurde nach dem Abitur und seinem Wehrdienst 1976 Mitglied der SED. 1978 begann er ein Fernstudium im Fach Konzertgitarre in Weimar. Von 1978 bis 1983 war Krawczyk Mitglied der Folk-Gruppe Liedehrlich. Er wurde für „hervorragende künstlerische Leistungen“ geehrt und erhielt 1981 den Hauptpreis beim DDR-Chansonwettbewerb. Das DDR-Platten-Label Amiga veröffentlichte eine Schallplatte von Liedehrlich, was unter den Verhältnissen in der DDR einer Anerkennung als „Staatskünstler“ gleichkam. Doch Krawczyk entschied sich für einen anderen Weg. Nach seinem Umzug nach Berlin 1984 befreundete er sich mit der Regisseurin Freya Klier. Er trat 1985 aus der SED aus, ein Akt, den die SED in einen Parteiausschluss umwandelte. Wegen seiner kritischen Texte wurde ihm die Zulassung als Berufsmusiker entzogen, was auf ein Berufsverbot hinauslief.[1] Krawczyk konnte nur noch im Schutz der Kirche auftreten. Damit und mit seinen Liedern wurde er Ende der 1980er Jahre zu einer der bedeutendsten Personen der DDR-Opposition. Er wurde jahrelang von der Staatssicherheit überwacht und drangsaliert. Im November 1987 forderte Krawczyk zusammen mit Freya Klier in einem Brief an das SED-Politbüromitglied Kurt Hager die Achtung der Menschenrechte, die Rücknahme ihrer Berufsverbote und die Unabhängigkeit von Kunst und Kultur in der DDR. Am 8. November wurde ein Mordversuch der Staatssicherheit durch im Auto aufgebrachtes Nervengift auf ihn und Klier verübt.[2][3] Am 17. Januar 1988 wurde er verhaftet. Bei der offiziellen Luxemburg-Liebknecht-Demonstration der SED hatte er mit einem Transparent[4] auf sein Berufsverbot aufmerksam machen wollen.[5] Die Affäre um seine Inhaftierung erweckte deutschlandweit große Aufmerksamkeit. Die West-Medien berichteten ausführlich. Krawczyk selbst wurde in dieser Zeit im Stasi-Gefängnis Berlin-Hohenschönhausen völlig isoliert. Um eine Ausbürgerung wie im Fall Biermann 1976 zu vermeiden, zog die DDR-Staatssicherheit alle Register, um Krawczyk dazu zu nötigen, dass er einer „freiwilligen“ Ausreise aus der DDR zustimme. Im SED-„Zentralorgan“ Neues Deutschland wurden ihm „geheimdienstliche Verbindungen“ unterstellt, das Verfahren gegen ihn auf „Landesverräterische Beziehungen“ erweitert.[6] Sein Anwalt Wolfgang Schnur, der damals als Vertrauensanwalt der evangelischen Kirche in der DDR galt, aber fast 25 Jahre lang als Stasi-Spitzel unter dem Decknamen IM „Torsten“ im Auftrag der Stasi dem SED-Regime zuarbeitete, tat das Übrige. Er drängte Krawczyk, der Ausreise zuzustimmen. Die Alternative wären zwölf Jahre im Gefängnis gewesen. Schnur war einer von 80 Stasi-Spitzeln, die Krawczyk und Klier zeitweise beschatteten.[7] Am 2. Februar 1988 wurde Krawczyk mit seiner Frau Freya Klier, mit der er von 1986 bis 1992 verheiratet war, in die Bundesrepublik abgeschoben.

 

1994 unterstützte Krawczyk gemeinsam mit Bettina Wegner den Bundestagswahlkampf des parteilosen PDS-Kandidaten Stefan Heym im Wahlkreis Berlin-Mitte/Prenzlauer Berg[8]. Er hat seit den 1990er Jahren mehrere Bücher veröffentlicht, die sich insbesondere mit dem Lebensgefühl der in der DDR sozialisierten Generationen auseinandersetzen und stark autobiographisch sind, unter anderem Das irdische Kind. Daneben war er auch weiterhin als Musiker aktiv, veröffentlichte unter anderem als Stephan Krawczyk und Band das CD-Album Die Queen ist in der Stadt.

 

Krawczyk gab 2002 erstmals in der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen ein Konzert. Zur Jahreswende 2007/2008 war er mit Freya Klier auf einer Tournee durch Ostdeutschland.

 

Im Rahmen der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an zwölf DDR-Bürgerrechtler im Schloss Bellevue im Jahr 2009, die Krawczyk musikalisch begleitete, bat ihn der damalige Bundespräsident Horst Köhler, die Nationalhymne anzustimmen, woraufhin Krawczyk anfing, die erste Strophe des Deutschlandliedes zu singen. Auf Freya Kliers Intervention hin unterbrach Krawczyk seine Darbietung, sang die dritte Strophe und entschuldigte sich anschließend für diesen „unbeabsichtigten Lapsus“.[9]

 

Stephan Krawczyk lebt als freier Schriftsteller, Komponist und Sänger seit den 1990er Jahren in Berlin-Neukölln.

Seite „Stephan Krawczyk“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 9. April 2016, 20:47 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Stephan_Krawczyk&oldid=153332303 (Abgerufen: 12. Juli 2016, 16:51 UTC)

 


Freya Klier

 

Freya Klier verbrachte aufgrund der Inhaftierung ihres Vaters ihr drittes Lebensjahr in einem Kinderheim.[1] 1968 legte sie das Abitur ab. Noch im gleichen Jahr unternahm sie einen erfolglosen Fluchtversuch aus der DDR. Sie wurde zu 16 Monaten Gefängnis verurteilt, jedoch vorzeitig entlassen. Danach arbeitete sie u. a. als Postangestellte und als Kellnerin.

 

Von 1970 bis 1975 studierte Klier Schauspiel an der Theaterhochschule Leipzig und im Staatstheater Dresden. Sie arbeitete als Schauspielerin am Theater Senftenberg, bevor sie von 1978 bis 1982 Regie am Institut für Schauspielregie in Berlin studierte.

 

Seit 1982 war sie Regisseurin am Theater Schwedt. Für die Uraufführung von Ulrich Plenzdorfs Legende vom Glück ohne Ende erhielt sie 1984 den DDR-Regiepreis.

 

Seit Anfang der 1980er Jahre war Klier Mitglied im Friedenskreis Pankow und in der DDR-Friedensbewegung aktiv. Dies führte 1985 zu einem Berufsverbot. Sie trat seitdem gemeinsam mit Stephan Krawczyk, mit dem sie von 1986 bis 1992 verheiratet war, in kirchlichen Räumen auf.

 

Im November 1987 kritisierten Freya Klier und Stephan Krawczyk gemeinsam in einem offenen Brief an Kurt Hager den gesellschaftlichen Zustand der DDR und forderten Reformen ein. Beide beschlossen, an dem alljährlich im Januar abgehaltenen offiziellen Massenaufmarsch zu Ehren von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht mit eigenen Spruchbändern teilzunehmen. Ihr Ziel war es, sowohl kritisch auf gesellschaftliche Missstände hinzuweisen als auch auf die eigenen Berufsverbote aufmerksam zu machen. Da an der Demonstration am 17. Januar 1988 aber auch eine Reihe von Ausreisewilligen protestierend teilnehmen wollten, verzichtete Klier schließlich auf die Teilnahme, um ihr eigenes Anliegen nicht mit dem der Ausreisewilligen zu vermengen.

 

Am 8. November wurde nach vorangegangenen Durchtrennen der Bremsleitungen ein Mordversuch der Staatssicherheit durch im Auto aufgebrachtes Nervengift auf sie und Krawczyk verübt.[2][3][4]

 

Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) hatte die Aktion „Störenfried“ bereits Wochen zuvor genau geplant: Zunächst wurden am Rande der Demonstration 105 Personen, darunter auch Stephan Krawczyk, Vera Wollenberger und Herbert Mißlitz, verhaftet. Freya Klier wandte sich daraufhin mit einem Appell an die Künstler der Bundesrepublik und forderte diese auf, nicht mehr in der DDR aufzutreten. Nur wenige Tage später nahm das MfS einige führende Bürgerrechtler fest, darunter neben Klier auch Lotte (Regina) und Wolfgang Templin, Werner Fischer, Bärbel Bohley und Ralf Hirsch. Ihre Untersuchungshaft verbrachte Klier in der Untersuchungshaftanstalt der Staatssicherheit Berlin-Hohenschönhausen. Ihr Anwalt Wolfgang Schnur stellte sich später als Inoffizieller Mitarbeiter des MfS heraus.[5] Vor dem Hintergrund seiner gezielten Desinformationen, es gebe keine Solidarisierung durch Opposition und Bevölkerung und sowieso keine andere Alternative, stellten Klier und Krawczyk am 2. Februar 1988 einen Antrag auf Ausreise aus der DDR. Nur Stunden später wurden sie abgeschoben. Sofort nach ihrer Ankunft im Westen forderten sie auf einer Pressekonferenz ihre sofortige Wiedereinreise in die DDR.[6] Unter anderen der damalige Südwestfunk (SWF) sowie das Polit-Magazin Kontraste stellten klar dar, dass Klier und Krawczyk die DDR unfreiwillig verlassen hatten.

 

Auf der offiziellen Liebknecht-Luxemburg-Demonstration der SED am 17. Januar 1988 hatten die Bürgerrechtler – das Zitat Rosa Luxemburgs „Freiheit immer die Freiheit der Andersdenkenden“ auf Plakaten gezeigt.[7]

 

Klier lebt heute als freischaffende Autorin und Filmregisseurin in Berlin. Neben der DDR-Vergangenheit und ihrer Bewältigung gehören auch die Nationalsozialistische Diktatur in Deutschland und der stalinistische Sozialismus in Deutschland und Russland zu ihren bevorzugten Themen. Besondere Verdienste hat sie sich in der Aufklärung von Schülern über die nahe Vergangenheit der DDR erworben.

 

Freya Klier ist Gründungsmitglied des im Juni 1996 gegründeten Bürgerbüro e. V., einem Verein zur Aufarbeitung von Folgeschäden der SED-Diktatur.[8] Seit 2005 ist sie Mitglied des P.E.N.-Zentrums deutschsprachiger Autoren im Ausland.

 

Im Bundestagswahlkampf 2009 engagierte sich Klier für die Fortsetzung der Kanzlerschaft von Angela Merkel.

 

Klier hat eine Tochter, die 1973 geborene Berliner Fotografin Nadja Klier.

Seite „Freya Klier“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 13. Mai 2016, 19:07 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Freya_Klier&oldid=154350059 (Abgerufen: 12. Juli 2016, 16:52 UTC)

 

 

 

 


Gerd Poppe

Gerd Poppe (* 25. März 1941 in Rostock) ist ein deutscher Politiker. Bekannt wurde er als Bürgerrechtler in der DDR. Nach der Wende war er Minister ohne Geschäftsbereich der DDR, später Politiker bei Bündnis 90/Die Grünen und erster Beauftragter der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe.

 

Poppe studierte von 1959 bis 1964 Physik an der Universität Rostock und arbeitete von 1965 bis 1976 als Physiker im Halbleiterwerk Stahnsdorf. Seit 1968 war er in oppositionellen Kreisen aktiv, 1975 sechs Monate Bausoldat. Wegen seines Protestes gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns wurde 1976 eine Einstellungszusage der Akademie der Wissenschaften zurückgezogen. Er arbeitete bis 1984 als Maschinist in einer Berliner Schwimmhalle und bis 1989 als Ingenieur im Baubüro des Diakonischen Werkes.

 

1985/86 war Poppe Mitbegründer der Initiative Frieden und Menschenrechte (IFM). Er war Mitherausgeber und Autor mehrerer illegaler Samisdat-Publikationen: „grenzfall“ (1986), „SPUREN. Zur Geschichte der Friedensbewegung in der DDR“ (1988), „Ostkreuz“ (1989). Die Staatssicherheit hat ihn seit Ende der 1960er Jahre intensiv überwacht und mit Zersetzungsmaßnahmen überzogen. Aus zahllosen abgehörten Telefongesprächen wird allerdings ersichtlich, dass ihn und seine Frau Ulrike Poppe dies nicht einschüchterte oder in seinem politischen Engagement beirren konnte.[1]

 

Von 1989 bis 1990 war er Sprecher und Vertreter der IFM am Zentralen Runden Tisch. Von Februar bis April 1990 war er Minister ohne Geschäftsbereich der DDR und von März bis Oktober stellvertretender parlamentarischer Fraktionsführer der Volkskammerfraktion von Bündnis 90.

 

Von 1990 bis 1998 war Poppe Mitglied des Deutschen Bundestages und außenpolitischer Sprecher der Abgeordnetengruppe bzw. Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Danach war er von 1998 bis 2003 Beauftragter der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe und ist seit November 1998 Mitglied des Vorstandes der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur.[2]

 

Gerd Poppe hat aus erster Ehe zwei Kinder, darunter die Schriftstellerin Grit Poppe (* 1964).[3] Er war von 1979 bis 1997 in zweiter Ehe mit Ulrike Poppe verheiratet, die ebenfalls in der Bürgerrechtsbewegung aktiv war. Auch mit ihr hat er zwei Kinder.

Seite „Gerd Poppe“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 24. August 2016, 16:54 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Gerd_Poppe&oldid=157354222 (Abgerufen: 30. Mai 2017, 16:48 UTC)

 

 


Grit Poppe

Grit Poppe (* 25. Januar 1964 in Boltenhagen, Kreis Grevesmühlen) ist eine deutsche Schriftstellerin.

 

Grit Poppe ist die Tochter des Physikers und Bürgerrechtlers Gerd Poppe aus dessen erster Ehe. Da ihr Vater nach dem Studium eine Stelle im Halbleiterwerk Stahnsdorf bei Potsdam antrat, zog die Familie dorthin um, wo sie aufwuchs und, nach der Scheidung der Eltern 1970[1], die Schule besuchte. Nach einer Lehre als Sekretärin arbeitete sie im DEFA-Studio für Spielfilme und später in der Hochschule für Film und Fernsehen Potsdam.

 

Zu Wendezeiten engagierte sie sich in der Bürgerbewegung Demokratie Jetzt (DJ) und war bis 1992 Geschäftsführerin von DJ (später Bündnis 90) für das Land Brandenburg.

 

Schon als Schülerin hatte Grit Poppe den Wunsch, Schriftstellerin zu werden. Von 1984 bis 1988 studierte sie am Literaturinstitut „Johannes R. Becher“ in Leipzig. 1989 debütierte sie mit dem Erzählband Der Fluch. Sie schreibt Romane und Geschichten für Kinder und Erwachsene und lebt mit ihren beiden Kindern, einem Sohn und einer Tochter, in Potsdam. Das Wechselspiel zwischen einer realistischen Handlung und Fantasy-Elementen zeichnet bisher die meisten ihrer Jugendbücher aus. Zu nennen sind hier vor allem Alabusch oder Das Herz des Vulkans (1999) und Käpten Magic (2006).

 

Für Weggesperrt, ihren ersten rein realistischen Jugendroman, der auf umfangreichen Recherchen beruht, wurde sie 2010 mit dem Gustav-Heinemann-Friedenspreis für Kinder- und Jugendbücher ausgezeichnet. Er wurde als Ganzschrift für die Realschulabschlussprüfung in Baden-Württemberg 2011 ausgewählt.[

 

Seite „Grit Poppe“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 14. April 2017, 07:18 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Grit_Poppe&oldid=164540343 (Abgerufen: 18. Mai 2017, 14:22 UTC)

 


Martin Böttger

Martin Böttger (* 14. Mai 1947 in Frankenhain) ist ein ehemaliger Vertreter der Bürgerrechtsbewegung in der DDR. Er war von 1990 bis 1994 Mitglied des Sächsischen Landtags und Vorsitzender der Fraktion Neues Forum - Bündnis - Grüne (Forum).

 

Leben und Politik

 

Böttger studierte 1965 bis 1970 Physik an der TU Dresden und war danach bis 1972 Bausoldat. Seit 1972 war er in der kirchlichen Friedensarbeit aktiv. Bis 1976 war er als Programmierer bei Robotron Karl-Marx-Stadt, bis 1979 beim Versorgungskontor Leder und bis 1983 als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Deutschen Bauakademie tätig. 1982 wurde er an der TU Dresden bei Günther Landgraf zur technischen Mechanik promoviert.

 

1976 und 1980 wurde er nach der Teilnahme an Maidemonstrationen mit einem selbstgefertigten Transparent vom MfS „zugeführt“ und im September 1983 wegen „versuchter Teilnahme an einer Menschenkette zum Weltfriedenstag“ verhaftet. Ab 1985 war Böttger als Programmierer beim Kombinat Minol beschäftigt. Er war 1985 Mitbegründer der Initiative Frieden und Menschenrechte (IFM),[1] deren Arbeitsgruppe „Menschenrechte und Justiz“ er leitete, und war an der Herausgabe und Verbreitung von Samisdat-Zeitschriften beteiligt.

 

1989 war er Gründungsmitglied des Neuen Forum[2] und Koordinator dieser Bürgerbewegung im Bezirk Karl-Marx-Stadt. Im März 1990 wurde er auf der Liste von Bündnis 90 in die Volkskammer gewählt, gab aber das Mandat unmittelbar an Werner Schulz ab. Bis 1994 war er Abgeordneter des Sächsischen Landtages. Ab 1994 war er Geschäftsführer einer Seniorenpflegeeinrichtung in Kirchberg. Von 2001 bis 2010 war er Leiter der Chemnitzer Außenstelle der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR.[3] Er lebt in Sachsen im Ruhestand und gehört seit 2009 als bündnisgrüner Abgeordneter dem Zwickauer Stadtrat an.[4]

 

Böttger ist aktiver Orgelspieler und versuchte sich auch als Dirigent.[5]

 

Auszeichnungen

 

Am 26. Mai 1997 wurde ihm von Landtagspräsident Erich Iltgen die Sächsische Verfassungsmedaille verliehen. Im Jahr 2000 ehrte ihn die Deutsche Nationalstiftung für sein Engagement bei der Gründung des Neuen Forum neben anderen Erstunterzeichnern des Gründungsaufrufs mit dem Deutschen Nationalpreis. Am 13. Oktober 2009 erhielt er aus Anlass von »20 Jahre Friedliche Revolution« den Sächsischen Verdienstorden.[6]

 

 

 

Bürokratopoly ist ein Lehrspiel aus der DDR. Urheber Martin Böttger nahm damit in den frühen 1980er Jahren den DDR-Staat aufs Korn. Das Spiel verbreitete sich im politischen Untergrund. Über 30 Jahre nach seinem Entstehen wurde es neu aufbereitet und für den Einsatz im Unterricht optimiert. Bürokratopoly vermittelt den Schülern auf spielerischem Weg einen authentischen Blick auf die DDR und regt damit zur Diskussion über Demokratie, Politik und Menschenrechte an.

 

Seite „Martin Böttger“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 25. März 2015, 22:34 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Martin_B%C3%B6ttger&oldid=140278181 (Abgerufen: 21. Dezember 2015, 21:21 UTC)

 


Siegmar Faust

Siegmar Faust (* 12. Dezember 1944 in Dohna) ist ein deutscher Schriftsteller und war politischer Häftling in der DDR. Von 1996 bis 1999 war er Landesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen im Freistaat Sachsen.

 

Leben

 

Faust wurde als Sohn der technischen Zeichnerin Ingeborg Kayenberg und eines Zyprioten, der als britischer Soldat der Antihitlerkoalition in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten war, geboren.[1] Er wuchs in Heidenau bei Dresden auf. Nach dem Abitur studierte er ab 1964 Kunsterziehung und Geschichte an der Universität Leipzig, von der er im Sommer 1966 wegen „Disziplinlosigkeit und politischer Unzuverlässigkeit“ exmatrikuliert wurde, weil er eine Vorlesung mit unzensierter Lyrik organisiert hatte. Nach der Wende und friedlichen Revolution in der DDR wurde vom Rektor der Universität 1993 dazu festgestellt, dass die Exmatrikulation eindeutig politisch motiviert war und damit einen zeittypischen Akt ausgeübter Willkür gegen Andersdenkende darstellte.

 

Nach erfolgter Bewährung in der Produktion wurde ihm ein Studium wieder gestattet. Faust wurde zum Studium am Leipziger Literaturinstitut „Johannes R. Becher“ angenommen, auch dort aber im Frühjahr 1968 aus politischen Gründen wieder exmatrikuliert.

 

Seinen Lebensunterhalt verdiente Faust überwiegend als Hilfsarbeiter, nebenher war er schriftstellerisch tätig. Vorerst kursierten seine Werke im Freundeskreis. Seit 1968 wurde Faust von der Stasi beobachtet und verfolgt. Als seine Versuche, in der Bundesrepublik zu veröffentlichen, aufgedeckt wurden, erfolgte eine erste Inhaftierung. Nach seiner Freilassung verdingte er sich als Transportarbeiter. Nachdem ein offizieller Ausreiseantrag durch die DDR-Behörden abgelehnt worden war, initiierte er unter Verweis auf die Mitgliedschaft der DDR in den Vereinten Nationen eine von 45 Personen unterzeichnete Petition „Gegen die Verweigerung der Menschenrechte“. Daraufhin wurde er erneut inhaftiert und vom Bezirksgericht Dresden zu vier Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt.[2]

 

Wegen „staatsfeindlicher Hetze“ war Faust, der sich damals selbst als Marxist verstand,[3] in den 1970er Jahren insgesamt 33 Monate inhaftiert, davon 17 Monate in Stasi-Untersuchungshaftanstalten, sieben Wochen im Haftkrankenhaus für Neurologie und Psychiatrie Waldheim („Klapsmühle Waldheim“)[4][5] die übrige Zeit im Zuchthaus Cottbus. Dort stellte er dem SED-Zentralorgan Neues Deutschland die handgeschriebene Zeitung „Armes Deutschland“ gegenüber, die von Hand zu Hand gereicht wurde.[6] Dafür wurde Faust über 400 Tage in einer doppelt vergitterten, feuchten und kalten Kellerzelle („Tigerkäfig“) gefangen gehalten. Mithäftlinge unterstützten ihn und schmuggelten Kugelschreiberminen und Butter in seine Zelle.[7] Insgesamt war er über zwei Jahre in Einzelhaft. Im März 1976 wurde er nach einer Intervention Robert Havemanns bei Erich Honecker und wirksamen Protesten des In- und Auslandes wegen „guter Führung“ vorzeitig freigelassen. Im September 1976 wurde ihm die Ausreise in die Bundesrepublik gestattet. Bis zur Ausreise hielt er sich im Freundeskreis Wolf Biermanns auf.[6] Im Westen angekommen, folgte für Faust eine große Ernüchterung:

 

„Dass ich in der Mensa auf der Hardenbergstraße neben Marx-, Engels- und Lenin- auch riesige Stalin-Poster sah und verzweifelt davonlief, interessierte keinen. Der Verleger Axel Springer war der Oberteufel, ansonsten sollte ich mich von Gerhard Löwenthal, Matthias Walden, der Bundeswehr, der CDU, ganz besonders der CSU, von Landsmannschaften und Burschenschaften, dem Mauermuseum, der Gesellschaft für Menschenrechte und überhaupt von allen Antikommunisten, Amerikanern und konservativen Fortschrittsfeinden fernhalten, gaben mir diejenigen zu verstehen, die mir weiterhelfen, besser noch: mich retten wollten.“[8]

 

Er arbeitete in der Bundesrepublik Deutschland freiberuflich als Schriftsteller, Drehbuchautor, Rezensent und Vortragsreferent. 1980 beantragte er gemeinsam mit 30 ehemaligen DDR-Häftlingen, darunter der frühere Ost-Berliner Wehrdienstverweigerer Nico Hübner, die Mitgliedschaft in der FDP.[9] Seit Ende der 1980er Jahre ist Faust Mitglied der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM), heute als Kuratoriums-Mitglied. Von 1987 bis 1990 war er Chefredakteur der von der IGFM herausgegebenen Zeitschrift DDR heute sowie Mitherausgeber der Zeitschrift des Brüsewitz-Zentrums, Christen drüben. Er ist Vorstandsvorsitzender des Verbandes politisch Verfolgter des Kommunismus e. V. (VPVDK), des eingetragenen Vereins „Gegen das Vergessen“ (Pforzheim),[10] des Berliner Fördervereins Gedenkbibliothek zu Ehren der Opfer des Kommunismus bis 2011 Gedenkbibliothek zu Ehren der Opfer des Stalinismus; Vorstandsmitglied des Menschenrechtszentrums Cottbus e. V. und Miteigentümer der Gedenkstätte Zuchthaus Cottbus. Er war dort 2013 als Kurator für die Dauerausstellung „Karierte Wolken – Politische Verfolgung 1933 bis 1989“ verantwortlich.[7][6] Faust ist Mitglied des Präsidiums des konservativen[11] Freien Deutschen Autorenverbandes[12] und des Autorenkreises der Bundesrepublik Deutschland und arbeitet als Besucherreferent in der Gedenkstätte Hohenschönhausen[13] und im Stasi-Museum Berlin.

 

1991 lernte Faust Margot Pietzner kennen, die 1946 von der sowjetischen Armee als dienstverpflichtete Aufseherin eines Nebenlagers des KZ Ravensbrück verhaftet, zu 25 Jahren Haft verurteilt und erst 1956 begnadigt worden war. Über den damaligen Justizminister Klaus Kinkel vermittelte Faust ihr einen Rechtsanwalt. Ihre Opferentschädigung war zuvor von der Staatsanwaltschaft in Halle/Saale an die Berliner Häftlingsstiftung vermittelt worden, die sie nach Aktenlage als Opfer des Stalinismus anerkannt und mit 64.350 Mark entschädigte. Margot Pietzner schenkte dem Anwalt 1000 Mark, der Gründerin und Vereinsvorsitzenden Ursula Popiolek 15000 Mark und Popioleks Sohn 5000 Mark[14]. Faust lehnte mehrfach jedes Geldgeschenk von ihr ab, um nach mehrfacher Bedrängnis 7000 Mark von ihr den ehemaligen politischen gefangenen Frauen von Hoheneck zu übergeben.[15][16] Bärbel Bohley, Jürgen Fuchs und Wolfgang Templin verließen daraufhin den Förderverein der Gedenkbibliothek zu Ehren der Opfer des Stalinismus.[17] Im Mai 1996 wurde Margot Pietzner die Anerkennung als Opfer des Stalinismus entzogen und die Entschädigung zurückgefordert.[18]

 

Landesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 

Seit Mai 1996 war Faust als Nachfolger von Fritz Arendt Landesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen im Freistaat Sachsen.[19]

 

Am 22. April 1999 wurde Faust durch den Landtag von seinem Amt als Beauftragter für die Stasi-Akten abberufen (Im Mai 1998 hatten SPD und PDS erfolglos versucht, ihn wegen seiner Kontakte zur „Psychosekte“ Verein zur Förderung der Psychologischen Menschenkenntnis[20][21][22] abzuberufen). Nach Auskunft des Justizministers hatte Faust von seinem Dienst-PC aus kostenpflichtige Internetseiten mit angeblich pornografischem Inhalt abgerufen.[23] Faust räumte die Vorfälle ein, trat aber nicht zurück, weil er solche Seiten nicht bewusst aufgerufen hatte. Vor Gericht wurde ihm der Vorwurf gemacht, keinen Computerlehrgang besucht zu haben, da er die englischen Befehle nicht lesen konnte. Er surfte monatlich für etwa 20 DM, wobei nicht zwischen privater und dienstlicher Nutzung unterschieden werden konnte. Faust gewann die Prozesse in beiden Instanzen gegen das Justizministerium und erhielt bis zum Ende seiner regulären Dienstzeit 2001 vom Freistaat Sachsen Dienstbezüge.

Seite „Siegmar Faust“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 5. Juni 2017, 13:59 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Siegmar_Faust&oldid=166108475 (Abgerufen:

15. September 2017, 06:32 UTC

 

 


Peter Grimm

Ost-Berlin, Frühjahr 1982. Als der Regimekritiker Robert Havemann am 9. April 1982 stirbt, geht der 18-jährige Peter Grimm zur von der Staatssicherheit massiv überwachten Beerdigung. Dort macht er Bekanntschaft mit Ralf Hirsch und Werner Fischer.


Das Ministerium für Staatssicherheit versucht, ihn anzuwerben, scheitert aber. So wird Peter Grimm nur neun Tage vor dem Abitur relegiert (= von der Schule verbannt, ausgeschlossen). Nach seinem Schulverweis muss er sich mit verschiedenen Gelegenheitsarbeiten durchschlagen, da ihm ohne geregelte Arbeit eine Verurteilung nach dem sogenannten „Asi-Paragrafen“ (§ 249) droht.


Weil er ohne Abitur die Universität nicht besuchen kann, liest und studiert Peter Grimm selbst und engagiert sich in Berliner Oppositionskreisen, die sich mit Menschenrechtsfragen auseinandersetzen. Auf seine Initiative hin gründet sich 1983 ein Friedenskreis in der Bekenntnisgemeinde Berlin-Treptow.


In einem „Brief zum Jahr der Jugend“ fordern verschiedene oppositionelle Gruppen 1985 unter anderem das Recht auf Bildung und freien Zugang zu Informationen sowie das Recht auf Versammlungs-, Reise- und Meinungsfreiheit.


Ein Menschenrechtsseminar, das im November 1985 in der Bekenntniskirche in Berlin-Treptow stattfinden soll, wird von der Leitung der Berlin-Brandenburgischen Evangelischen Kirche verboten. Aus der Vorbereitungsgruppe dieses Menschenrechtsseminars, deren Sprecher Wolfgang Templin, Peter Grimm und Ralf Hirsch sind, entsteht im März 1986 die Initiative Frieden und Menschenrechte (IFM). Sie wird zu einer der wichtigsten Oppositionsgruppen der DDR.


Am 29. Juni 1986 erscheint die erste Ausgabe des illegalen grenzfalls, den Peter Grimm, Peter Rölle, Ralf Hirsch und Rainer Dietrich (Inoffizieller Mitarbeiter „Cindy“) unter großen praktischen Schwierigkeiten herausgeben. Die Druckmaschine besorgt Roland Jahn, der die Oppositionellen von West-Berlin aus unterstützt, und auch die Druckerschwärze muss aus dem Westen herübergeschmuggelt werden.


Der Grenzfall und die IFM sollen auch die Präsenz der Opposition in der DDR zeigen. Sie wollen jeden dazu auffordern, sich öffentlich zu Menschenrechtsfragen zu äußern. Dazu dienen verschiedene Aktionen, wie die am Flughafen Berlin-Schönefeld, wo sich Mitglieder demonstrativ festnehmen lassen, um gegen das Reiseverbot in der DDR zu protestieren. Dass die IFM bespitzelt wird, ist allen Aktivisten klar, durch ihre öffentlichen Auftritte sind sie jedoch relativ geschützt. Die Spitzel der Staatssicherheit können die Arbeit der Gruppe zwar be-, aber nicht verhindern. (Quelle: „Peter Grimm“, hrsg. v. Bundeszentrale für politische Bildung und Robert-Havemann-Gesellschaft e.V., letzte Änderung September 2008, www.jugendopposition.de/index.php?id=71)

 


Friedrich Schorlemmer

Schorlemmer wurde als Sohn eines Pfarrers in Wittenberge (Prignitz) geboren und ist in Werben (Altmark) aufgewachsen. Aufgrund seiner Herkunft wurde ihm der Besuch der Erweiterten Oberschule verwehrt. Stattdessen erwarb er das Abitur an einer Volkshochschule und studierte danach von 1962 bis 1967 an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Theologie. Von 1971 bis 1978 war er Studentenpfarrer in Merseburg, von 1978 bis 1992 lehrte er als Dozent am Evangelischen Predigerseminar und war Prediger an der Schlosskirche in der Lutherstadt Wittenberg. Von 1992 bis 2007 war Schorlemmer Studienleiter der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt.

 

1968 beteiligte sich Schorlemmer an Aktionen gegen die neue Verfassung der DDR und den militärischen Einmarsch in der Tschechoslowakei. Von den siebziger Jahren an war er Mitglied der Friedens-, Menschenrechts- und Umweltbewegung.

 

Auf dem Kirchentag 1983 in Wittenberg fand auf dem Lutherhof unter seiner Verantwortung die symbolische Umschmiedung eines Schwertes zu einer Pflugschar in Anwesenheit des damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker statt. Die DDR-Behörden hatten vorher die öffentliche Benutzung des Slogans Schwerter zu Pflugscharen für illegal erklärt. Diese Aktion machte ihn bekannt und wurde zu einem Hoffnungszeichen für die Friedensbewegung in der DDR, die sich für atomare und konventionelle Abrüstung in Ost und West einsetzte und für konsequente Entspannungspolitik, für Frieden – in und zwischen den Ländern – wirkte. Stefan Nau, der Schmied, musste kurze Zeit später die DDR verlassen.[1]

 

Schorlemmer wirkte in Synoden der evangelischen Kirche in der DDR mit. 1988/1989 war er Berater der Ökumenischen Versammlung für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung in der DDR.

 

Friedrich Schorlemmer gehörte zu den ausgewählten[2] Erstunterzeichnern des Aufrufs „Für unser Land“ vom 26. November 1989, in dem sich die Initiatoren gegen „eine Wiedervereinigung bzw. eine Konföderation mit der BRD[2] und für den Erhalt einer eigenständigen DDR mit demokratischen Sozialismus[3] aussprachen – in Fortsetzung und Erweiterung der während der friedlichen Revolution zuvor erreichten Freiheiten.[4]

 

Er war während einer kurzen Phase Mitglied im Demokratischen Aufbruch. Als dieser begann, sich unter Führung des später als Stasi-Spitzel (IM) enttarnten Wolfgang Schnur der CDU anzunähern, trat Schorlemmer aus und wurde Mitglied der SDP. Er gehört zu den Gegnern des Antiterror-Einsatzes zum Afghanistankrieg und der völkerrechtswidrigen Invasion zum Irakkrieg 2003.
Schorlemmer ist Mitherausgeber der Monatszeitschrift Blätter für deutsche und internationale Politik und war zuvor Mitherausgeber der Wochenzeitung der Freitag.

 

Schorlemmer ist Mitglied der Deutschen UNESCO-Kommission, Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland sowie Mitglied im Beirat der Vereinigung Gegen Vergessen – Für Demokratie. Seine politischen Prioritäten liegen weniger in der Aufarbeitung der Vergangenheit, sondern mehr darin, auf die Gefahren der Globalisierung hinzuweisen. Er sprach sich gegen eine Ausgrenzung der PDS aus dem politischen Diskurs aus und unterzeichnete 1997 die Erfurter Erklärung,[5] die zu einem breiten Bündnis linker Parteien und Organisationen aufrief und auf Ausfüllung von Artikel 14 Absatz 2 des Grundgesetzes besteht, wonach Eigentum zugleich dem Gemeinwohl dienen muss.

 

Seit März 2009 ist Schorlemmer Mitglied im globalisierungs-kritischen Netzwerk attac[6]. Auf einer Gedenkveranstaltung der Linken in Berlin anlässlich des zwanzigsten Jahrestages der unabhängigen Alexanderplatz-Demonstration vom 4. November 1989 auf dem Berliner Alexanderplatz, würdigte er das Ereignis synonym als einen „Tag der Befreiung“.[7] 2010 war Schorlemmer eines der Gründungsmitglieder des Instituts Solidarische Moderne.[8]

 

Seite „Friedrich Schorlemmer“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 10. Dezember 2015, 19:59 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Friedrich_Schorlemmer&oldid=148941326 (Abgerufen: 21. Dezember 2015, 21:30 UTC)

 


Barbara Honigmann

Barbara Honigmann ist die Tochter deutsch-jüdischer Emigranten, die die Zeit des Nationalsozialismus im britischen Exil überlebten und 1947 nach Berlin zurückkamen, um am Aufbau eines neuen Deutschland mitarbeiten. Ihr Vater Georg Honigmann entschied sich aufgrund seiner kommunistischen Überzeugung zur Remigration in die sowjetische Besatzungszone. Im englischen Exil hatte er die Mutter Barbara Honigmanns, die aus Wien stammende Litzy Kohlmann (unter dem Namen Litzi Friedmann bekannt), geheiratet, welche in zweiter Ehe mit dem Doppelagenten Kim Philby verheiratet gewesen war.

Nach ihrem Abitur studierte Honigmann ab 1967 an der Humboldt-Universität das Fach Theaterwissenschaft, der Abschluss erfolgte 1972. In den folgenden Jahren arbeitete sie als Dramaturgin und Regisseurin in Brandenburg und an der Volksbühne sowie am Deutschen Theater in Ost-Berlin. Seit 1975 ist sie freie Schriftstellerin.

 

Nach der Geburt ihres ersten Kindes setzte sie sich verstärkt mit ihrer jüdischen Identität auseinander, trat in die Ost-Berliner jüdische Gemeinde ein und heiratete 1981 nach jüdischem Ritus. 1984 reiste sie aus der DDR aus. In ihrem Buch Roman von einem Kinde spricht sie von einem „dreifachen Todessprung ohne Netz: vom Osten in den Westen, von Deutschland nach Frankreich, und aus der Assimilation mitten in das Thora-Judentum hinein“. Seitdem lebt die Autorin mit ihrem Mann, dem Leiter des Heidelberger Zentralarchivs zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland, Peter Honigmann,[2] in Straßburg. Barbara Honigmann hat zwei Kinder, Johannes Honigmann (* 1976) und einen weiteren Sohn (* 1983).

 

Honigmann ist Mitglied des P.E.N.-Zentrums deutschsprachiger Autoren im Ausland. Seit 2007 ist sie korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, seit 2009 korrespondierendes Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.

Honigmann zählt gemeinsam mit Maxim Biller, Rafael Seligmann, Esther Dischereit, Irina Liebmann, Robert Schindel, Peter Stephan Jungk und weiteren Autoren zur Deutsch schreibenden „zweiten Generation“ aus jüdischen Familien, die den Holocaust überlebt haben.

Ihre Bücher wurden ins Französische, Italienische (Con tanto, tanto affetto Übers. A. Luise. Marsilio, Venezia 2002), Englische, Ungarische (Zohara utazása ISBN 963-9348-90-2), Norwegische, Niederländische, Portugiesische, Dänische und Finnische übersetzt.

Barbara Honigmann malt und hatte schon mehrere Ausstellungen.

(Seite „Barbara Honigmann“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 17. August 2015, 15:06 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Barbara_Honigmann&oldid=145126073 (Abgerufen: 20. August 2015, 13:33 UTC))


Siegbert Schefke

Siegbert Schefke (* 21. Februar 1959 in Eberswalde) ist ein deutscher Journalist. Bekannt wurde er dadurch, dass er während der Friedlichen Revolution von der Montagsdemonstration am 9. Oktober 1989 in Leipzig heimlich Filmaufnahmen machte, die er den Medien im Westen zuspielte.

Der Sohn eines Maurers machte eine Lehre zum Baufacharbeiter mit Abitur und studierte nach dem Grundwehrdienst bei der NVA an der Hochschule für Bauwesen Cottbus. Ab 1985 arbeitete er in Ost-Berlin als Bauleiter für Neubausanierung. 1986 begann er sich in Friedens- und Umweltkreisen zu engagieren; er war einer der Mitbegründer der Umwelt-Bibliothek in der Berliner Zionsgemeinde. Als Fotograf, Kameramann und Reporter arbeitete er ab 1987 freiberuflich für verschiedene Fernsehmagazine wie das ARD-Magazin „Kontraste“ und bundesdeutsche Zeitungen. Er dokumentierte Umweltzerstörung und den Verfall der historischen Städte in der DDR.[1] Die Stasi gab dem Operativen Vorgang, den sie gegen Schefke führte, den Decknamen „Satan“ und sah wegen seines Engagements einen der gefährlichsten Oppositionellen in ihm, denn seine Fernsehbilder erreichten auch die DDR-Bevölkerung.[2] Gemeinsam mit Aram Radomski filmte er, als Westjournalisten bereits keinen Zugang mehr nach Leipzig erhielten, heimlich während der bis zu diesem Zeitpunkt größten und entscheidenden Montagsdemonstration am 9. Oktober 1989 vom Turm der Reformierten Kirche. Dazu benutzte er eine Kamera, die er vom ausgebürgerten Dissidenten Roland Jahn[3] erhalten hatte.[4] Die Bilder übergab er dem Spiegel-Korrespondenten Ulrich Schwarz;[5] am nächsten Tag sendete die Tagesschau die spektakulären Aufnahmen des „Anfangs vom Ende des SED-Regimes“.[6] Um Schefke und Radomski zu schützen, gab die ARD als Herkunft der Bilder an, sie stammten „von einem italienischen Kamerateam“.

Nach der Friedlichen Revolution unternahm Schefke eine halbjährige Vortragsreise in den Vereinigten Staaten; 1991 wurden er und Radomski mit dem Siebenpfeiffer-Preis ausgezeichnet. Seit 1992 ist er Fernsehredakteur beim mdr. 2005 erhielt er das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen.[7] 2009 wurde er gemeinsam mit Aram Radomski und Christoph Wonneberger mit dem Bambi in der Kategorie Stille Helden geehrt.[8] 2014 erhielt Schefke den „Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien“ der Medienstiftung der Sparkasse Leipzig.

In Hans-Christoph Blumenbergs Doku-Drama „Deutschlandspiel“ (2000) wurde Schefke von Arnd Klawitter dargestellt.[9]

(Seite „Siegbert Schefke“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 25. Juni 2015, 09:39 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Siegbert_Schefke&oldid=143442156 (Abgerufen: 20. August 2015, 13:39 UTC))

 

 

Bei den hier abgebildeten Briefen handelt es sich um eine freundliche Dauerleihgabe von Herrn Meinrad Bauer und Herrn Siegbert Schefke:


Siegfried Reiprich

Reiprich wurde 1955 in Jena geboren. 1973 gründete Lutz Rathenow in Jena den Arbeitskreis Literatur und Lyrik, dem Reiprich von Beginn an angehörte. Im selben Jahr machte er das Abitur. Nach einer mehrmonatigen Arbeit als Bauhilfsarbeiter trat Reiprich den Grundwehrdienst bei der NVA an.

 

1974 nahm er für den Arbeitskreis Literatur an den „Poetenseminaren der FDJ“ in Greiz und Schwerin teil und geriet wegen kritischer Gedichte und Diskussionen zum ersten Mal in den Fokus der Staatssicherheit.[1] Zum anschließenden Verhör vermerkte die Stasi, dass Reiprich „die Zusammenarbeit mit unserem Organ in anmaßender Weise verweigert“ habe.[2] Er protestierte 1975 gegen das faktische Verbot des Arbeitskreises und begann in Jena ein Studium an der Sektion Marxistisch-Leninistische Philosophie. Auch hierbei wurde er vom Ministerium für Staatssicherheit (MfS) beobachtet.[3]

 

Von einer inoffiziellen Mitarbeiterin des MfS bei der Parteileitung denunziert, wurde er in tribunalartigen Verfahren wegen „skeptischem Existentialismus“, „Kritik an den Maßnahmen der Bruderarmeen der Warschauer-Pakt-Staaten anlässlich der konterrevolutionären Ereignisse in der CSSR 1968“, Solidarität mit seinem Freund Jürgen Fuchs, und „Bildung einer konterrevolutionären Plattform“ aus der Leitung der FDJ ausgeschlossen, vor den Disziplinarausschuss gestellt und im März 1976 zum „Ausschluss vom Studium an allen Universitäten, Hoch- und Fachschulen der DDR“ verurteilt.[4]

 

Nach dem Rausschmiss arbeitete er als Hilfsarbeiter in der Glasschneiderei des VEB Jenaer Glaswerke Otto Schott & Gen., protestierte gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns und engagierte sich im Untergrund. Von einem Studium der Feinwerktechnik an der Ingenieursschule Jena, welches er 1979 begonnen hatte, wurde er 1980 erneut aus politischen Gründen ausgeschlossen.[5] Das Ministerium für Staatssicherheit stufte ihn als „PID“- und „PUT“-Person[6] ein, zog aber Zersetzungsmaßnahmen der mehrfach geplanten Verhaftung vor. 1980 wurde die OPK „Opponent“[7] in den Operativen Vorgang „Opponent“ umgewandelt, der gegen ihn und weitere Mitstreiter, zu denen unter anderem Roland Jahn gehörte, gerichtet war.[8] So versuchte die Stasi unter anderem, ihn in seinem Freundeskreis zu diskreditieren, indem sie beispielsweise durch Fotomontagen den Eindruck vermittelte, Reiprich selbst würde für das MfS arbeiten.[9]

 

Im Ergebnis eines Verhörs durch Offiziere des MfS wurde er genötigt, die DDR zu verlassen und siedelte 1981 mit seiner Frau Christine nach West-Berlin über. Die „staatsfeindliche Gruppe“ war „aus entspannungspolitischen Gründen“ nicht eingesperrt, sondern ausgebürgert worden.[10]

 

Im Westen angekommen engagierte sich Reiprich in der Friedensbewegung. Von 1981 bis 1983 war er Mitglied im Arbeitskreis atomwaffenfreies Europa in West-Berlin und solidarisierte sich mit der unabhängigen Friedensbewegung in der DDR.[11] 1983 trat er in die SPD ein, auch, um die Politik Helmut Schmidts in der NATO-Nachrüstung zu unterstützen. Von 1982 bis 1990 studierte er mit Unterstützung der Friedrich-Ebert-Stiftung[12] an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Ozeanographie und Geophysik und war von Dezember 1986 bis März 1988 in der Antarktis auf der Georg-von-Neumayer-Station des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven.[5] Auch im Westen stand er unter Beobachtung der Stasi und war noch bis nach dem Mauerfall 1989 mit einem Einreiseverbot in die DDR belegt.[10]

 

Von 1990 bis 1997 arbeitete Reiprich im deutsch-türkischen Erdbebenforschungsprojekt der Christian-Albrechts-Universität Kiel und im GeoForschungsZentrum Potsdam. 1992 trat Reiprich aus Protest gegen die Behandlung des Falles Stolpe aus der SPD aus. 1998 trat er gemeinsam mit anderen Bürgerrechtlern der CDU bei.[13] Er war als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bundestag und als freier Autor tätig, ehe er auf Vorschlag von Bürgerrechtlern wie Freya Klier und des Justizministers Steffen Heitmann im Jahr 2000 von der Regierung Biedenkopf für das Amt des sächsischen Landesbeauftragten für die Unterlagen des Ministeriums für Staatssicherheit nominiert wurde. Auf Grund parteiinterner Machtkämpfe wurde die schon im Landtag angesetzte Wahl in letzter Minute von der Tagesordnung genommen.[14]

      

Seit 2001 arbeitete Reiprich als Referent für politische Bildung sowie als Datenschutzbeauftragter[15] und von 2007 bis 2010 als stellvertretender Direktor[16] der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen. Er engagiert sich in verschiedenen Vereinen und Initiativen für die Belange der Opfer des SED-Staates. So wurde er nach dem Tod von Jürgen Fuchs in den Vorstand des Bürgerbüro Berlin e. V., Verein zur Aufarbeitung von Folgeschäden der SED-Diktatur gewählt.[17]

   

Am 23. April 2009 wurde Reiprich vom Stiftungsrat zum Geschäftsführer der Stiftung Sächsische Gedenkstätten gewählt. Seine Ernennung erfolgte am 8. Dezember 2009.[18] Im Mai 2014 wählte der Stiftungsrat ihn erneut zum Geschäftsführer, die Staatsregierung des Freistaates Sachsen bestätigte diese Wahl.[19]

 

Unter Reiprichs Führung ist die Stiftung im Oktober 2011 in Prag Mitglied einer Nichtregierungsorganisation auf europäischer Ebene geworden, der Platform of European Memory and Conscience, er wurde in den vierköpfigen Vorstand gewählt[20][21]. Im Februar 2014 wählten ihn die Mitglieder dieser gesamteuropäischen Museums- und Gedenkstättenvereinigung in Den Haag erneut in ihren Vorstand.[22] Die Plattform wächst und gewinnt an Bedeutung auf europäischer Ebene[23][24].

 

Über seine dienstliche Arbeit[25] hinaus engagiert sich Siegfried Reiprich in und für eine Vielzahl zivilgesellschaftlicher Vereine und Initiativen[26], so zum Beispiel im Verein zu Ehren der Opfer der NS-"Euthanasie" in Großschweidnitz, dem Lern- und Gedenkort Chemnitz-Kaßberggefängnis, dem Verein zur Errichtung einer Gedenkstätte für die Frauen von Hoheneck oder dem Förderverein der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen[27][28], um nur einige zu nennen. Er arbeitet in den Gremien der Stiftung Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen mit[29] und ist auch Mitglied des Kuratoriums des deutsch-russischen Museums in Berlin-Karlshorst[30].

 

(Seite „Siegfried Reiprich“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 25. März 2015, 22:20 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Siegfried_Reiprich&oldid=140277835 (Abgerufen: 12. April 2015, 19:56 UTC) )


Vera Lengsfeld

Nach dem Abitur begann Vera Lengsfeld 1970 ein Studium der Geschichte de

Nach dem Abitur begann Vera Lengsfeld 1970 ein Studium der Geschichte der Arbeiterbewegung an der Karl-Marx-Universität Leipzig und studierte ab 1972 Philosophie an der Humboldt-Universität zu Berlin. Im Anschluss an das Studium arbeitete sie als Lektorin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentralinstitut für Philosophie in der Akademie der Wissenschaften der DDR. Seit 1975 war sie Mitglied der SED. Nach einem Parteiverfahren wurde sie an das Wissenschaftliche Informationszentrum der Akademie der Wissenschaften versetzt.

 

Seit 1981 war sie in verschiedenen Oppositionsgruppen tätig. Im Herbst 1981 gründete sie den Friedenskreis Pankow mit. Wegen dieser Aktivitäten erhielt sie ein Berufsverbot und ging daraufhin zum Verlag Neues Leben, wo sie bis 1983 als Lektorin arbeitete. Wegen ihrer öffentlichen Proteste gegen die Aufstellung von Atomraketen in der DDR wurde sie 1983 aus der SED ausgeschlossen. Ab 1985 arbeitete sie als Imkerin und Übersetzerin und begann ein Studium der Theologie am Sprachenkonvikt Berlin. Sie war in der Gruppe Gegenstimmen aktiv[3] und moderierte im Jahre 1986 das erste Menschenrechtsseminar in der evangelischen Gemeinde Berlin-Friedrichsfelde. 1987 gründete sie die Kirche von Unten mit. Zudem verkehrte sie in der Umwelt-Bibliothek im Gemeindehaus der Zionskirche und beteiligte sich hier an Protestaktionen. Ihr Engagement umfasste die Organisation zahlreicher Großveranstaltungen der Friedens- und Umweltbewegung der DDR. Sie war Mitglied des Fortsetzungsausschusses für das Delegiertentreffen der Friedenskreismitglieder, die unter dem Titel Konkret für den Frieden jährlich zusammenkamen.

 

Im Januar 1988 wurde sie auf dem Weg zur Liebknecht-Luxemburg-Demonstration in Ost-Berlin verhaftet. Nach ihrer Untersuchungshaft in der zentralen Untersuchungshaftanstalt Berlin-Hohenschönhausen des MfS wurde sie vom Stadtbezirksgericht Lichtenberg wegen „versuchter Zusammenrottung“ zu sechs Monaten Haft verurteilt. Ihr Anwalt Wolfgang Schnur (damals Inoffizieller Mitarbeiter des MfS) erreichte, dass sie ihrer Abschiebung ins westliche Ausland zustimmte, statt ihre Haft abzusitzen. Sie ging für knapp zwei Jahre nach Cambridge in Großbritannien, wo sie am St. John’s College Philosophy of Religion studierte und einen Master-Studiengang abschloss. Am 9. November 1989, dem Tag des Mauerfalls, kehrte sie aus privaten Gründen in die DDR zurück.[4

 

Parteiämter nach der Wende


Im Zuge der Friedlichen Revolution trat die Bürgerrechtlerin in die Grüne Partei in der DDR ein, wurde für diese am 18. März 1990 in die Volkskammer der DDR gewählt und war bis zu deren Auflösung am 2. Oktober 1990 stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Abrüstung und Verteidigung. Außerdem arbeitete sie als Vertreterin der Grünen Partei an der Arbeitsgruppe Neue Verfassung der DDR des Runden Tisches mit. Dieser Verfassungsentwurf wurde allerdings von der Volkskammer nicht behandelt. Sie war im Wahlkreis Berlin gewählt worden und gehörte zu den Abgeordneten, die zum 3. Oktober 1990 aus der Volkskammer in den Bundestag entsandt wurden.


Mit den Wahlen zum 12. Deutschen Bundestag am 2. Dezember 1990 wurde Vera Wollenberger für die Listenvereinigung Bündnis 90/Grüne – BürgerInnenbewegungen (B90/Gr) im Wahlgebiet Ost erneut Mitglied des Deutschen Bundestages.


In einer Bundestagsdebatte zum Zweiten Golfkrieg 1991 drückte sie ihre Kritik daran aus, indem sie eine Minute ihrer Redezeit mit Schweigen füllte, bis ihr Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth das Wort entzog, begleitet von Zurufen aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion wie „Zirkus!“, „Die soll sich unterschen lassen!“[5] Nach dem Zusammenschluss von Bündnis 90 und den Grünen zu einer neuen Partei 1993 wurde Vera Lengsfeld bei den Bundestagswahlen 1994 erneut in den Bundestag gewählt.


Im Juni 1996 war Vera Lengsfeld an der Gründung des Berliner Bürgerbüro e. V. beteiligt, einem Verein zur Aufarbeitung von Folgeschäden der SED-Diktatur.[6]


Aus Protest gegen eine von ihr befürchtete zukünftige rot-rot-grüne Koalition, also einer Koalition von Bündnis 90/Die Grünen zusammen mit der PDS und einen „Schmusekurs“ oder eine „offene Anbiederung“ an diese schloss sie sich mit anderen Bürgerrechtlern wie Günter Nooke und Ehrhart Neubert am 17. Dezember 1996 der CDU an. Lengsfelds Vorwürfe wurden von führenden Grünen zurückgewiesen. Mit ihrem damaligen Parteiwechsel enttäuschte sie andere Mitglieder der Grünen wie die Bürgerrechtlerin Marianne Birthler, die die ostdeutsche Bürgerrechtsbewegung der Wendezeit besser bei den Grünen aufgehoben sahen.[7] Lengsfeld wechselte zur CDU/CSU-Bundestagsfraktion und gab trotz Aufforderung ihr laufendes Mandat, das sie über die Liste der Grünen-Partei erhalten hatte, nicht ab.


Bei den Wahlen zum 14. Deutschen Bundestag am 27. September 1998 wurde sie über die Landesliste der CDU in Thüringen gewählt und bei der Wahl zum 15. Deutschen Bundestag am 22. September 2002 über die gleiche Liste wiedergewählt. Im gleichen Jahr erschien auch ihre Autobiographie.


2005 unterlag sie in ihrem Thüringer Wahlkreis bei der Aufstellung für die Direktkandidatur zum Bundestag, woraufhin sie erklärte, auch nicht mehr als Listenkandidatin zur Verfügung zu stehen. Damit endete ihre Zeit als Abgeordnete im Deutschen Bundestag vorerst mit der Konstituierung des Parlaments zur 16. Wahlperiode am 18. Oktober 2005. Für die Wahlen zum Bundestag 2009 kandidierte Lengsfeld im Bundestagswahlkreis Berlin-Friedrichshain – Kreuzberg – Prenzlauer Berg Ost erneut für die CDU.[8] Für Aufsehen sorgte ihr Wahlplakat, das Lengsfeld und die CDU-Vorsitzende Angela Merkel tief dekolletiert mit dem Slogan „Wir haben mehr zu bieten“ zeigt.[9][10][11] Das angestrebte Direktmandat verfehlte sie mit 11,6 % der abgegebenen Erststimmen deutlich. Es war das schlechteste aller CDU-Direktkandidaten bundesweit.[12]


Publizistische Tätigkeit


Lengsfeld ist Autorin mehrerer Bücher und schrieb Beiträge für Süddeutsche Zeitung, Frankfurter Rundschau, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Der Spiegel und Focus. Sie ist zudem Kolumnistin der Weblogs Die Achse des Guten und Die Freie Welt.[13] Vera Lengsfeld ist auch Autorin der Monatszeitschrift eigentümlich frei[14] und verfasst Artikel für die Preußische Allgemeine Zeitung und den Bayernkurier.

 

2003 kritisierte sie in der Jungen Freiheit den Ausschluss Martin Hohmanns aus der CDU, nachdem dieser eine als antisemitisch bewertete Rede gehalten hatte. Lengsfeld sah in diesem Zusammenhang die Gefahr einer Einengung der Meinungsfreiheit, auch wenn die Rede „unpassend und überflüssig“ gewesen sei.[15] Gegenüber dem Handelsblatt verglich sie 2012 den Bundestag in Bezug auf die Abstimmungen zum Rettungsschirm ESM und zum Fiskalpakt mit der DDR-Volkskammer.[16] Im Januar 2015 verteidigt sie im Weblog Die Achse des Guten die Pegida-Bewegung.[17]


Privatleben


Lengsfeld ist zweimal geschieden, hat drei Kinder und war in erster Ehe mit dem Journalisten Sebastian Kleinschmidt, Sohn von Karl Kleinschmidt, verheiratet.[18] 1991 erfuhr sie aus den Unterlagen des Ministeriums für Staatssicherheit, dass ihr zweiter Ehemann, der Lyriker Knud Wollenberger, sie als IM Donald bespitzelt hatte. Sie reichte die Scheidung ein und nahm ihren Geburtsnamen wieder an.[19]


Im Dokumentarfilm Stasikinder – Mein Vater war beim MfS gab Lengsfeld an, sie habe im Alter von 17 Jahren durch Zufall erfahren, dass ihr Vater hauptamtlicher Offizier in der Auslandsspionage beim Ministerium für Staatssicherheit gewesen sei.[20][21]


Ihr Sohn Philipp Lengsfeld wurde im Herbst 1988 aus politischen Gründen von der Ost-Berliner Carl-von-Ossietzky-Oberschule relegiert.[22][23] Er ist Physiker und seit 2013 Bundestagsabgeordneter (CDU). (Seite „Vera Lengsfeld“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 25. März 2015, 22:13 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Vera_Lengsfeld&oldid=140277644 (Abgerufen: 18. Mai 2015, 19:20 UTC) )

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Günter Ullmann

 

Ullmann wuchs als drittes von vier Geschwistern in einfachen Verhältnissen auf. In der Schule war er „Klassenkasper“. 1966 machte er sein Abitur und zugleich - wie in der DDR zu dieser Zeit üblich - den Facharbeiterbrief als Maurer. Angeregt von den Beatles gründete er mit Freunden eine Band. Er übernahm das Schlagzeug seines Vaters, sang, komponierte und textete eigene Songs.[2]

 

Er fiel bei den DDR-Behörden in Ungnade aufgrund eigenwilliger Texte. Später beim Zusammenbruch der DDR geriet er in ökonomische und existentielle Not. Der sensible Künstler litt wegen der erlittenen Repressionen unter Verfolgungswahn. [3] Er überlebte zwei Suizidversuche. Und er trat keinem einzigen Schriftstellerverband bei.[2]

 

Später stellt sich dann doch Erfolg ein. Er hatte Ausstellungen als bildender Künstler, Konzerte mit seiner Rock-Band „media nox“. Zahlreiche eigene Bücher erschienen, darunter einige speziell mit Kindergedichten.

 

Ullmann starb mit 62 Jahren an Krebs.[4]

Seite „Günter Ullmann“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 16. Januar 2016, 11:18 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=G%C3%BCnter_Ullmann&oldid=150288119 (Abgerufen: 12. Juli 2016, 16:40 UTC)

 


Günter Wallraff

Wallraffs Vater war erst Arbeiter, später Angestellter bei Ford in Köln. Seine Mutter entstammte einer südfranzösischen Hugenottenfamilie, ihre Eltern waren Klavierbauer. Als er fünf Jahre alt war, erkrankte der Vater schwer, Folge seiner Arbeit in der Lackiererei von Ford, die sein Sohn später „Lackhölle“ nannte. Da die Mutter für den Unterhalt der Familie arbeiten gehen musste, kam Günter Wallraff vorübergehend in ein katholisches Waisenhaus. Nach seiner Geburt evangelisch getauft, wurde er auf Drängen der Ordensschwestern mit Einwilligung seines Vaters ein weiteres Mal getauft, dieses Mal katholisch.[1] Als er 16 Jahre alt war, starb sein Vater. Zu Gymnasialzeiten schrieb er einige Gedichte und schickte sie Heinrich Böll, mit dessen Neffen er befreundet war und dessen Nichte er später heiratete. Nach der 10. Klasse verließ er das Gymnasium und begann eine Buchhändlerlehre, die er 1962 abschloss.

Wallraff stellte seinen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung viel zu spät, erst zwei Monate vor der Einberufung, so wurde er zum 1. Juli 1963 gegen seinen Willen eingezogen und versuchte mit verschiedenen Aktionen seine vorzeitige Entlassung zu provozieren.[2] Als der Antrag Ende September abgelehnt wurde, legte er umgehend Widerspruch ein. Wallraff (Dienstgrad Schütze) weigerte sich 10 Monate, ein Gewehr in die Hand zu nehmen. Seine Erfahrungen notierte Wallraff und kündigte, unterstützt von Böll, das Veröffentlichen eines Bundeswehrtagebuchs an. Daraufhin bot man ihm Freistellung gegen Veröffentlichungsverzicht an, was Wallraff ablehnte. Der Truppenarzt nahm einen Sturz mit Gehirnerschütterung trotz Genesung zum Vorwand, ihn in die geschlossene neurologisch-psychiatrische Abteilung des Bundeswehrlazaretts Koblenz einzuweisen. Dort wurden „kein krankhafter Befund“ oder „körperliche Beschwerden“ festgestellt, jedoch erklärte man ihn für „verwendungsunfähig auf Dauer“. Die militärärztliche Diagnose „abnorme Persönlichkeit“ (Tauglichkeitsgrad VI) und „untauglich für Krieg und Frieden“ im vorläufigen Entlassungsbericht wurde mit Wallraffs Veröffentlichungen in der „Zeitschrift für Lyrik“ und seinem Interesse an pazifistischer Literatur begründet. Wegen „Entwicklung individualistischer pazifistischer Überzeugung“ als Soldat sei er „dauernd verwendungsunfähig“ und würde „auch im Verteidigungsfall nur als Versager auftreten“. Dieser Befund des Oberstabsarztes vom 14. Februar 1964, Neurologisch- psychiatrische Abteilung des Bundeswehr-Krankenhaus, ist heute im Militärhistorischen Museum in Dresden ausgestellt. Seine Erfahrungen veröffentlichte Wallraff zunächst in der damaligen Jugendzeitschrift Twen (1964) und später in zwei Buchausgaben (1982, 1994).

Verhältnis zur DDR

Freundschaften mit DDR-Dissidenten

Nach eigenen Angaben war Wallraff mit dem DDR-Schriftsteller und -Bürgerrechtler Jürgen Fuchs befreundet.

In seiner Verteidigungsrede vor dem Athener Militärtribunal 1974 kritisierte er die DDR.

Nach der Ausbürgerung Wolf Biermanns aus der DDR fand dieser vorübergehend bei Wallraff Unterschlupf. Daraufhin wurden dessen Bücher, die in Lizenz in der DDR erschienen waren, dort aus dem Vertrieb genommen. Wallraff durfte nicht mehr in die DDR einreisen.

Er räumte 2015 ein: „Wir wussten von den Menschenrechtsverletzungen im Sozialismus, haben dies aber nicht nachhaltig genug thematisiert.“[18]

Verdacht auf Stasi-Tätigkeit

Im September 2003 wurden Wallraff nach Einsichtnahme der BStU in die Rosenholz-Dateien Verbindungen zum Staatssicherheitsdienst der DDR in den 1960er und 1970er Jahren nachgewiesen, welcher Natur diese waren, ist aber hoch umstritten. So wurde dieser von 1968 und 1971 von der HVA als Inoffizieller Mitarbeiter mit Arbeitsakte (IMA) Wagner geführt.[19][20] Wallraff bestreitet dabei nicht, in Kontakt mit der Stasi gewesen zu sein oder als "IM Wagner" geführt gewesen zu sein, sondern jemals aktiv für die Stasi gearbeitet zu haben.[21] Am 17. Dezember 2004 entschied das Landgericht Hamburg aufgrund seiner Klage gegen den Axel-Springer-Verlag, der ihn mehrfach als inoffiziellen Mitarbeiter und Stasi-Mitarbeiter bezeichnet hatte, dass durch die vorgelegten Dokumente der Verlag keinen Nachweis für seine Behauptungen erbringen konnte und diese deshalb zukünftig nicht wiederholen darf. Am 10. Januar 2006 bestätigte das Hanseatische Oberlandesgericht endgültig ein Urteil gegen den Axel-Springer-Verlag, mit dem ihm verboten wird, Wallraff der Mitarbeit in der DDR-Staatssicherheit zu bezichtigen. 2010 gewährte der dänische Geheimdienst Historikern Zugang zu seinen Protokollen über Günter Wallraff aus den 1970er Jahren.[22] Aus diesen geht hervor, dass sich Wallraff unter vier Augen mit dem Journalisten und IM Friedhelm Heinz Gundlach getroffen hatte.[21][22]

 

Seite „Günter Wallraff“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 24. November 2016, 21:43 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=G%C3%BCnter_Wallraff&oldid=160038639 (Abgerufen: 7. Dezember 2016, 10:03 UTC)


Lew Kopelew

 

Jugend und Ausbildung

Lew Kopelew wurde 1912 in Kiew als Sohn eines jüdischen Agronomen geboren. Schon früh wurde er mit der deutschen Sprache vertraut, die während seiner Kindheit oft in seiner Umgebung gesprochen wurde (die Familie hatte deutsche Kindermädchen und die erste Liebe war die Tochter einer deutschen Familie).

 

Er arbeitete nach der Grundschule zuerst in einer Lokomotivfabrik und später als Lehrer an einer Schule für Erwachsene. In seiner Jugend war er begeisterter Kommunist, fiel aber aufgrund seiner Nähe zu trotzkistischem Gedankengut negativ auf. Um nicht als Abweichler Opfer der stalinistischen Säuberungen zu werden, bemühte er sich, seine kommunistische Treue durch einen gewissen Übereifer zu beweisen.

 

Er studierte von 1933 bis 1938 Germanistik, Geschichte und Philosophie. Nach seiner Promotion arbeitete er als Dozent.

 

Zweiter Weltkrieg

Im Jahre 1941 meldete er sich als Freiwilliger zur Armee, wo er wegen seiner guten Deutschkenntnisse zum „Instrukteur für Aufklärungsarbeit im Feindesheer“ wurde. Später wurde er in einer Propagandaabteilung eingesetzt und arbeitete dort mit Angehörigen des Nationalkomitees Freies Deutschland (NKFD) zusammen, um Soldaten der deutschen Wehrmacht zum Überlaufen auf die sowjetische Seite zu bewegen. Er nahm an verschiedenen Schlachten des Krieges teil, so unter anderem an der Schlacht um Moskau oder der sowjetischen Sommeroffensive 1944 mit dem Namen Operation Bagration. [1] Während des Einmarsches der Roten Armee nach Deutschland im Januar 1945 wurde er Zeuge zahlreicher Gräueltaten gegen die Zivilbevölkerung Ostpreußens, die ihn zutiefst erschütterten und ein starkes Gefühl der Scham in ihm auslösten. Mit seinen Versuchen, die unfaire Behandlung von NKFD-Angehörigen sowie weitere Gräueltaten zu verhindern, erntete er nur Unverständnis und Feindseligkeit bei seinen Kameraden und Vorgesetzten und wurde deshalb bei dem sowjetischen Militärnachrichtendienst SMERSCH angezeigt. Wegen „Propagierung des bürgerlichen Humanismus, Mitleid mit dem Feind und Untergrabung der politisch-moralischen Haltung der Truppe“ wurde er zu zehn Jahren Lagerhaft verurteilt. Es gelang ihm zunächst, die Vorwürfe gegen ihn zu entkräften, sodass er nach der Untersuchungshaft noch einmal für wenige Monate in Freiheit lebte. Nach Ablauf dieser Frist wurde er erneut verhaftet und ein weiteres Mal zu Lagerhaft verurteilt. Dieses Mal wurde er tatsächlich in ein Arbeitslager des Gulag geschickt.

 

Gefangenenlager

Im Gefangenenlager lernte Kopelew unter anderem Alexander Solschenizyn kennen, der ihn in seinem Buch Der erste Kreis der Hölle als Lew Rubin auftreten lässt. Die schreckliche Erfahrung des Straflagers erschütterte seine kommunistischen Ideale jedoch nicht so sehr, dass er sich vom Kommunismus grundsätzlich abgewandt hätte. Im Jahre 1954, ein Jahr nach Stalins Tod, kam er schließlich frei.

 

Werdegang eines Dissidenten

Nach seiner Freilassung begann er wieder zu schreiben. Bald lernte er seine zweite Frau Raissa Orlowa kennen; im Jahre 1956 heirateten sie. Lew Kopelew wurde rehabilitiert und konnte als Literaturwissenschaftler und Germanist arbeiten und veröffentlichen. Kopelew bekam eine Stelle als Dozent für internationale Pressegeschichte. Er arbeitete von 1961 bis 1968 am Moskauer Institut für Kunstgeschichte, verfasste eine Bertolt-Brecht-Biografie und eine Geschichte der deutschsprachigen Theaterwissenschaft.

 

Seit Mitte der sechziger Jahre setzte er sich zunehmend für Andersdenkende wie Andrei Sacharow und Alexander Solschenizyn sowie für den Prager Frühling ein. Hierdurch geriet er in immer stärkere Opposition zu dem sich wieder verhärtenden Regime. Er verlor immer mehr den Glauben an den Kommunismus und wurde, als er gegen den Einmarsch anderer kommunistischer Länder in die Tschechoslowakei und die brutale Zerschlagung aller Reformerfolge protestierte, mit Parteiausschluss, Schreibverbot und dem Verlust seiner Stelle am Institut für Kunstgeschichte bestraft. Damit endeten für ihn die letzten Hoffnungen, die er in den Kommunismus gesetzt hatte.

 

Prominenter Dissident

Die Wohnung des Ehepaars Kopelew-Orlowa in Moskau entwickelte sich schnell zu einem Anlaufpunkt von Dissidenten und Auslands-Korrespondenten, unter ihnen Fritz Pleitgen und Klaus Bednarz. In dieser Zeit intensivierte sich sein Austausch mit Heinrich Böll, dem er schon in den 1960er Jahren begegnet war und mit dem ihn eine tiefe Freundschaft verband. Das enge Verhältnis zu Böll sollte später sein Leben noch entscheidend prägen.

 

Exil

Kopelew wollte reisen, aber er wollte auf keinen Fall seine Heimat aufgeben und ins Exil gehen. Eine Einladung von Böll und Marion Gräfin Dönhoff zu einer Studienreise nach Deutschland, der ein langes diplomatisches Ringen um eine Rückkehr-Garantie vorausgegangen war, ließ Kopelew 1980 das Wagnis eingehen, mit seiner Frau ins Ausland zu reisen. Nachdem Kopelew sich zu Anfang des Jahres mit anderen Intellektuellen für Andrei Sacharow eingesetzt hatte, wurden ihm und seiner Frau überraschend im Oktober die Genehmigung zur Ausreise erteilt. Mitte November traf das Ehepaar in Köln ein.

 

Doch schon Anfang 1981 wurde die Auslandsreise zum Exil – man hatte das Ehepaar ausgebürgert. Nach einer Reise in die USA wurde Köln die neue Bleibe für das Ehepaar Kopelew-Orlowa. Raissa Orlowa hatte wesentlich größere Schwierigkeiten, sich in Deutschland einzugewöhnen, als ihr mit der deutschen Kultur aufs beste vertrauter Mann. Sie berichtet in einem Buch über das ihr nur langsam zur Gewohnheit werdende Leben in Deutschland.

 

Kopelew wurde kurz nach Ankunft deutscher Staatsbürger.[2][3]

 

Humanist und Weltbürger

In Deutschland wurde Kopelew schnell zu einem Kämpfer für eine Aussöhnung zwischen Russen und Deutschen. In einem wissenschaftlichen Projekt arbeitete er das Deutschlandbild der Russen und das Russlandbild der Deutschen heraus, um so durch gegenseitiges Verstehen die alten Brücken zwischen beiden Völkern freizulegen und neue zu schaffen. Symbolfigur wurde ihm dafür Friedrich Joseph Haass. Damit versuchte er, die durch Propaganda und ideologische Auseinandersetzungen geschaffenen Feindbilder zu zerstören.

 

In dieser Zeit schrieb er nicht nur viel, sondern war als Referent, Interview- und Gesprächspartner sehr gefragt. Er machte immer wieder auf Menschenrechtsverletzungen aufmerksam und mischte sich überall ein, wo es galt, für Völkerverständigung und gegenseitigen Respekt zu werben. Kopelew fühlte sich schon früh als Europäer und trat für den Erhalt der kulturellen Vielfalt in Europa ein. Bereits in seiner Charkower Zeit 1926/27 hatte er Esperanto gelernt.

 

Nach der Verhängung des Kriegsrechts über Polen am 13. Dezember 1981 wurde seine Kölner Wohnung zum Anlaufpunkt für Menschenrechtler aus Polen. Kopelew sprach sehr gut Polnisch, er las regelmäßig die in Paris erscheinende Exilzeitschrift Kultura. Nach der politischen Wende von 1989/90 nahm er an Konferenzen des KARTA Zentrums in Warschau teil, das sich, ähnlich wie die Moskauer Gruppe Memorial, der Aufarbeitung der von der kommunistischen Zensur verschwiegenen und entstellten Geschichte verschrieben hatte.[4]

 

Kopelew initiierte ein großes Forschungs-Projekt zur Geschichte der deutsch-russischen gegenseitigen Wahrnehmung von den Anfängen bis zum 20. Jahrhundert an der Bergischen Universität Wuppertal. Die Ergebnisse sind in insgesamt zehn Bänden unter dem Titel „West-Östliche Spiegelungen“ dokumentiert.

 

Noch einmal Moskau

Aufgrund der Perestroika Gorbatschows erhielt Kopelew 1989 die Erlaubnis, seine alte Heimatstadt Moskau zu seinem 77. Geburtstag zu besuchen. 1990 konnte er Russland ein zweites Mal besuchen. Er reiste durch das Land und besuchte alte Freunde, doch das Land war ihm inzwischen fremd geworden. Da seine Frau Raissa 1989 gestorben war, ging er schließlich wieder nach Köln zurück, um dort seine Arbeit zur Versöhnung der Völker fortzusetzen.

 

Am 18. Juni 1997 starb Lew Kopelew in Köln. Seine Urne wurde nach Moskau überführt, wo die Asche auf dem Donskoi-Friedhof neben seiner Frau Raissa Orlowa beigesetzt wurde.

Seite „Lew Sinowjewitsch Kopelew“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 10. Dezember 2016, 22:09 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Lew_Sinowjewitsch_Kopelew&oldid=160519209 (Abgerufen: 6. Januar 2017, 19:59 UTC)

 

 

 

 

 


Ekkehard Maaß

Ekkehard Maaß wurde 1951 in Naumburg (Saale) als Sohn eines aus dem Baltikum stammenden Pfarrers geboren, der wegen Ablehnung der SED-Diktatur inhaftiert war. Seine Kindheit verlebte Ekkehard Maaß in dem Dorf Schönburg (Saale).

 

Ekkehard Maaß studierte Theologie und Philosophie, zunächst an kirchlichen Einrichtungen, dann an der Humboldt-Universität zu Berlin. Wegen der Freundschaft mit Wolf Biermann und des Sammelns von Unterschriften gegen seine Ausbürgerung wurde er vom Studium relegiert; die Stasi leitete gegen ihn „operative Maßnahmen“ ein.

 

Er war in der DDR als Sänger von Bulat Okudshawa-Liedern bekannt. Nach der Ausbürgerung Wolf Biermanns organisierte er von 1978 bis 1984 in seiner Wohnung Lesungen für junge Dichter, von denen Uwe Kolbe glaubt, hier hätten „die wichtigsten Lesungen der jüngeren DDR-Literatur“[1] stattgefunden – ein Beitrag zur Förderung einer Künstlergeneration, die sich zehn Jahre vor dem Ende der DDR von der sozialistischen Ideologie losgesagt hatte und die als Prenzlauer-Berg-Szene Berühmtheit erlangte.

 

„Gelesen haben zum Beispiel Detlef Opitz, Bert Papenfuß, Stefan Döring, Eberhard Häfner, Katja Lange-Müller, Peter Brasch, Uwe Kolbe oder Wasja Götze, der Hallenser Maler und Sänger, der sehr beißende und sehr ironische Texte auf die DDR gesungen hatte. Oder Christa Moog aus Eisenach, Dieter Eue, der bald in den Westen ging, nachdem er sein Manuskript bei uns gelesen hatte, oder Dieter Schulze. Ekkehard hat heute noch all die Einladungen in seinem Zimmer hängen.“

 

Wilfriede Maaß[2]

 

Jahrelang setzte sich Ekkehard Maaß für die Rückkehr des zwangsweise nach Georgien exilierten deutsch-georgischen Schriftstellers Giwi Margwelaschwili nach Deutschland ein.

 

Seit 1996 leitet er die von ihm gegründete Deutsch-Kaukasische Gesellschaft.

Seite „Ekkehard Maaß“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 16. November 2015, 19:03 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Ekkehard_Maa%C3%9F&oldid=148106917 (Abgerufen: 29. Januar 2017, 14:47 UTC)

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Bärbel Bohley

Bärbel Bohley (geborene Brosius; * 24. Mai 1945 in Berlin; † 11. September 2010 in Strasburg, Landkreis Uecker-Randow) war eine deutsche Bürgerrechtlerin und Malerin. Bekannt wurde sie als Mitbegründerin des Neuen Forums in der DDR.

 

Leben

 

Bärbel Bohley wurde als Tochter von Fritz und Anneliese Brosius geboren.[1] Nach dem Abitur 1963 absolvierte sie eine Ausbildung als Industriekauffrau und arbeitete anschließend als Lehrausbilderin. Ab 1969 studierte sie an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee, wo sie 1974 einen Diplomabschluss als Malerin erhielt. 1970 heiratete sie den Maler Dietrich Bohley und gebar im selben Jahr einen Sohn. Ab 1974 betätigte sich Bärbel Bohley als freischaffende Künstlerin; ihre Vorbilder waren nach eigenen Angaben Francisco de Goya und Käthe Kollwitz.

 

Zunehmend setzte sie sich für Bürger- und Menschenrechte in der DDR ein und war deshalb Restriktionen und Verhaftungen ausgesetzt. Nach der Wende und friedlichen Revolution in der DDR engagierte sich Bärbel Bohley weiterhin politisch, kämpfte insbesondere um die Aufarbeitung des DDR-Unrechts im Allgemeinen, aber auch juristisch in ihrem persönlichen Fall. Ab 1996 arbeitete sie im ehemaligen Jugoslawien an Flüchtlingsrückkehr und Wiederaufbau, lebte lange in der Nähe von Split (Kroatien) und war bis zu ihrem Tod mit dem aus Bosnien-Herzegowina stammenden Lehrer Dragan Lukić verheiratet. Nach zwölf Jahren kehrte sie 2008 in ihre alte Wohnung in Berlin-Prenzlauer Berg zurück, um ihre Krebserkrankung behandeln lassen zu können, von der sie im Mai 2008 erfuhr.[2]

 

In den ihr verbleibenden zwei Lebensjahren hielt sie Vorträge, mit denen sie bilanzierend auf die Kraft der Friedlichen Revolution und bestehende Demokratiedefizite hinwies, wie zum Beispiel anlässlich des 20-jährigen Bestehens des Neuen Forums.[3]

 

Bärbel Bohley, die seit ihrer Studienzeit starke Kettenraucherin war,[4] erlag einem Bronchialkarzinom.

 

Sie wurde am 25. September 2010 mit einer öffentlichen Gedenkveranstaltung der Robert-Havemann-Gesellschaft in der Akademie der Künste (Berlin) gewürdigt, an der etwa 400 Besucher teilnahmen. Lilo Fuchs, Witwe des Dissidenten und Schriftstellers Jürgen Fuchs, erinnerte dabei daran, dass einige DDR-Oppositionelle - wie Rudolf Bahro, Gerulf Pannach, Rudolf Tschäpe und ihr eigener Mann - früh an Krebs starben, und verwies auf den mehrfach geäußerten Verdacht, das SED-Regime könne Bärbel Bohley radioaktiv geschädigt haben, wie Stasi-Akten nahelegen.[6] Bei einem Trauergottesdienst in der Gethsemanekirche (Berlin) nahmen rund 1000 Menschen am Sarg von Bärbel Bohley Abschied.[7] Ihr Grab befindet sich auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin-Mitte.[8] Ihr Grab ist 2016 als Ehrengrab der Stadt Berlin gewidmet. Ihr politischer Nachlass wird im Archiv der Robert-Havemann-Gesellschaft aufbewahrt.[9]

 

An der Grenze der Berliner Ortsteile Gesundbrunnen und Prenzlauer Berg findet sich der Bärbel-Bohley-Ring.

 

Arbeit für Bürger- und Menschenrechte in der DDR

 

 

 

1979 wurde Bärbel Bohley in die Sektionsleitung Malerei und den Bezirksvorstand des Verbandes Bildender Künstler der DDR (VBK) gewählt. 1982 gründete sie die unabhängige Initiativgruppe Frauen für den Frieden,[10] woraufhin sie ein Jahr später aus dem Bezirksvorstand des VBK ausgeschlossen und wegen angeblicher „landesverräterischer Nachrichtenübermittlung“ gemeinsam mit Ulrike Poppe in Berlin-Hohenschönhausen in Untersuchungshaft kam. Das Ministerium für Staatssicherheit nannte als Gründe unter anderem ihren Kontakt zu den Grünen in der Bundesrepublik Deutschland. Als Konsequenz erhielt sie keine staatlichen Aufträge mehr und durfte ihre Werke nicht mehr öffentlich ausstellen.

 

Ab Mitte der 1980er Jahre setzte sich Bohley verstärkt für die Durchsetzung grundlegender Rechte wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit ein und gründete die Initiative Frieden und Menschenrechte mit. Sie wurde deshalb von der Geheimpolizei zu den gefährlichsten Gegnern der SED-Diktatur gezählt und in den operativen Vorgängen „Wespen“ und „Bohle“ bearbeitet. Das Ministerium für Staatssicherheit belegte Bohley mit intensiven Überwachungs- und Zersetzungsmaßnahmen. [11] Die Bürgerrechtlerin Petra Kelly, die mit Bärbel Bohley politisch und persönlich befreundet war, übergab Erich Honecker im September 1987 bei seinem Besuch in der Bundesrepublik Deutschland demonstrativ Bohleys auf den Zustand der DDR-Gesellschaft anspielende Grafik „Niemandsland“, die mit einer Widmung versehen war, politische Veränderungen in der DDR zuzulassen.[12] 1988 wurde Bohley (gemeinsam mit ihrem damaligen Lebensgefährten und DDR-Oppositionellen, Werner Fischer) infolge ihrer Öffentlichkeitsarbeit für inhaftierte Oppositionelle, die während der SED-Demonstration zum 69. Jahrestag der Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht für demokratische Bürgerrechte demonstrieren wollten, von der Staatssicherheit verhaftet und ins Exil gezwungen. Allerdings hatten sie und Werner Fischer durchsetzen können, einen DDR-Pass zu erhalten. Nach einem sechsmonatigen Aufenthalt im Vereinigten Königreich kehrten beide im August 1988 in die DDR zurück.

 

Rückblickend stellte Bärbel Bohley fest: „Ich wollte aber wieder zurück, denn wenn man etwas in eine Sache investiert hat, dann kann man es nicht aufgeben. Ich habe mich in der DDR auch zu Hause gefühlt, nicht weil ich sie liebe, sondern weil ich viele Freunde dort habe oder hatte. Insofern war es wirklich ein Ort, den man verändern muss. Ich habe im Westen gelernt, dass eine Opposition, zu der man sich bewusst bekennt, einfach in die DDR gehört und das hat die DDR-Opposition vorher nicht gemacht.“[

 

Am 9. September 1989 war Bohley als Initiatorin der Bürgerrechtsbewegung Neues Forum in Grünheide Erstunterzeichnerin des Gründungsaufrufes „Die Zeit ist reif“, der grundlegende Veränderungen forderte. Bärbel Bohley übernahm den Kontakt zu bundesdeutschen Journalisten und meldete gemeinsam mit der Zahnärztin Jutta Seidel die Tätigkeit des Neuen Forums beim DDR-Innenministerium an.[14] Der SED-Staat wies das Dialogangebot zunächst als „staatsfeindlich“ zurück und bestätigte die Anmeldung – nachdem mehrere Demonstrationen stattgefunden hatten – erst am 8. November 1989.[15] Während der Wende in der DDR wurde ihre Wohnung zur Büro-Zentrale der oppositionellen Sammlungsbewegung, die schnell über 250.000 Unterstützer fand.[16][17]

 

Von Mai bis Dezember 1990 vertrat sie das Neue Forum in der Ost-Berliner Stadtverordnetenversammlung[18] Im September 1990 besetzte sie zusammen mit anderen Aktivisten unter dem Motto Meine Stasi-Akte gehört mir! das Gebäude der ehemaligen Staatssicherheit in der Berliner Normannenstraße. Mit einem Hungerstreik und einer Mahnwache erstritt sie gemeinsam mit anderen Bürgerrechtlern die Öffnung der Stasi-Akten für die persönliche und wissenschaftliche Aufarbeitung.

 

Politik und Hilfe im veränderten Europa und Aufarbeitung des DDR-Unrechts[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 

Nachdem Bohley Einsicht in ihre Stasi-Akte genommen hatte, beschuldigte sie 1993 den PDS-Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, Gregor Gysi, der inoffiziellen Mitarbeit im MfS. Gysi war während ihrer Haft in der DDR ihr Rechtsanwalt. Gegen diese Behauptung wehrte sich Gysi in mehreren Prozessen erfolgreich. Die verschleppte und zum Teil unterbliebene Aufarbeitung des DDR-Unrechts in der Bundesrepublik beschrieb sie mit dem Satz: „Wir wollten Gerechtigkeit und bekamen den Rechtsstaat“. Während der Räumung der Mainzer Straße war sie maßgeblich an den Verhandlungen zwischen den Besetzern und dem Innenstadtrat und der Polizei beteiligt. 1994 trat Bohley als Spitzenkandidatin für das Neue Forum zur Europawahl an. Im Jahr 2002 unterstützte sie die FDP im Wahlkampf zur Bundestagswahl.

 

Für ihre Verdienste um die friedliche Revolution in der DDR und die deutsche Wiedervereinigung mit dem Bundesverdienstkreuz (1994) und dem Nationalpreis (2000) ausgezeichnet, engagierte sie sich seit 1996 unter anderem im Kriegsgebiet des ehemaligen Jugoslawien. Von 1996 bis 1999 leitete sie dort für die nach dem Dayton-Friedensabkommen von 1995 eingesetzte Internationale Friedensbehörde für Bosnien und Herzegowina OHR (Office of The High Representative) in Sarajevo ein Wiederaufbauprogramm für im Bosnienkrieg zerstörte Häuser und organisierte die Rückkehr von Kriegsflüchtlingen in ihre Heimat

 

Im März 1996 verklagte Bohley das Satiremagazin Eulenspiegel, das eine „miese Porno-Montage mit Kanzler Kohl“ auf seinem Titelblatt abgedruckt hatte, auf 100.000 DM Schadensersatz. Die satirische Darstellung spielte auf das Treffen ehemaliger DDR-Bürgerrechtler mit dem damaligen Bundeskanzler in Berlin an. Auf Grund eines Vergleiches vor dem Landgericht Hamburg zahlte Eulenspiegel schließlich 20.000 DM an Bohley.[19]

 

Bohley war Gründungsmitglied des im Juni 1996 gegründeten Bürgerbüros e. V. – Verein zur Aufarbeitung von Folgeschäden der SED-Diktatur.[20]

 

Ehrenamtlich gründete Bärbel Bohley unter anderem die Hilfsorganisation Seestern e. V., die Kinder aus bosnischen Flüchtlingsfamilien aller örtlichen Ethnien kostenlose gemeinsame Sommerferien ermöglicht. Seit Sommer 2006 hilft die Organisation auch Kriegsflüchtlingen vor Ort, sie baute in der Region Domanovići nahe Mostar unter finanzieller Unterstützung des deutschen Auswärtigen Amts für 28 Flüchtlingsfamilien Zisternen zur Wasserversorgung. Bis März 2007 entstanden, finanziert vom deutschen Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, weitere 71 Zisternen, mit denen die Ansiedlung von im Krieg Vertriebenen in der Region gefördert werden soll.[21][22]

 

Im Jahre 2001 kehrte sie vorübergehend aus Kroatien zurück und war gemeinsam mit u. a. dem DDR-Bürgerrechtler Wolfgang Templin und dem früheren SED-Politbüro-Mitglied Günter Schabowski Mitglied im „Gesprächskreis Innere Einheit“ des damaligen CDU-Kandidaten für das Amt des Berliner Regierenden Bürgermeisters, Frank Steffel.[23]

 

 

 

Seite „Bärbel Bohley“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 3. September 2017, 17:17 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=B%C3%A4rbel_Bohley&oldid=168743671 (Abgerufen:

 

15. September 2017, 06:38 UTC

 


Hannes Schwenger

Hannes Schwenger wurde in Meiningen/Thüringen geboren; er wuchs in Würzburg auf. Dort studierte er Germanistik. 1963 ging er nach Berlin und setzte dort sein Studium fort, das er 1974 mit einer Promotion an der Freien Universität Berlin abschloss. Im selben Jahr wurde er Habilitationsstipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft und erforschte zusammen mit Hartmut Frech die „Autorenausbildung/Internationaler Vergleich“ für die Konferenz „Autorenausbildung an der Integrierten Gesamthochschule“.

1977/1978 arbeitete Schwenger als Lehrbeauftragter am Institut für Medienwissenschaft und Literatursoziologie der TU Berlin mit Friedrich Knilli zusammen. Er nahm noch einen Lehrauftrag am Institut für Publizistik der FU Berlin wahr, bemühte sich jedoch nie um einen Professorentitel, sondern arbeitete stets freiberuflich. Nach einer längeren Pause vom Universitätsbetrieb war Schwenger wissenschaftlicher Mitarbeiter am Forschungsverbund SED-Staat, der mit Unterstützung des Präsidiums der FU Berlin gegründet wurde. Von 1996 bis 1999 arbeitete er an einem Projekt zur Bildenden Kunst der DDR und erneut von 2002 bis 2004 bei einem Projekt im Auftrag der ARD.[1][2]

Neben seinen wissenschaftlichen Tätigkeiten war er seit Anfang der 1960er Jahre Verleger und bei verschiedenen Kulturzeitschriften als Redakteur, Chefredakteur oder Herausgeber tätig, so für die sonde (1960, unter anderem mit Karl Heinz Roth), Literatur Revue (1962), Berlin im Spiegel (ab 1963), Heute (1966) und den Berliner Extra-Dienst (ab 1967). Als freier Autor, Rezensent und Publizist veröffentlichte er parallel dazu unter anderem im Hörfunk beim Sender Freies Berlin, dem Südwestfunk, dem RIAS und der England-Redaktion des Deutschlandfunks sowie in Printmedien wie der Stuttgarter Zeitung, der Zeit, dem Vorwärts, dem Tagesspiegel, der Welt und der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie.

Für den Deutschlandfunk produzierte er mehrere umfangreiche Sendereihen über literarische und kulturelle Themen. Von 1989 bis 1992 war er Mitherausgeber der „Edition Malerbücher“, von 1989 bis 1995 Mitherausgeber und Redakteur der Zeitschrift Litfass.

Als Buchautor fand unter anderem seine satirisch-ironische Zitatensammlung von und über Klaus Schütz mit dem Titel Worte des Regierenden Klaus einige Aufmerksamkeit. Diese Zitatensammlung hatte einen Umfang von nur 28 Seiten und ähnelte in Aufbau, Form und Aussehen der Mao-Bibel. Ebenfalls große Beachtung fanden 1966 beziehungsweise 1969 seine beiden kritischen Bücher über christliche Sexualpädagogik und über christliche Aufklärungstraktate.


Nach seinem Umzug nach Berlin 1963 trat Hannes Schwenger der SPD bei. 1967 entschied er sich aus Protest gegen die Große Koalition für einen vorübergehenden Austritt. Ab 1967 gehörte er mit Walter Barthel, Martin Buchholz, Carl Guggomos, Rainer Hachfeld und Horst Tomayer zum Redaktionskollektiv des Berliner Extra-Dienstes. An der „Enteignet-Springer“-Kampagne der APO von 1968 war er als Redakteur des Berliner Extra-Dienstes beteiligt, entwarf das Logo[3] und verbreitete Artikel von Springer-Journalisten aus der Zeit des Nationalsozialismus. Diese bekam Schwenger in Ostberlin von Hans Joachim Kittelmann, Mitglied des DDR-Journalistenverbandes und Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit. Ein Sonderheft des Extrablattes (Vorläufer des Berliner EXTRA-Dienstes) über „Nazis bei Springer“ wurde von der DDR finanziert. Schwenger will schon damals Einflussversuche der Stasi bemerkt haben und – im Gegensatz zu Günter Wallraff, dessen Verleger er als Geschäftsführer der „Edition Voltaire“ von 1969 bis 1972 war – widerstanden haben. Einen Boykott der Axel Springer AG lehnte Hannes Schwenger, ebenfalls im Gegensatz zu Günter Wallraff, stets ab und schrieb später auch selbst Texte für Springer-Blätter. Das von ihm und anderen Intellektuellen 1976 begründete Schutzkomitee Freiheit und Sozialismus setzte sich als Erstes für die Freilassung von Jürgen Fuchs und dann auch für die Freilassung anderer politischer Gefangener in der DDR ein. Schwenger nahm Kontakt zu Angehörigen der Inhaftierten auf, betreute sie und verschaffte den sonst anonymen Einzelschicksalen in der Bundesrepublik eine Öffentlichkeit. Die gesammelten Erfahrungen brachte er 1996 bis 1998 als Mitarbeiter für den Forschungsverbund SED-Staat ein.

Eine große Klammer zu seinem wissenschaftlichen und kreativen Wirken bildete nicht zuletzt seine Gewerkschaftsarbeit, die intern auch die kritische Betrachtung des gewerkschaftlich organisierten Schriftstellerverbandes nicht scheute.[4] So war Schwenger Mitinitiator der Gruppe „Literaturproduzenten“ und der Fachgruppe Buchhandel und Verlage in der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen. In der IG Medien war er von 1971 bis 1977 Vorsitzender des Verbandes deutscher Schriftsteller (VS), später dann im Vorstand des VS-Landesverbandes Berlin und bis 1995 Geschäftsführer des Bundesverbandes Bildender Künstlerinnen und Künstler.

1979 initiierte und führte Schwenger ehrenamtlich den Autoren- und Künstlerverlag „Edition Mariannenpresse“.[5]

Seite „Hannes Schwenger“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 30. Oktober 2016, 10:15 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Hannes_Schwenger&oldid=159200993 (Abgerufen: 16. Dezember 2016, 13:49 UTC)


Christoph Hein

Christoph Hein wuchs in der Kleinstadt Bad Düben bei Leipzig auf. Da er als Sohn eines Pfarrers kein Arbeiterkind war und er keinen Platz an einer Erweiterten Oberschule bekam, ging er bis zum Mauerbau auf ein Westberliner Gymnasium. Nach dem Mauerbau arbeitete er als Montagearbeiter, Buchhändler, Kellner, Journalist, Schauspieler und Regieassistent. 1964 legte er sein Abitur an der Abendschule ab. In Berlin und Leipzig studierte er zwischen 1967 und 1971 Philosophie und Logik. Danach wurde er Dramaturg und Autor an der Volksbühne in Ost-Berlin. Seit 1979 arbeitet er als freier Schriftsteller.

 

Bekannt geworden ist Christoph Hein durch seine sehr erfolgreiche Novelle Der fremde Freund, die 1982 in der DDR veröffentlicht wurde und in Westdeutschland 1983 aufgrund des Titelschutzes als Drachenblut erschien. Sein erfolgreichstes Stück Die Wahre Geschichte des Ah Q wurde 1983 publiziert. Als Übersetzer bearbeitete er Werke von Jean Racine und Molière. Von 1998 bis 2000 war Christoph Hein erster Präsident des gesamtdeutschen PEN-Clubs, dessen Ehrenpräsident er seit Mai 2014 ist. Er war bis Juli 2006 Mitherausgeber der Wochenzeitung Freitag. Christoph Hein hat mit seiner 2002 verstorbenen Ehefrau, der Filmregisseurin Christiane Hein,[1] zwei Söhne, der jüngere ist der Schriftsteller und Arzt Jakob Hein. Seit 2011 ist Christoph Hein mit der Opernsängerin Maria Husmann verheiratet. Hein ist Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und der Sächsischen Akademie der Künste.

 

Am 8. Oktober 2004 bestätigte der Berliner Kultursenator Thomas Flierl, dass mit Christoph Hein Vertragsverhandlungen über die Intendanz des Deutschen Theaters geführt werden. Hein sollte das Theater ab der Spielzeit 2006/2007 übernehmen und somit Nachfolger von Bernd Wilms werden, dessen Vertrag nicht verlängert wurde. Am 29. Dezember 2004 gab Hein nach zahlreichen Kritiken aus der Theaterwelt und der Presse auf einer Pressekonferenz bekannt, dass er das Amt des Intendanten 2006 nicht antreten werde.

 

Christoph Heins Roman Willenbrock wurde 2005 von Andreas Dresen unter dem gleichen Titel verfilmt. Lyrische Werke von Christoph Hein wurden 2009 von Hans-Eckardt Wenzel vertont, mit dem Hein 1990 im Film Letztes aus der Da Da eR vor der Kamera gestanden hatte.

 

Der Germanist Hannes Krauss urteilte in Kindlers Literaturlexikon: „Obwohl Christoph Hein behauptet, ein Dramatiker zu sein, der als 'Fingerübung' gelegentlich Prosa verfasse, ist es gerade diese Prosa, die ihn international bekannt gemacht hat.“ [2] Seit der Veröffentlichung seiner Novelle Der fremde Freund zähle er zu den wichtigsten zeitgenössischen Autoren Deutschlands. Zuvor veröffentlichte Hein hauptsächlich Erzählungen, die in verschiedenen Jahrhunderten spielen. Viele dieser Erzählungen beschäftigten sich mit der Geschichte aus Sicht von Randfiguren. In einer Vielzahl seiner Prosa gehe es um die Liebe, jedoch seien seine Liebespaare nur selten glücklich, da sie durch ihr Alltagsleben, ihre Herkunft oder Erziehung nur schwer Zugang zu sich selbst oder anderen fänden.[2]

 

In seinen dramatischen Werken beschäftige sich Hein hauptsächlich mit den treibenden Kräften der Geschichte und gescheiterten Revolutionen. Jedoch seien „Heins historische Stücke [...] keine Historienstücke“, weil spezifische Ereignisse oder die Schicksale ‚großer Männer‘ der Weltgeschichte für ihn nebensächlich seien. In all seinen Stücken verweise er durch das Aufwerfen grundsätzlicher Fragen auch immer auf die Gegenwart.[2]

Seite „Christoph Hein“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 26. September 2016, 07:18 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Christoph_Hein&oldid=158225581 (Abgerufen: 6. Januar 2017, 19:55 UTC)