Autographe, Typoskripte und Widmungen oppositioneller Künstler, Bürgerrechtler und Politiker der DDR


Erich Arendt, Kurt Bartsch, Rudolf Bahro, Jurek Becker, Henryk Bereska, Frank Beyer, Wolf Biermann, M.I. Böhme, Martin Böttger, Bärbel Bohley, Marion Brasch, Volker Braun, Günter de Bruyn, Fritz Cremer, Angelica Domröse, Adolf Dresen, Adolf Endler, Siegmar Faust, Fritz R. Fries, Jürgen Fuchs, Franz Fühmann, Gregor Gysi, Günter Görlich, Wasja Götze, Peter Graf, Peter Grimm, Eva Grube-Deister, Eva-Maria Hagen, Nina Hagen, Katja Havemann, Robert Havemann, Christoph Hein, Stephan Hermlin, Wieland Herzfeld, Stefan Heym, Jutta Hoffmann, Margot Honecker, Barbara Honigmann, Horst Hussel, Roland Jahn, Karl-Heinz Jakobs, Bernd Jentzsch, Heinz Kamnitzer, Hermann Kant, Walter Kempowski, Sara Kirsch, Freya Klier, Erich Koehler, Jan Koplowitz, Lew Kopelew, Stephan Krawczyk, Manfred Krug, Günter Kunert, Reiner Kunze, Thomas Langhoff, Vera Lengsfeld, Erich Loest, Ekkehard Maaß, Erich Mielke, Heiner Müller, Armin Mueller-Stahl, Chaim Noll, Ulrich Plenzdorf, Gerd Poppe, Grit Poppe, Utz Rachowski, Lutz Rathenow, Käthe Reichel, Siegfried Reiprich, Günther Rücker, Hans Joachim Schädlich, Alexander Schalck-Golodkowski, Siegbert Schefke, Klaus Schlesinger, Rolf Schneider, Friedrich Schorlemmer, Anna Seghers, Joachim Seyppel, Matthias Storck, Heiner Sylvester, Hilmar Thate, Wolfgang Thierse, Günther Ullmann, Günter Wallraff, Joachim Walther, Bettina Wegner, Christa Wolf, Markus Wolf,...



Offener Brief vom 17.11.1976

Wolf Biermann

Wolf Biermann

 

1953 übersiedelte er als Sechzehnjähriger kurz vor dem 17. Juni in die DDR,[3] lebte in einem Schulinternat in Gadebusch bei Schwerin und begann nach dem Abitur 1955 ein Studium der Politischen Ökonomie an der Humboldt-Universität zu Berlin, das er 1957 abbrach, um bis 1959 als Regieassistent am Berliner Ensemble tätig zu sein. Danach studierte er bis 1963 Philosophie bei Wolfgang Heise und Mathematik an der Humboldt-Universität,[3] bekam aber trotz erfolgreich verteidigter Abschlussarbeit im Fach Philosophie kein Diplom ausgehändigt. Die Urkunde erhielt er erst nachträglich am 7. November 2008, als ihm die Humboldt-Universität Berlin die Ehrendoktorwürde verlieh.[4]

 

1960 lernte Biermann Hanns Eisler kennen, der ihn nach eigener Aussage maßgeblich prägte. Biermann begann, Gedichte und Lieder zu schreiben. 1961 gründete er in Ost-Berlin das Berliner Arbeiter-Theater (b.a.t.). Seine Inszenierung des Stückes Berliner Brautgang, das vom Mauerbau handelt, wurde verboten, und noch vor der Premiere 1963 musste das Theater geschlossen werden.[5] Über Biermann wurde ein befristetes Auftrittsverbot verhängt, das ein halbes Jahr währte. Außerdem weigerte sich die SED 1963 ohne Angabe von Gründen, ihn nach seiner Zeit als SED-Kandidat als Mitglied aufzunehmen.[6] Aus den nach der Wende gefundenen Stasi-Akten Biermanns geht hervor, dass die in der SED Zuständigen die Vorstellung hatten, Biermann müsse regelmäßiger Konsument aufputschender Drogen gewesen sein, und vor diesem Hintergrund eine Parteiaufnahme ablehnten.[7]

 

Seinen ersten Gastspielauftritt in der Bundesrepublik hatte Biermann 1964. Im April 1965 trat er mit seinen Liedern in einem Kabarett-Programm von Wolfgang Neuss in Frankfurt am Main auf, dessen Aufnahme als LP unter dem Titel Wolf Biermann (Ost) zu Gast bei Wolfgang Neuss (West) erschien. Im selben Jahr veröffentlichte Biermann den Lyrikband Die Drahtharfe im Westberliner Verlag Klaus Wagenbach, im Dezember verhängte das 11. Plenum des ZK der SED ein totales Auftritts- und Publikationsverbot in der DDR gegen ihn. Das Ministerium für Staatssicherheit entwickelte daraufhin einen 20-Punkte-Plan zur „Zersetzung“ seiner Person.

 

Nachdem Biermann in dem Bemühen, eine Veröffentlichung seiner Lieder auf den DDR-Plattenlabels Amiga nicht auf immer unmöglich zu machen, über Jahre hinweg auf Schallplatten-Veröffentlichungen in der Bundesrepublik verzichtet hatte,[9] erschien 1968 seine erste eigene Langspielplatte Chausseestraße 131. Durch die mit dem Auftritts- und Publikationsverbot einhergehende Unmöglichkeit, ein professionelles Tonstudio zu nutzen, entstanden die Aufnahmen zu Chausseestraße 131 in Biermanns Wohnung mit Hilfe eines aus dem Westen geschmuggelten Grundig-Tonbandgeräts sowie eines Sennheiser-Mikrofons, das durch seine Kugelcharakteristik auch noch die Geräusche der vorbeifahrenden Straßenbahn einfing.[10] Für dieses Album erhielt er 1969 den Fontane-Preis, einen 1948 gestifteten Kulturpreis des Landes Berlin. Bei dessen Verleihung kam es zu einem Eklat, als Biermann den Preis – ebenso wie Peter Schneider, der den Förderungspreis erhalten hatte – öffentlich an die Außerparlamentarische Opposition weitergab. Außerdem überwies er 10.000 DM des Preisgeldes an den Anwalt Horst Mahler,[11] der Rechtsbeistand für in der BRD politisch Verfolgte leistete.[12]

 

Weitere Veröffentlichungen in der Bundesrepublik folgten, die unter der Hand auch in der DDR verbreitet wurden. Im September 1976 gelang es Biermann, nach elf Jahren des Verbots ein einziges und letztes Konzert vor der Wende in der DDR zu geben. Sein Auftritt in der Prenzlauer Nicolaikirche[13] wurde durch ein Versehen der Staatssicherheit ermöglicht, die Biermann nach der Ankündigung seines Konzerts im Veranstaltungsplan der Kirchengemeinde mit dem dort wöchentlich auftretenden Gemeinde-Kantor gleichen Familiennamens verwechselt und es deshalb versäumt hatte, das Konzert zu unterbinden.[14]

 

Ausbürgerung aus der DDR

 

1976 wurde Biermann von der IG Metall zu einer Konzertreise in die Bundesrepublik Deutschland eingeladen, wofür ihm die Behörden der DDR eine Reisegenehmigung erteilten. Das erste Konzert fand, vom Hörfunk des WDR in der Reihe „Radiothek“ live übertragen, am 13. November 1976 in der Kölner Sporthalle statt. Dieses Konzert – Biermann hatte die DDR stellenweise kritisiert, bei anderen Anlässen wie etwa einer Diskussion über den 17. Juni aber auch verteidigt[15] – diente dem Politbüro der SED als Vorwand für die Ausbürgerung „wegen grober Verletzung der staatsbürgerlichen Pflichten“, wie von der DDR-Nachrichtenagentur ADN am 16. November verbreitet wurde.[16] Nach der Ausbürgerung sendete das WDR Fernsehen am 17. November 1976 eine gut zweistündige Zusammenfassung des Konzerts zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr. Schließlich übernahm das ARD-Fernsehen am 19. November 1976 das Konzert in voller Länge ab 22.05 Uhr. Erst durch diese Übertragung – das Dritte Fernsehprogramm des WDR konnte in der DDR nicht empfangen werden – erfuhren viele Menschen in der DDR zum ersten Mal etwas über Biermanns Lieder.

Folgen der Ausbürgerung[Bearbeiten]

 

Die Ausbürgerung Biermanns war ein einschneidendes und prägendes Erlebnis für die Künstler- und Dissidenten-Szene der DDR. Gab es nach dem Machtantritt Erich Honeckers 1971 Hoffnung auf eine gesellschaftliche Liberalisierung und Ansätze von Meinungsfreiheit, so wurden diese Hoffnungen durch das repressive Vorgehen 1976 wieder zerstört. Nicht wenige Dissidenten änderten ihre Haltung zur DDR nach der Ausbürgerung Biermanns von einer „solidarischen Kritik“ hin zu radikaler Distanz.

 

Viele auch prominente Personen in Ost und West protestierten gegen Biermanns Ausbürgerung. Am 17. November 1976 veröffentlichten zwölf namhafte DDR-Schriftsteller einen von Stephan Hermlin initiierten offenen Brief an die DDR-Führung, in dem sie an diese appellierten, die Ausbürgerung Biermanns zurückzunehmen. Um eine Veröffentlichung sicherzustellen, übergab die Gruppe den Brief nicht nur dem Neuen Deutschland, sondern ebenfalls der französischen Nachrichtenagentur AFP.[17] In den folgenden Tagen schlossen sich der Erklärung rund 100 weitere Schriftsteller, Schauspieler und bildende Künstler an.

 

Es gab jedoch auch von prominenten DDR-Künstlern Zustimmung zur Biermann-Ausweisung. So unterstützten etwa Konrad Wolf, Ruth Berghaus, Wolfgang Heinz und Paul Dessau die Ausbürgerung Biermanns.[18] Anna Seghers erklärte in einer einzigen, kurzen Erklärung, sie habe, entgegen anders lautenden Meldungen, die Protestresolution auch nachträglich nicht unterzeichnet.[19]

 

Den Künstler-Protest nahm die DDR-Führung zum Anlass für weitere Schikanen gegen die Unterzeichner des offenen Briefes, was weitere Künstler aus der DDR ins bundesdeutsche Exil trieb. 1977 kamen so auch Biermanns frühere Lebensgefährtin, die bekannte ostdeutsche Schauspielerin Eva-Maria Hagen, und deren Tochter Nina Hagen, in die Bundesrepublik Deutschland. Gerulf Pannach und Christian Kunert von der in der DDR verbotenen Band Renft und der Schriftsteller Jürgen Fuchs wurden noch im November 1976 vom Ministerium für Staatssicherheit verhaftet und nach neun Monaten Haft und unter Androhung von langen Haftstrafen ins Exil gezwungen, ebenso die Schauspielerin Katharina Thalbach und der Schriftsteller Thomas Brasch. Auch Manfred Krug unterzeichnete den Protest, worauf ihm, trotz seiner Beliebtheit in der DDR (1969, 1971 und 1973 Auszeichnung als „Fernsehliebling der DDR“), weitere Rollen und Konzerte verwehrt wurden. Schon gedrehte Filme (außer "Abschied vom Frieden" 1979) wurden nicht mehr gezeigt. Als Folge dessen siedelte er 1977 nach einem Antrag auf Ausreise in die Bundesrepublik über.[20] Stefan Heym, einer der Erstunterzeichner des offenen Briefs, konnte von diesem Zeitpunkt an nur noch im Westen veröffentlichen und wurde später aus dem Schriftstellerverband der DDR ausgeschlossen. Er schildert die Folgen für sich und die Mitunterzeichner später anhand von Aufzeichnungen der Stasi.[21]

 

Zahlreiche Proteste gab es auch im Westen, sogar in den Reihen SED-naher Kommunisten. In der DKP-Hochburg Marburg unterzeichneten mehrere Dutzend DKP-Mitglieder eine Protesterklärung, die auf dem ersten Cover der Biermann-LP des Kölner Konzerts Das geht sein’ sozialistischen Gang abgedruckt wurde. (Seite „Wolf Biermann“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 25. März 2015, 21:45 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Wolf_Biermann&oldid=140277004 (Abgerufen: 19. April 2015, 21:18 UTC) )

 


Anbei einige Beispiele von den in den 70ern zahlreich "unter der Hand" kursierenden Biermanntexten, die uns freundlicherweise von Herrn Matthias Ehrich, Berlin, überlassen wurden:


Wolfgang Thierse

Ausbildung und Beruf

 

Wolfgang Thierse wurde am 22. Oktober 1943 als Sohn eines Rechtsanwaltes und Mitglieds der katholischen Zentrumspartei (später CDU-Kreistagsabgeordneter) in Breslau geboren. Nach der Vertreibung aus Breslau siedelte sich die Familie im thüringischen Eisfeld an, dort besuchte Thierse die Oberschule. Er war auch Mitglied der FDJ. Nach dem Abitur an der Erweiterten Oberschule im südthüringischen Hildburghausen erlernte er den Beruf des Schriftsetzers beim Thüringer Tageblatt in Weimar.[1]

Thierse begann 1964 ein Studium der Germanistik und der Kulturwissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin, das er 1969 mit dem Diplom beendete. Anschließend war er an der Sektion Kulturwissenschaften/Ästhetik der Humboldt-Universität wissenschaftlicher Assistent von Wolfgang Heise. Das Ministerium für Kultur der DDR, wo er ab 1975 in der Abteilung Bildende Kunst tätig war, entließ ihn, nachdem er sich geweigert hatte, eine Erklärung zu unterzeichnen, mit der er die Ausbürgerung von Wolf Biermann befürworten sollte.

1977 ging er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an das Zentralinstitut für Literaturgeschichte der Akademie der Wissenschaften der DDR. Dort arbeitete er u. a. als Mitverfasser des Historischen Wörterbuches ästhetischer Grundbegriffe.[2] Zwischen 1970 und 1987 wirkte Thierse an den Drehbüchern für sieben DEFA-Dokumentarfilme mit und verfasste die Kommentartexte.[3] Im Jahr 2003 erschien ein von ihm vorgetragenes Hörbuch mit einer der bekanntesten Erzählungen von Charles Dickens, Eine Weihnachtsgeschichte.

Parteilaufbahn

Thierse war bis zur Wende parteilos und trat im Oktober 1989 dem Neuen Forum bei. Anfang Januar 1990 wurde er dann Mitglied der Sozialdemokratischen Partei der DDR (SDP). Nach dem Rücktritt von Ibrahim Böhme wurde Thierse am 9. Juni 1990 auf einem Sonderparteitag zum Vorsitzenden der SPD der DDR gewählt.

Auf dem Vereinigungsparteitag der SPD wurde er am 27. September 1990 zu einem der stellvertretenden Parteivorsitzenden gewählt. Aus diesem Amt schied er im November 2005 aus, gehörte aber weiterhin dem Parteivorstand an. Auf dem Bundesparteitag der SPD in Dresden im November 2009 kandidierte er auch nicht mehr für den Parteivorstand.[4][5]

Thierse ist Sprecher des Arbeitskreises „Christen in der SPD“[6] und beratendes Mitglied der Grundwertekommission der SPD.

Abgeordnetentätigkeit

Von März bis Oktober 1990 gehörte Thierse der ersten frei gewählten Volkskammer der DDR an. Hier war er zunächst stellvertretender Vorsitzender und ab dem 21. August 1990 Vorsitzender der SPD-Volkskammerfraktion.

Thierse zählte zu den 144 von der Volkskammer gewählten Abgeordneten, die am 3. Oktober 1990 Mitglied des Deutschen Bundestages wurden. Am 4. Oktober 1990 wurde er zum stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion gewählt. Von Dezember 1990 bis Dezember 1991 war er außerdem Vorsitzender des Fraktionsarbeitskreises Neue Länder/Deutschlandpolitik.

Am 26. Oktober 1998 wurde Thierse mit 512:109:45 Stimmen zum Präsidenten des Deutschen Bundestages gewählt und am 17. Oktober 2002 mit 357:219:20 Stimmen im Amt bestätigt. Thierse erhielt nur 59,9 Prozent der Stimmen, weil ihm aus dem Lager der Unionsparteien vorgeworfen wurde, sein Amt in der letzten Legislaturperiode zu parteiisch geführt zu haben.[7]

In seine erste Amtszeit fiel auch die CDU-Spendenaffäre, die ihn als Parlamentspräsidenten insoweit betraf, als er qua Amt für die Überwachung der Einhaltung des Parteiengesetzes und die Ahndung eventueller Verstöße verantwortlich war. Er verhängte eine Strafe in Höhe von 7,8 Millionen D-Mark gegen die CDU und ließ die staatlichen Zuschüsse an die CDU um insgesamt 41 Millionen D-Mark kürzen. Über diese Geschehnisse sagte er selbst, es wäre ihm lieber gewesen, er hätte sich nicht mit ihnen beschäftigen müssen. Von Seiten der Union wurde Thierse wegen der verhängten Strafzahlung mehrfach angegriffen und seine Überparteilichkeit in Frage gestellt – dies unter anderem auch deshalb, weil Thierse, als Bundestagspräsident zu strenger Überparteilichkeit verpflichtet, weiterhin als Stellvertretender SPD-Parteivorsitzender amtierte. Das Bundesverfassungsgericht allerdings bestätigte die Rechtmäßigkeit dieses im Parteiengesetz ausdrücklich vorgesehenen Vorgehens.

Da die CDU/CSU-Bundestagsfraktion als stärkste Fraktion aus der Bundestagswahl 2005 hervorging, war seine Amtszeit am 18. Oktober 2005 beendet. Er wurde mit 417:136:52 Stimmen zum Vizepräsidenten des Bundestags gewählt. Am 27. Oktober 2009 wurde er dies erneut mit 371:170:65 Stimmen, dem schlechtesten Ergebnis aller fünf gewählten Stellvertreter.

Im Frühjahr 2005 besuchte eine von dem damaligen Bundestagspräsidenten Thierse angeführte Delegation das Mausoleum des verstorbenen chinesischen Diktators Mao Zedong.[8]

Wolfgang Thierse zog 1994, 1998 und 2009 über die Landesliste Berlin, in den anderen Fällen als direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises Berlin-Mitte – Prenzlauer Berg – Weißensee I (1990) bzw. Berlin-Pankow (seit 2002) in den Bundestag ein. Bei der Bundestagswahl 2005 erreichte er 41,1 % der Erststimmen. 2009 verlor er sein Direktmandat an Stefan Liebich von der Partei Die Linke. Am 28. August 2012 kündigte Thierse an, bei der Bundestagswahl 2013 nicht mehr zu kandidieren.[9]

Sonstiges Engagement

Thierse ist langjähriges persönlich hinzugewähltes Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Ehrenpräsident der Europäischen Bewegung Deutschland, deren Präsident er von 1998 bis 2000 war.[10], Schirmherr der Georg-Elser-Initiative Berlin und Mitglied des Kuratoriums von Aktion Deutschland Hilft e. V., dem Bündnis der Hilfsorganisationen und Mitglied des Beirats des Cusanuswerks. Seit Oktober 2000 ist Thierse Kuratoriumsvorsitzender der Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung, die 1994 durch den Deutschen Bundestag errichtet wurde.[11] Ferner ist er Vorsitzender des Vorstands des Kulturforums der Sozialdemokratie mit den Themenschwerpunkten Künstlerische und kulturpolitische Grundsatzfragen, Kulturpolitische Programmatik, Erinnerungskultur, Berlin-Kultur sowie Werte und Religion.[12] Er ist Mitglied im Ehrenrat von AMCHA Deutschland, der zentralen Organisation für die psychosoziale Hilfe von Überlebenden des Holocaust und ihren Nachkommen in Israel. Bis 2013 übernahm Thierse die Schirmherrschaft des Behandlungszentrums für Folteropfer.[13]

Privates

Thierse ist verheiratet, hat zwei Kinder und ist katholisch. Er wohnt im Berliner Ortsteil Prenzlauer Berg.

Seite „Wolfgang Thierse“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 28. August 2016, 21:18 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Wolfgang_Thierse&oldid=157458298 (Abgerufen: 4. September 2016, 21:34 UTC)

 


Rolf Schneider

 Rolf Schneider ist der Sohn eines Werkmeisters und einer Textilarbeiterin. Er wuchs in Wernigerode im Harz auf, wo er die Oberschule besuchte und in einem Volkseigenen Betrieb arbeitete. Von 1955 bis 1958 studierte er Germanistik und Pädagogik an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Er beendete das Studium mit dem Grad eines Diplom-Germanisten. Anschließend war er Redakteur der kulturpolitischen Zeitschrift Aufbau in Berlin. Seit 1958 ist er freier Schriftsteller.

 

Schneider war einerseits als Verfasser zahlreicher Hörspiele und Theaterstücke ein regimetreuer Autor, andererseits nahm er schon früh an Tagungen der Gruppe 47 teil und hatte die Möglichkeit, ins westliche Ausland (Bundesrepublik Deutschland, Österreich, Frankreich) zu reisen. Ab 1976 wurde seine Haltung gegenüber den Zuständen in der DDR zunehmend kritischer. Im November 1976 gehörte er zu den Erstunterzeichnern der Protestresolution von DDR-Autoren gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns, woraufhin seine Publikationsmöglichkeiten in der DDR von staatlicher Seite stark eingeschränkt wurden. 1979 erfolgte sein Ausschluss aus dem Schriftstellerverband der DDR. Schneider, der laut eigener Aussage weiterhin an die Reformierbarkeit der DDR glaubte, arbeitete in den folgenden Jahren vorwiegend als Theaterautor und Dramaturg an den Stadttheatern in Mainz und Nürnberg. Öffentliche Auftritte in der DDR waren nur noch im Rahmen kirchlicher Veranstaltungen der DDR-Protestbewegung möglich.

 

Nach der Wende wurde Rolf Schneider wieder in den Schriftstellerverband der DDR aufgenommen; er trat allerdings kurz darauf aus Protest gegen die fortwährende Präsidentschaft Hermann Kants endgültig aus dem Verband aus. Rolf Schneider ist Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland.

 

Schneider lebt in Schöneiche bei Berlin.

Seite „Rolf Schneider (Schriftsteller)“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 23. April 2016, 12:15 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Rolf_Schneider_(Schriftsteller)&oldid=153728290 (Abgerufen: 11. Dezember 2016, 09:51 UTC)

 


Wasja Götze

Götze arbeitete nach dem Studium an der Hochschule für Industrielle Formgestaltung in Halle (Saale) als Bühnenbildner, zunächst für die Volksbühne Berlin, dann für das Deutsche Theater Ostberlin und das Landestheater Halle. 1976 folgte in Halle/Saale die erste Einzelausstellung in der Galerie Marktschlößchen, die auf staatlichen Druck vorzeitig abgebrochen wurde. Nach der Unterschrift unter die Protestnote gegen die Biermann-Ausbürgerung 1976, weiteren Einzelausstellungen und teilweise durch staatliche Organe verbotenen Konzerten als Liedermacher wird ihm 1982 die Ausbürgerung aus der DDR angedroht, die er jedoch umgeht. An seinen ausgereisten Freund Kurt Bartsch schreibt er später, im Sommer 1989: „Wer jetzt aus der DDR abhaut, ist bekloppt! Hoffnungslosigkeit? Nicht die Spur! Wir wissen, dass wir dabei sein werden, wenn diese absurde Gesellschaft ihre letzte absurde Pirouette drehen und auf Arsch und Schnauze zugleich landen wird.“ [1]. In den 1980er Jahren hatte er sich zunehmend aus dem gegenkulturellen Leben zurückgezogen. „Obwohl Wasja Götze ahnte, vom Staatssicherheitsdienst beobachtet zu werden, ließ er keine Gelegenheit aus, unter seinen Berufskolleginnen und Kollegen, darüber hinaus unter Personen seines Umfeldes, den Reformdruck zu stärken, für den er in Halle (Saale) zum herausragenden Repräsentanten wurde.” [2] Er ist der Vater des Malers Moritz Götze.

Götze gilt als eine der originellsten Figuren der DDR-Gegenkultur der 1960er und 1970er Jahre. Er malte, schrieb Gedichte, komponierte, musizierte und agierte gegen staatlich verordnete kommunistische Engstirnigkeit. Die Petersberg-Rallye, eine künstlerisch inspirierte Fahrradrallye, die über Jahrzehnte ein subversiver Ausdruck gegen staatlichen Einheits-Druck darstellte, geht auf seine Initiative zurück. In seinen Bildern arbeitet er schon früh, neben Willy Wolff und Hans Ticha als einer der wenigen Künstler in der DDR, mit Stilelementen der der westlichen Pop Art. Diese kombiniert er oft mit Versatzstücken realsozialistischer Phänomene und persönlichen Erfahrungen und war deswegen schon staatlichen Organen ein Dorn im Auge. Insgesamt wurde er von 15 Inoffiziellen Mitarbeitern des MfS überwacht, die bei deren regelmäßigen „Walz-Touren“ mit seinem Freund Matthias Griebel in den Wäldern der DDR teilweise in Handlungsnot gerieten.[3] Seit den 1980er Jahren sind nur noch in unregelmäßigen Abständen Werke von ihm entstanden. In den 1990er Jahren folgten einige Ausstellungen; im Herbst 2008 die Veröffentlichung eines von ihm illustrierten Kinderbuches.

Seite „Wasja Götze“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 22. Juli 2015, 22:36 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Wasja_G%C3%B6tze&oldid=144289113 (Abgerufen: 5. September 2015, 08:31 UTC)


Eva-Maria Hagen

 Leben


Die Tochter pommerscher Landarbeiter wurde am Ende des Zweiten Weltkriegs mit ihrer Familie nach Perleberg in der Prignitz im Brandenburgischen vertrieben. Nach einer Lehre zur Maschinenschlosserin im Bahnbetriebswerk Wittenberge begann sie 1952 ein Schauspielstudium in Ost-Berlin, wo sie 1953 unter der Leitung von Bertolt Brecht im Berliner Ensemble im Stück Katzgraben von Erwin Strittmatter spielte. 1954 heiratete sie den Drehbuchautor Hans Oliva-Hagen. Aus der fünfjährigen Ehe ging die 1955 geborene Tochter Catharina hervor, die später unter dem Namen Nina Hagen als Schauspielerin und Sängerin bekannt wurde. 1956 setzte Eva-Maria Hagen ihr Schauspielstudium an der Fritz-Kirchhoff-Akademie in West-Berlin fort. 1957 begann ihre Karriere als Schauspielerin in der DEFA-Filmkomödie Vergeßt mir meine Traudel nicht unter Kurt Maetzig. Von 1957 bis 1965 wirkte sie in etwa 50 Film- und Fernseh-Produktionen mit. 1958 erhielt Eva-Maria Hagen ein Engagement am Maxim-Gorki-Theater in Berlin. Von Natur aus dunkelhaarig, musste sie meist in die Rollen von busenbetonten Blondinen schlüpfen, weshalb sie bald als „Brigitte Bardot der DDR“ galt. Sie war unter anderem beim Filmfestival in Karlovy Vary als Stargast anwesend. 1961 war sie das erste Mitglied bei Gründung des Schauspiel-Ensembles des Fernsehfunks Berlin-Adlershof.

 

1965 begegnete sie dem Liedermacher Wolf Biermann, der ein halbes Jahr später durch das 11. Plenum der SED ein Auftritts- und Publikationsverbot erhielt. Hagen fand Zugang zu Biermanns kritischem Geist und seinem Liedgut. Beide waren von 1965 bis 1972 Lebenspartner. Während Biermanns Auftrittsverbot bestritt sie dessen Krankenversicherungsbeiträge und geriet zunehmend in die Schusslinie der DDR-Führung. Gegen sie wurde ein Prozess wegen „Staatsverleumdung“ geführt und ihre Engagements fanden vornehmlich in Provinztheatern statt. Ihr späteres Buch Eva und der Wolf wird als sehr offenes Bekenntnis zu ihrer Beziehung bezeichnet und beinhaltet ihren regen Briefverkehr mit Wolf Biermann, der ein Vorwort beitrug. Den Berichten Hagens ist zu entnehmen, dass die Beziehung zu Biermann insbesondere an dessen wiederholten Versuchen, aus seiner Eva eine Frau nach seiner damaligen Idealvorstellung zu formen, gescheitert sein könnte.

 

Ende 1976 wurde sie aufgrund ihres Protestes gegen die kurz zuvor erfolgte Ausbürgerung Biermanns fristlos aus ihrer Arbeit entlassen. Ihr erging es dabei ähnlich wie zahlreichen anderen Künstlern der DDR. 1977 wurde sie aus der Staatsbürgerschaft der DDR entlassern und siedelte zusammen mit ihrer Tochter Nina in die Bundesrepublik Deutschland über. Ihre künstlerische Karriere und ihre Bekanntheit wurden durch die Ausbürgerung zwar zurückgesetzt, aber sie blieb dennoch ihrem Fach treu. Es schlossen sich außerdem bald wieder Engagements in kleinen Theatern und Fernsehrollen an. Sie wirkte auch bei Musikauftritten an der Seite von Wolf Biermann mit, unter anderem im November 1989 kurz nach dem Mauerfall in einer Halle der Leipziger Messe, und schuf außerdem eigene Musikaufnahmen. Hagen lebte zeitweise mit dem Regisseur Matti Geschonneck, später mit dem Pianisten Siegfried Gerlich zusammen, ist heute alleinstehend und lebt in Hamburg, Berlin und der Uckermark.


1997 erhielt sie aufgrund ihrer musikalischen Brecht-Hommage von den Goethe-Instituten in Irland, Schottland, England, Schweden und der Ukraine Einladungen für Konzerte. 1998 ging sie in 50 deutschen Städten auf Lesung mit ihrem Buch Eva und der Wolf. Weiterhin spielte sie im Fernsehfilm Ein Mann für gewisse Sekunden mit. 1999 gab es einen Auftritt mit Brecht-Bezug im Rahmen der Hamburger Kammerspiele. (Seite „Eva-Maria Hagen“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 18. Mai 2015, 10:21 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Eva-Maria_Hagen&oldid=142181312 (Abgerufen: 15. Juni 2015, 21:18 UTC))


Nina Hagen

Nina Hagen wurde als Tochter der Schauspielerin Eva-Maria Hagen und des Drehbuchautors Hans Oliva-Hagen 1955 im Ost-Berliner Bezirk Friedrichshain geboren. Sie wollte in der DDR ursprünglich Schauspielerin werden, doch wurde ihr Antrag von der Schauspielschule ohne Begründung abgelehnt. Der zuständige MfS-Offizier hatte den Vermerk „Verhindern!“ auf den Aufnahmeantrag geschrieben, da der Dissident Wolf Biermann der Lebensgefährte ihrer Mutter war und auch Nina Hagen somit als politisch unzuverlässig galt.[5] Danach sang sie bei einigen Bands in Polen und kam dadurch zum Orchester Alfons Wonneberg.

 

1974 beendete Hagen eine einjährige Gesangsausbildung am Zentralen Studio für Unterhaltungskunst als staatlich geprüfte Schlagersängerin; ihr Stimmumfang wird von der Presse mit vier Oktaven angegeben.[6] Hagen wurde bei einem Konzert von der Gruppe Automobil entdeckt und sofort engagiert. Ihre erste Veröffentlichung war der beim ostdeutschen Plattenlabel Amiga herausgegebene Titel Du hast den Farbfilm vergessen, den zwei der Bandmitglieder geschrieben hatten.[5] 1975 verließ sie Automobil und wechselte zu Fritzens Dampferband. Eine öffentliche Solidaritätsbekundung für den verfemten Wolf Biermann, der 1976 aus der DDR ausgebürgert wurde, brachte Hagen ins Abseits, so dass sie am 28. Dezember des gleichen Jahres die Chance nutzte, in den Westen zu emigrieren. Sie ging zunächst nach Großbritannien und war dort in der Punkszene unterwegs.

 

Nach ihrer Übersiedlung in die Bundesrepublik gründete sie im Herbst 1977 zusammen mit den Kreuzberger Musikern Bernhard Potschka, Herwig Mitteregger, Manfred „Manne“ Praeker, die zuvor bei Lokomotive Kreuzberg gespielt hatten, und Reinhold Heil die Nina Hagen Band. 1978 erschien das international beachtete Album Nina Hagen Band. Nicht viel später überwarf die Sängerin sich mit den vier Musikern, die ihr Unberechenbarkeit und egozentrische Starallüren vorwarfen. Da mit der Plattenfirma CBS jedoch bereits ein zweites Album vertraglich vereinbart war, wurden die Aufnahmen dafür zunächst durch die vier Musiker eingespielt, später wurde – in Abwesenheit der vier Musiker – Hagens Gesang aufgenommen. Der Titel des 1979 erschienenen Albums ist Unbehagen. In den 1980er Jahren konnten die vier Musiker unter dem Bandnamen Spliff ohne Hagen große Erfolge verzeichnen. In den 1980er und 1990er Jahren machte Hagen durch ihre UFO-Theorien, ihr großes Interesse an der Spiritualität und Religion sowie ihr Engagement für den Tierschutz auf sich aufmerksam. Diese Einflüsse finden sich auch auf den zahlreichen, mit unterschiedlichsten Musikern eingespielten Plattenveröffentlichungen dieser Zeit.

 

Zwischen 1980 und 1986 lebte Hagen vorwiegend in den USA, London und den Niederlanden und trat in dieser Zeit auch häufig in den USA auf. 1983 erschien ihre LP Angstlos, in der englischen Version Fearless; mit dem gleichnamigen Programm tourte sie 1984 durch USA und Europa. 1985 trat Hagen bei der Premiere von Rock in Rio vor rund 300.000 Zuschauern auf. 1986 kehrte sie nach Deutschland zurück. Sie stilisierte sich, beraten vom Mode-Designer Jean Paul Gaultier, als Punk-Rock-Diva. Auf ihren nächsten Schallplatten gab sie sich kosmopolitisch, sang mal Deutsch, mal Englisch, schlug sich zur Präsidentin vor (Street, 1991). 1993 unternahm sie mit dem Album Revolution Ballroom und dem Produzenten Phil Manzanera einen neuen Anlauf. 1996 sang sie auf dem BAP-Album Amerika gemeinsam mit Wolfgang Niedecken den Titel Weihnachtsnaach, eine Coverversion des Pogues-Titels Fairytale of New York.[7] 1997 sang sie mit Thomas D den Song Solo, der später auch als Single ausgekoppelt wurde, für dessen gleichnamiges Album ein.

 

Zum 100. Geburtstag des Dramatikers Bertolt Brecht zog es sie Anfang 1998 zurück in ihre Geburtsstadt Berlin. Zusammen mit der Schauspielerin und Chansonsängerin Meret Becker gab sie im Berliner Ensemble den Punk-Brecht-Abend Wir heißen beide Anna und dialogisierte mit dem Dichter. 1999 sang sie für ein CD-Doppelalbum der Dreigroschenoper mit Max Raabe als Mackie Messer und dem Ensemble Modern unter HK Gruber die Sopran-Partie der Celia Peachum, getreu der Originalpartitur von Kurt Weill. 1998 spielte Hagen für den Berliner Fußballverein 1. FC Union Berlin eine neue Vereinshymne ein.[8]

 

Im März 2000 präsentierte sie, barfuß im seidenen Sari, auf der Bühne des von Räucherstäbchen eingenebelten Berliner Ensembles vor einem Altar mit Opfergaben eine „Indische Nacht“. Ein Teil der dort vorgestellten Gesänge erschien ausschließlich auf Hagens Website, deren Erlös zur Hälfte dem Babaji-Ashram, einem deutschen Hospiz, brasilianischen Straßenkindern, Kinderkrankenhäusern in Indien und Tschernobyl zugutekommen sollte. Der Filmemacher Peter Sempel drehte einen experimentellen Dokumentarfilm, Nina Hagen – Punk & Glory, der die Jahre 1994 bis 1999 dokumentiert, über Nina Hagen, ihre Familie und die Wegbegleiter. In den Vordergrund rückte sie auch wieder durch die Zusammenarbeit mit Thomas D und den Bands Oomph! und Apocalyptica.

 

2001 sprach Hagen für die Rilke-Projekt-CD Bis an alle Sterne die Gedichte Die Welt die monden ist und Wie das Gestirn ein. Im Dezember 2002 erschien die Biografie Nina Hagen. That’s Why the Lady Is a Punk vom Schriftsteller Marcel Feige in enger Zusammenarbeit mit Hagen. Das Buch wurde 2003 mit dem Literaturpreis Corine ausgezeichnet. 2002 sang Hagen ein Remake des Klassikers Kriminaltango im Duett mit dem Schweizer Sänger Michael von der Heide. 2005 gastierte Hagen auf Frank Zanders Album Rabenschwarz II und sang mit ihm eine Coverversion des Schlagers Liebeskummer lohnt sich nicht von Siw Malmkvist. Des Weiteren war sie 2005 Stargast des Berliner Yogafestivals[9] und des Wiener Life Ball, wo sie unter anderem Falcos Ganz Wien (… ist heut auf Heroin) und mit Omara Portuondo, Marianne Faithfull und Chaka Khan den John Lennon-Klassiker Imagine sang.

 

2006 und 2007 war Hagen Jury-Mitglied bei der Casting-Show Popstars. 2006 begann sie eine musikalische Zusammenarbeit mit The Capital Dance Orchestra. Mit dem Album Irgendwo auf der Welt sang sie Filmschlager im neuen Gewand im Big-Band-Sound. Mit dem gleichnamigen Konzertprogramm ging sie 2006 mit dem Orchester im deutschsprachigen Raum auf Tournee. Im März 2008 veranstaltete Hagen in Berlin eine Aufklärungsshow, die sie später über das Internet publizierte (Nina Hagen unzensiert). Dort kritisierte sie öffentlich die Medien, die ihrer Meinung nach nicht verfassungsgerecht über aktuelle Ereignisse in der Politik und Wirtschaft berichteten. Am 17. Mai 2008 präsentierte Nina Hagen auf dem Wiener Life Ball den Song Kinky Melody, der auch auf einer CD des Modelabels Agent Provocateur erschien.

 

2009 erschien ihre englischsprachige CD Personal Jesus, auf der sie bekannte Gospel- und Blues-Stücke neu interpretierte. Die Süddeutsche Zeitung schrieb am 9. Juli 2010 darüber: „Dabei zwingt sie den Hörern ihren neugefundenen christlichen Glauben mit einer Kraft auf, der man sich nur schwer entziehen kann. Das kann sie, weil sie eine Stimme hat, die von der Kälte einer Grace Jones bis zur Raserei einer frühen Tina Turner sämtliche emotionalen Register beherrscht.“[10] Am 18. März 2010 erschien Hagens Autobiographie mit dem Titel Bekenntnisse. 2011 zeigte der Fernsehsender Arte die Dokumentation Nina Hagen. Godmother of Punk. Die Zeitung Die Welt schrieb darüber am 16. August 2011 „Außerdem ist Nina Hagen, aus der Ferne betrachtet, ungemein witzig. Keine bloße Lachnummer. Eine Komödiantin vor dem Herrn.“[11]

 

Hagen engagiert sich für die Entschädigung der Duogynon-Opfer.[12] Sie ist Fördermitglied der Coordination gegen Bayer-Gefahren.[13] Am 10. September 2011 trat sie im Programm der Freiheit-statt-Angst-Demonstration für Bürgerrechte auf dem Berliner Alexanderplatz auf.[14] Am 31. Januar 2012 fand in Berlin die Premierenveranstaltung des Patientenverfügungs-Kinospots des Landesverbandes Psychiatrie-Erfahrener Berlin-Brandenburg e. V. statt. Die spezielle Patientenverfügung PatVerfü und der Kinospot mit Hagen werden unter anderem mit Flyern, auf denen ihr Konterfei und der Slogan „PatVerfü – Geisteskrank? Ihre eigene Entscheidung!“ zu sehen ist, beworben und erhielt im April 2012 aufgrund diverser Differenzen einen neuen Abspann.[15] Von 2013 bis 2014 setzte sich Hagen für die Freilassung und Rehabilitierung der Psychiatrie-Opfer Ilona Haslbauer und Gustl Mollath ein.[16][17]

 

Seite „Nina Hagen“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 25. April 2017, 18:29 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Nina_Hagen&oldid=164913187 (Abgerufen: 30. Mai 2017, 17:03 UTC)

 


Robert Havemann

Robert Havemann (eigentlich: Robert Hans Günther Havemann; * 11. März 1910 in München; † 9. April 1982 in Grünheide) war ein deutscher Chemiker, Kommunist, Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus (Rote Kapelle und Widerstandsgruppe Europäische Union) und Regimekritiker in der DDR.

 

 

 

Leben und Werk

 

 

Familie und Ausbildung

 

 

Havemann war der Sohn der Kunstmalerin Elisabeth Havemann (geb. von Schönfeldt) und des Lehrers, Redakteurs und Schriftstellers Hans Havemann (1887–1985), der unter anderem das dadaistische Stück Weltgericht: Die Tragödie der Urlaute AEIOU unter dem Pseudonym Jan van Mehan veröffentlichte.[1] 1929 begann Robert Havemann ein Studium der Chemie in München, wechselte 1931 nach Berlin und schloss dort 1933 sein Studium ab. Am 16. Oktober 1935 wurde er an der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität promoviert.[2][3]

 

1934 heirateten Robert Havemann und Antje Hasenclever. 1947 wurde die Ehe geschieden. Zwei Jahre später heirateten Havemann und Karin von Trotha, geborene von Bamberg (* 1916). Diese Ehe wurde 1966 geschieden; ihr entstammen die Kinder[4] Frank Havemann (* 1949), Florian Havemann (* 1952) und Sibylle Havemann (* 1955, sie hat zwei gemeinsame Kinder mit Wolf Biermann). Von 1962 bis 1971 war er mit Brigitte Martin liiert. Er ist der Vater ihrer beiden Töchter.

 

Am 26. April 1974 heirateten Robert Havemann und Annedore (Katja) Grafe.

 

 

NS-Diktatur

 

 

1933 begann er bei dem Kolloid­forscher Herbert Freundlich eine Dissertation über „Ideale und reale Eiweißlösungen“ am Kaiser-Wilhelm-Institut für Physikalische Chemie und Elektrochemie. Bereits vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten trat er der späteren Widerstandsgruppe Neu Beginnen bei. Freundlich emigrierte Ende Juli 1933[5] und Havemann musste[6], wie alle anderen noch verbliebenen Mitarbeiter, das Institut nach einer Umstrukturierung verlassen. Zuvor denunzierte er im Sommer 1933 das Vorhaben Freundlichs, sich einige mit Geldern der Rockefeller-Stiftung erstandenen Apparate am KWIcPh durch Fritz Haber und Max Planck in das Exil nach London nachschicken zu lassen. Das Vorhaben wurde dadurch verzögert. Dank eines DFG-Stipendiums wurde er 1935 aufgrund einer erfolgreich verteidigten physikalisch-chemischen Dissertation in Berlin promoviert.

 

Danach arbeitete er sechs Jahre, von 1937 bis 1943, an einer wissenschaftlichen Arbeit zu einem Giftgas-Projekt des Heereswaffenamtes und habilitierte sich im März 1943.[7]

 

1943 initiierte Havemann die Widerstandsgruppe „Europäische Union“. Über seinen Neffen Wolfgang Havemann stand er auch in regelmäßigem Kontakt mit Arvid Harnack und anderen aus der Berliner Roten Kapelle.[8] Nachdem die Gestapo Informationen über seine konspirative Tätigkeit erhalten hatte, wurde er am 5. September 1943 in Berlin festgenommen und zunächst im Gestapo-Gefängnis in der Prinz-Albrecht-Straße 8 und später im Zuchthaus Brandenburg-Görden inhaftiert, wo er seine Forschungsarbeit in einem eigens für ihn hergerichteten Laboratorium fortsetzte. Am 16. Dezember 1943 wurde er vom Volksgerichtshof unter Roland Freisler wegen Hochverrats zum Tode verurteilt. Durch die Fürsprache mehrerer Behörden, insbesondere von Prof. Wolfgang Wirth, Oberstarzt beim Heereswaffenamt, konnte für Havemann bis Kriegsende mehrmals ein Aufschub der Urteilsvollstreckung erreicht werden. Dabei wurde argumentiert, Havemann werde für „kriegswichtige“ Forschung benötigt[9][10]. Während des Krieges wurde er aus den Vereinigten Staaten durch Gerhard Bry (1911–1996) mit wissenschaftlichen Publikationen und Lebensmittelsendungen versorgt.[11] Am 27. April 1945 befreite ihn die Rote Armee.

 

 

 

Leben zwischen 1945 und 1965

 

 

1945 übertrug man ihm die Leitung des Kaiser-Wilhelm-Institutes für Physikalische Chemie und Elektrochemie, des heutigen Fritz-Haber-Instituts der Max-Planck-Gesellschaft, in Berlin-Dahlem und die Leitung aller in Berlin verbliebenen Kaiser-Wilhelm-Institute. Aus dieser Position heraus entwickelte er einen Plan zur Rettung der in Berlin verbliebenen Kaiser-Wilhelm-Institute, den der Bildungsreformer Fritz Karsen aufgriff und darauf aufbauend den Plan für eine Deutsche Forschungshochschule entwickelte.

 

 

Am 10. April 1947 sagte Havemann als Zeuge der Anklage im Nürnberger Juristenprozess gegen Ernst Lautz aus.

 

 

Im Herbst 1947 ging die Zuständigkeit für die Dahlemer Kaiser-Wilhelm-Institute von der Alliierten Kommandantur bzw. der ausführenden Gesamtberliner Stadtverwaltung auf den amerikanischen Stadtkommandanten über. Dieser verfügte im Januar 1948 Havemanns Entlassung als Leiter der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (des Dachverbands der Institute). „Die amerikanische Militärregierung begründete diesen Schritt damit, dass er das vom Alliierten Kontrollrat erlassene ‚Gesetz zur Regelung und Überwachung der naturwissenschaftlichen Forschung‘ (Gesetz Nr. 25) nur unzureichend befolgt hätte.“[12] Seine Stelle als Leiter der Abteilung für Kolloidchemie und Biomedizin am Kaiser-Wilhelm-Institut für Physikalische Chemie und Elektrochemie durfte er bis zu seinem Ausscheiden im Jahre 1950 behalten.

 

Im Januar 1950 erhielt Robert Havemann wegen seiner Agitation gegen die Wasserstoffbombe der USA Berufsverbot und Hausverbot, das der für Volksbildung zuständige Stadtrat Walter May (SPD) unter anderem wie folgt begründete:

 

„Ich habe mit Bedauern festgestellt, daß Sie das Neue Deutschland zu Ihrem Publikationsorgan gewählt haben (s. Aus. 5.2.50), d. h. die Berliner Tageszeitung, die systematisch die freiheitliche Bevölkerung Berlins und ihre Körperschaften mit Schmutz bewirft. Besonders die Einleitung Ihres Aufsatzes zeigt eine auffallende Anpassung an die im Neuen Deutschland übliche Terminologie. Ich kann nur einen von Ihnen bewußt herbeigeführten Affront erblicken, mit dem Sie das Vertrauen zerstören, das ich als Voraussetzung für Ihre Tätigkeit an einem Dahlemer Institut für unerläßlich halte.“

 

– Walter May: Brief vom 27. Februar 1950[13]

 

 

Noch im gleichen Jahr wurde er zum Direktor des Instituts für Physikalische Chemie an der Humboldt-Universität in Ost-Berlin und zum Ordinarius für Physikalische Chemie ernannt. 1951 trat er der SED bei.[14] Bei dieser Gelegenheit deklarierte man rückwirkend eine Parteimitgliedschaft Havemanns in der KPD seit 1932.

 

 

Von 1946 bis 1963 arbeitete Havemann mit dem KGB, dem Ministerium für Staatssicherheit und der Armeeaufklärung der DDR zusammen. So lieferte er als „Geheimer Informator“ (GI, Deckname „Leitz“) der Staatssicherheit bei 62 Treffen mit seinem Führungsoffizier mehr als 140 Einzelinformationen – darunter an 19 Treffen auch belastende personenbezogene Angaben. Dies geht aus einer 2005 erschienenen Studie der Bundesbehörde für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR hervor, die erstmals im Detail die Inhalte und Intensität der bereits seit den 1990er Jahren öffentlich bekannten inoffiziellen Stasi-Mitarbeit Havemanns untersucht.[15] Havemann hatte demnach den Auftrag, über Stimmungen im ostdeutschen Wissenschaftsbetrieb zu berichten, und wurde gezielt auf westdeutsche Wissenschaftler angesetzt. In seinen Berichten belastete er unter anderem DDR-Wissenschaftler mit Aussagen über deren eventuelle Absicht, aus der DDR zu fliehen.[16]

 

Er war Mitglied im Wissenschaftlichen Rat für die friedliche Anwendung der Atomenergie. Bis 1963 war er Mitglied der Volkskammer der DDR und wurde 1959 mit dem Nationalpreis der DDR ausgezeichnet. Seit 1950 war er Mitglied des Deutschen Friedenskomitees (später Friedensrat der DDR) und besuchte zusammen mit Gerald Götting im Januar 1960 Albert Schweitzer in Gabun.

 

 

Ausschluss aus der SED 1964

 

 

Im Wintersemester 1963/64 hielt Havemann an der Humboldt-Universität eine Vorlesungsreihe mit dem Thema Naturwissenschaftliche Aspekte philosophischer Probleme (veröffentlicht in der Bundesrepublik unter dem Titel: Dialektik ohne Dogma?). In der Bundesrepublik erschien ein kritisches Zeitungs-Interview mit ihm. Daraufhin wurde am 12. März 1964 eine außerordentliche Mitgliederversammlung der SED-Parteiorganisation an der Ostberliner Humboldt-Universität einberufen. Diese beschloss, Havemann aus der Partei auszuschließen, da er „unter der Flagge des Kampfes gegen den Dogmatismus von der Linie des Marxismus-Leninismus“ abgewichen sei und sich des „Verrats an der Sache der Arbeiter- und Bauernmacht schuldig gemacht“ habe.

 

Das Staatssekretariat für das Hoch- und Fachschulwesen der DDR beschloss am 12. März 1964, Havemann seinen Lehrauftrag zu entziehen, und begründete dies am 13. März 1964 unter anderem wie folgt:

 

„Indem er öffentlich in Interviews mit westlichen Pressevertretern unsere Arbeiter- und Bauernmacht verleumdete und es nicht für unter seiner Würde hielt, sich der Publikationsorgane in Westdeutschland zu bedienen und damit die gegen die DDR gerichteten Pläne der Militaristen und Revanchisten zu unterstützen, hat er die mit seiner Berufung übernommene Verpflichtung und die gesetzlich festgelegten Pflichten eines Hochschullehrers der DDR gröblichst verletzt.“

 

Bereits Anfang Februar 1964 hatte die SED im Zusammenhang mit Havemanns philosophischer Vorlesungsreihe über das Thema Allgemeine Freiheit, Informationsfreiheit und Dogmatismus scharfe Vorwürfe gegen ihn erhoben. Zu diesen Vorwürfen und seiner Absicht bei der Vortragsreihe hatte Havemann am 6. März 1964 mit dem Hamburger Rechtsanwalt Karl-Heinz Neß (Ness) ein Gespräch geführt, das dieser angeblich unautorisiert der Zeitung Hamburger Echo als Interview verkaufte. Die Gesprächsnotiz wurde am 11. März 1964 veröffentlicht und von Havemann nachträglich dementiert.[17]

 

Berufsverbot und Hausarrest

 

 

Havemann erhielt 1965 ein Berufsverbot und wurde am 1. April 1966 aus der Akademie der Wissenschaften der DDR ausgeschlossen. In den Folgejahren veröffentlichte er in westdeutschen Medien zahlreiche SED-kritische Publikationen in Form von Zeitungsbeiträgen und Büchern (unter anderem Fragen Antworten Fragen; Robert Havemann: Ein deutscher Kommunist; Morgen).

 

 

1976 protestierte er gegen die Ausbürgerung seines Freundes, des regimekritischen Liedermachers Wolf Biermann, aus der DDR. Havemann tat dies in Form eines Appells an den Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker, den er am 22. November 1976[18] im westdeutschen Nachrichtenmagazin Der Spiegel veröffentlichte.[19]

 

 

Wegen der Sammlung von Nachrichten (§ 98 StGB-DDR) aufgrund von Havemanns Kontakten zu westdeutschen Medien verhängte das Kreisgericht Fürstenwalde, da eine Haftstrafe aufgrund seiner durch eine Tuberkuloseerkrankung bedingten Haftunfähigkeit ausgeschlossen war, am 26. November 1976 wegen „Aktivitäten […], die die öffentliche Sicherheit und Ordnung bedrohen“,[20] eine unbefristete Aufenthaltsbeschränkung, was einem Hausarrest auf seinem Grundstück in der Burgwallstraße in Grünheide entsprach. Sein Haus und seine Familie (und auch die Familie seines Freundes Jürgen Fuchs, die er 1975 in sein Gartenhaus aufnahm) wurden rund um die Uhr von der Stasi überwacht. Nach drei Jahren wurde der Hausarrest zwar aufgehoben, doch die Überwachung wurde fortgesetzt. Die Staatssicherheit legte zudem eine Liste von über 70 DDR-Bürgern an, denen der Zutritt zum Haus Havemanns verwehrt wurde. Mit Diplomaten und Journalisten Kontakt aufzunehmen wurde Havemann ebenfalls untersagt.

 

 

Auch wurde 1979 ein Strafverfahren wegen „Devisenvergehen“ eröffnet. Dies diente hauptsächlich der Unterdrückung von Havemanns Veröffentlichungen in der Bundesrepublik Deutschland. 1982 trat er gemeinsam mit dem Pfarrer Rainer Eppelmann im „Berliner Appell“ für eine unabhängige gesamtdeutsche Friedensbewegung ein. Kurz darauf starb Havemann. Bei seinem Begräbnis auf dem Grünheider Friedhof, Am Schlangenluch, fanden sich rund 250 Trauergäste ein, die im Rahmen der permanenten Überwachung ebenfalls fotografisch von der Staatssicherheit erfasst wurden. Am 28. November 1989 erfolgte durch die Zentrale Parteikontrollkommission (ZPKK) der SED seine postume Rehabilitierung. Im Jahr 2000 wurden zwei ehemalige DDR-Staatsanwälte aufgrund des Hausarrestes wegen Rechtsbeugung zu Haftstrafen verurteilt.

 

 

 

Seite „Robert Havemann“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 1. Januar 2019, 21:31 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Robert_Havemann&oldid=184285653 (Abgerufen: 18. April 2019, 17:26 UTC)

 


Stephan Hermlin

 

Als Sohn jüdischer Einwanderer wuchs Hermlin in Chemnitz und in Berlin auf. 1931 trat er in den kommunistischen Jugendverband ein. Von 1933 bis 1936 absolvierte er eine Lehre als Drucker; zur gleichen Zeit arbeitete er im Widerstand. 1936 emigrierte er nach Palästina, Frankreich und in die Schweiz.

Nach seiner Rückkehr nach Deutschland 1945 arbeitete Hermlin als Rundfunkredakteur in Frankfurt am Main. Seit 1947 lebte Hermlin in Ost-Berlin und war Mitarbeiter in den Zeitschriftenredaktionen der „Täglichen Rundschau“ (Tageszeitung der Sowjetischen Militäradministration), von „Ulenspiegel“, „Aufbau“ sowie „Sinn und Form“. Hermlin arbeitete in wichtigen Gremien der sowjetischen Besatzungszone und wurde nach 1949 schnell einer der einflussreichsten Schriftsteller der neu gegründeten DDR. 1949 schrieb er sein berühmtes Gedicht Die Asche von Birkenau, das von Günter Kochan vertont wurde. Als enger Freund von Erich Honecker verstand sich Hermlin zu dieser Zeit als Protagonist sozialistischer Kulturpolitik, engagierte sich aber auch als Mittler zwischen Literatur und Politik.

Im August 1961 rechtfertigte Hermlin in einem offenen Brief an Wolfdietrich Schnurre und Günter Grass den Bau der Berliner Mauer.[1] Im Dezember 1962 gehörte Hermlin zu den Initiatoren einer aufsehenerregenden Lesung junger Lyriker (unter anderem mit Wolf Biermann, Volker Braun, Bernd Jentzsch, Sarah Kirsch, Karl Mickel) in der Akademie der Künste der DDR, die die Lyrik-Welle der 1960er Jahre einleitete. Hermlin wurde daraufhin von seiner Funktion als Sekretär der Klasse Dichtkunst und Sprachpflege der Akademie entbunden. 1968 kritisierte Hermlin die Niederschlagung des Prager Frühlings, machte dies aber nicht öffentlich.

1976 gehörte Hermlin zu den Initiatoren des Protestes prominenter Schriftsteller gegen die Ausweisung von Wolf Biermann.[2][3] Nach seinem Engagement für Wolf Biermann erhielt Stephan Hermlin eine strenge Parteirüge und wurde fortan noch gründlicher von der Stasi überwacht. Er wurde jedoch nicht aus der SED ausgeschlossen und äußerte sich weiterhin als überzeugter Kommunist.[3] Gegen die offizielle Politik der Ost-West-Konfrontation organisierte Hermlin im Dezember 1981 die Berliner Begegnung zur Friedensförderung, ein deutsch-deutsches Schriftstellertreffen.

Hermlin war Mitglied des Schriftstellerverbandes der DDR, der Akademie der Künste der DDR und seit 1976 auch der Akademie der Künste West-Berlin.

1996 behauptete der hessische Literaturredakteur Karl Corino in einem ZEIT-Artikel (und im Anschluss in einem Buch) Hermlin habe behauptet, sein Vater sei im KZ umgekommen, er selber habe im Spanischen Bürgerkrieg gekämpft und sei ein aktives Mitglied der französischen Résistance gewesen. Corino berief sich dabei zwar im Wesentlichen auf die autobiographisch konnotierte Textsammlung „Abendlicht“, seine Kritik beruhte also auf fiktionalen Texten und nicht auf nachweisbaren Behauptungen Hermlins, jedoch blieb der Vorwurf zurück, Hermlin habe es lange Zeit kommentarlos hingenommen, dass Biographen und Philologen das literarische Material für wahr hielten. Nach der deutsch-deutschen Diskussion um Christa Wolfs Erzählung Was bleibt 1990 und der Literatur-Stasi-Debatte ab 1991 leitete die Kontroverse um Hermlin 1996 die dritte große Literaturdebatte der deutschen Einheit ein. (Seite „Stephan Hermlin“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 16. April 2015, 11:26 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Stephan_Hermlin&oldid=140912294 (Abgerufen: 9. Mai 2015, 20:15 UTC) )

 


Peter Graf

 

 

1937 in Crimmitschau geboren, 1952, nach dem Tod seines Vaters, zog er mit Mutter und Bruder nach Dresden um, wo er seine Freunde Christian Hempel, Peter Herrmann, Jürgen Böttcher (Strawalde), Aghate Böttcher, Ralf Winkler (A.R. Penck), Peter Makolies, und Winfried Dierske kennenlernte. Graf war Mitglied der Künstlergruppe Erste Phalanx Nedserd. 1956 wurde Graf auf die Kunsthochschule Berlin-Weissensee aufgenommen, wurde jedoch nach einem Jahr bereits wieder exmatrikuliert (wie auch sein Freund Baselitz, der sein Studium in West-Berlin fortsetzte).

Ab 1957 lebte Peter Graf wieder in Dresden, wo er seinen Lebensunterhalt durch Arbeit als Transportarbeiter, LKW-Fahrer, Lagerist und Gabelstaplerfahrer sicherte und nach Feierabend malte. Dadurch gelang es ihm, künstlerisch von der Gängelung durch das DDR-Regime unabhängig zu bleiben. Peter Graf wurde zu einem Geheimtipp in Künstler- und Intellektuellenkreisen der DDR. Jürgen Böttcher porträtierte ihn 1961 in seinem verbotenen Kurzdokumentarfilm Drei von vielen. Im Jahr 1976 gehörte er mit seinen Dresdner Freunden zu den Unterzeichnern des Offenen Briefes, mit dem zahlreiche Kunstschaffende, Schriftsteller und Schauspieler in der DDR gegen die Ausbürgerung von Wolf Biermann protestierten.

Peter Graf lebte und arbeitete seit 1985 freischaffend als Maler und Grafiker in Dresden. Ab 1996 mit seinem Atelier in Radebeul (Gewerbehof Alte Radebeuler Schuhfabrik), lebt er seit 2002 mit seiner Frau, der Malerin Karen Graf, und den zwei Söhnen in Radebeul.[1]

Seite „Peter Graf (Maler)“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 23. November 2015, 20:44 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Peter_Graf_(Maler)&oldid=148330525 (Abgerufen: 23. Juli 2016, 16:52 UTC)


Heiner Sylvester

 

Einen interessanten Artikel über Heiner Sylvester finden Sie unter:

 

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13511364.html

 

 


Matthias Storck

Matthias Storck besuchte das Evangelisches Gymnasium Hermannswerder. Mit 17 Jahren begann er zunächst eine Buchhändlerlehre in Leipzig, bevor er im Herbst 1976 sein Theologiestudium in Greifswald aufnahm; zu dieser Zeit stand er noch unter dem Eindruck der Selbstverbrennung des Pfarrers Oskar Brüsewitz in Zeitz und der Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann. Schon während seiner Schulzeit trat er im SED-Staat für seine Überzeugungen ein. Storck wurde von einem Freund, dem Pfarrer Frank Rudolph, der als Stasi-IM mit dem Decknamen "Klaus" denunzierte, verraten. Als Student wurden er und seine spätere Frau in Greifswald wegen ihres Engagements gegen den Wehrkundeunterricht in der DDR unter dem Vorwurf des geplanten „ungesetzlichen Grenzübertritts“ im Oktober 1978 verhaftet. Nach 14 Monaten in Haft im Zuchthaus Cottbus wurde er von der Bundesregierung im Dezember 1979 aus der Haft freigekauft und in die Bundesrepublik Deutschland entlassen. Matthias Storck beendete sein Theologiestudium in Münster und war von 1988 bis 2006 Pfarrer in Kirchlengern. Seit 2006 ist er Pfarrer an der evangelisch-lutherischen Marien-Kirchengemeinde Stiftberg in Herford. Im Juli 2019 kündigte er seinen Rücktritt an. Nach Aufgabe seines Amtes zum 1. Oktober 2019 zieht er nach Bielefeld, von wo aus er Vertretungen im Kirchenkreis Halle übernehmen könnte, sofern sich sein Zustand bessert. Seine Erfahrungen verarbeitete er in zwei autobiografischen Büchern. Matthias Storck ist verheiratet und hat drei erwachsene Kinder.

Seite „Matthias Storck“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 31. Juli 2019, 12:12 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Matthias_Storck&oldid=190917974 (Abgerufen: 12. August 2019, 15:51 UTC)


Erich Arendt

Erich Otto Reinhold Arendt war der Sohn eines Schulhausmeisters und einer Waschfrau. Die Lebensbedingungen der Familie waren ärmlich, man wohnte eine Zeitlang in einer feuchten Kellerwohnung. [1] Bereits als Jugendlicher suchte Arendt den Kontakt zu Künstlern, etwa in der Kunsthandwerkersiedlung Gildenhall. Arendt machte das Abitur und besuchte bis 1923 das Lehrerseminar in Neuruppin. Danach arbeitete er als Theatermaler, Fahnennäher, Bankangestellter und Hilfsjournalist. Er unternahm ausgedehnte Wanderungen und Reisen durch Deutschland, die Schweiz und Spanien.

 

1925 erschienen erste Gedichte von ihm in Herwarth Waldens Zeitschrift Der Sturm. Vorbild Arendts war August Stramm. 1926 trat Arendt der KPD und 1928 dem Bund proletarisch-revolutionärer Schriftsteller (BPRS) bei. Von 1928 bis 1933 war er Lehrer an der reformpädagogischen Karl-Marx-Schule in Berlin-Neukölln, wo er im Truseweg 8 mit Käthe wohnte. 1929 kritisierte Johannes R. Becher Arendts Gedichte öffentlich als zu bürgerlich, was Arendt für Monate am Schreiben neuer Texte hinderte.


1933 bis 1950

 

Erich Arendt, Kommunist und Ehemann einer sogenannten halbjüdischen Frau, floh früh aus dem nationalsozialistischen Deutschland. 1933 emigrierte er mit seiner Frau Käthe (Katja) geborene Hayek in die Schweiz und lebte 1934 bis 1936 mit ihr auf Mallorca, wo er als Hauslehrer arbeitete. Nach dem Franco-Putsch floh er aufs Festland und arbeitete zunächst als Übersetzer für die deutsche Informationspresse der Internationalen Brigaden, bevor er ab 1937 bei deren 27. Division kämpfte.

 

1939 ging er nach Frankreich, wo er in verschiedenen Lagern interniert wurde. Aus dem letzten Lager bei Bordeaux floh Arendt. Über Paris musste das Ehepaar 1941 vor den siegreichen deutschen Truppen weiter fliehen, nach Kolumbien. Die Engländer internierten Arendt kurze Zeit, da sie ihn für einen Spion hielten. In Kolumbien war Arendt weiter politisch tätig, schrieb sein erstes Buch, verkaufte mit seiner Frau hausgemachte Pralinen und Marzipan und bereiste die Karibik. Doch die politische Lage Kolumbiens änderte sich: Nach einem Attentat auf einen liberalen Politiker durchzog eine Verfolgungswelle das Land, gerichtet auch gegen politische Emigranten.

1950 bis 1984[Bearbeiten]

 

1950 siedelte Arendt in die DDR über, wo er als freier Schriftsteller lebte. Der Eintritt in die SED wurde ihm verwehrt, und er wurde seit 1957 von der Staatssicherheit überwacht. Er nahm an reformsozialistischen Zirkeln teil und bereitete eine Anthologie expressionistischer Lyrik vor, die von der Zensur verboten wird. Das Schwert über die Greise, die nicht jung werden wollen!, schrieb er 1960 an Johannes Bobrowski aus Ärger über die restriktive Kulturpolitik in der DDR. Auf die Niederschlagung des Prager Frühlings reagierte Arendt später mit resignierten Gedichten.

 

Arendt reiste weiterhin viel, oft ans Mittelmeer, vor allem nach Griechenland. Der Kalte Krieg und der Bau der Berliner Mauer unter Walter Ulbricht waren traumatische Erfahrungen für den Autor. Als er 1963 nach Brasilien wollte, untersagten es ihm die Behörden. Das einzige Rückzugsgebiet für ihn und seine Frau Käthe wurde ein Haus auf Hiddensee und Reisen nach Nessebar in Bulgarien. Erst nachdem Arendt seine Rente bekam, reiste er, vor großem Publikum lesend, häufiger wieder in den Westen, auch nach Westdeutschland, wo er als ein sich vom SED-Regime distanzierender Intellektueller zunehmend an Popularität gewann.

 

1976 hatte Arendt den Protest gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns unterzeichnet. 1983 widmete die Akademie der Künste Arendt die Ausstellung Dichtung verlangt Mitleben. Dichtung und Landschaft im Leben Erich Arendts.

 

Erich Arendt, nach einem Schlaganfall an sein Haus gefesselt, starb am 25. September 1984. Zuletzt lebte er in Wilhelmshorst; sein 1971 in den Westen übersiedelter Freund Peter Huchel hatte Arendt sein dortiges Haus überlassen. Arendt wurde auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin bestattet. In seiner Grabrede sagte Richard Pietraß über Arendt:

 

Der Kinderlose verzettelte sich nicht in Möglichkeiten seiner Dauer, setzte ganz in die Verwandlung seines Lebens in Dichtung. So gibt er seine Erfahrung nur in der Poesie weiter, die allein seine Witwe ist, seine Erbin. [2]

 

( Seite „Erich Arendt“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 31. Mai 2015, 16:23 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Erich_Arendt&oldid=142664255 (Abgerufen: 15. Juni 2015, 21:16 UTC))


Marion Brasch

Marion Brasch entstammt einer Familie deutsch-österreichischer Kommunisten mit jüdischen Wurzeln. Ihr Vater Horst Brasch bekleidete nach seiner Rückkehr aus dem politischen Exil in Großbritannien 1946 diverse hohe Ämter in der Kulturpolitik der DDR, ihre Mutter Gerda Brasch (1921–1975) war Journalistin. Sie ist die Schwester der Schriftsteller Thomas Brasch und Peter Brasch sowie des Schauspielers Klaus Brasch.

 

Nach dem Abitur und einer Ausbildung zur Schriftsetzerin arbeitete Brasch bei diversen Verlagen und beim Verband der Komponisten und Musikwissenschaftler der DDR. Marion Brasch war von 1987 bis 1992 beim Radiosender DT64 tätig, zunächst als Musikredakteurin, später auch als Moderatorin und Autorin. Nach 1992 ging sie nach kurzen Stationen bei Fritz und Radio Brandenburg zum 1997 gegründeten Rundfunksender Radio Eins, bei dem sie in verschiedenen Programmformaten tätig ist. Seit 2011 tritt sie parallel als Autorin in Erscheinung.

 

Im Februar 2012 erschien der autobiographische Roman zu ihrer außergewöhnlichen Familie Ab jetzt ist Ruhe im S. Fischer Verlag. (Seite „Marion Brasch“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 9. Juni 2015, 00:31 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Marion_Brasch&oldid=142922271 (Abgerufen: 5. Juli 2015, 20:19 UTC))


Bettina Wegner

Bettina Wegner wurde in West-Berlin geboren. Nach der Gründung der DDR übersiedelten ihre Eltern – überzeugte Kommunisten – mit ihr nach Ost-Berlin. Sie erlernte den Beruf einer Bibliotheksfacharbeiterin und begann 1966 ein Studium an der Schauspielschule Berlin. 1966 war sie Mitbegründerin des Hootenanny-Klubs. Da das ursprüngliche Prinzip, jeder könne unzensiert auf der Bühne seine Texte und Lieder bringen, bereits im ersten Jahr aufgegeben wurde, verließ sie die Gruppe jedoch bald wieder. Kurz darauf wurde der Hootenanny-Klub in Oktoberklub umbenannt und der FDJ unterstellt.

 

Nachdem sie 1968 Flugblätter gegen die Intervention der Warschauer-Pakt-Staaten in der Tschechoslowakei (Prager Frühling) geschrieben und verteilt hatte („Es lebe das rote Prag!“, „Hoch Dubcek!“), wurde sie exmatrikuliert, verhaftet und wegen „staatsfeindlicher Hetze“ zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten auf Bewährung verurteilt.[1] Die Erfahrungen der Zensur und der Untersuchungshaft (ihr erstes Kind – mit Thomas Brasch – war gerade geboren worden), sollten fortan ihre Haltung und vor allem ihre Lieder prägen. Nach „Bewährung in der Produktion“ besuchte sie die Abendschule, holte ihr Abitur nach und absolvierte 1971/72 eine Ausbildung als Sängerin am Zentralen Studio für Unterhaltungskunst. Seitdem lebt sie freischaffend.

 

Eigene Veranstaltungsreihen (Eintopp, Kramladen) gemeinsam mit Klaus Schlesinger, mit dem Bettina Wegner von 1970 bis 1982 verheiratet war, wurden von staatlichen Stellen verboten. Nach öffentlichem Protest gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns 1976 wurden ihre Auftrittsmöglichkeiten immer weiter beschnitten; sie wurde bespitzelt und unter Druck gesetzt. Ihre damalige Managerin Katharina Harich, die gleichzeitig Managerin der humoristischen Songgruppe MTS war, ermöglichte ihr in dieser Zeit noch Auftritte als Geheimtipp, denn auf den Plakaten stand nun: „MTS und Sängerin“. Ebenso half Werner Sellhorn, mit dem sie ein „unverfänglich“ klingendes Programm hatte: „Kurt Tucholsky und Songs von heute“. Die Konzerte waren trotzdem überfüllt, denn Mundpropaganda war in der DDR sehr wirkungsvoll, wenn es um verbotene Literatur oder Musik ging. Auch in einigen Kirchen konnte sie noch Konzerte geben, zum Beispiel in der für oppositionelle Veranstaltungen bekannten Samariterkirche in Ost-Berlin.

 

Als sie durch eine „Kennzeichen D“-Sendung von Dirk Sager 1978 auch im Westen schlagartig bekannt wurde, ergab sich für sie die Möglichkeit, ihre erste Langspielplatte (im Westen bei CBS) zu veröffentlichen, den Mitschnitt eines Konzertes im Künstlerhaus Bethanien. Auf ihrer ersten Studio-LP bei CBS wurde sie von Musikern der Rockband Nervous Germans begleitet; so ergaben sich Möglichkeiten, an die in der DDR nicht zu denken waren. Sie konnte ihr Berufsverbot in der DDR nun mit Auftritten in der Bundesrepublik Deutschland, Österreich, Belgien und der Schweiz kompensieren, da sie als „Devisenbringerin“ in den Westen reisen durfte. Das war jedoch eine übliche Methode der DDR-Regierung, bekannte, aber unliebsame Künstler loszuwerden: nach Einleitung eines Ermittlungsverfahrens „wegen Verdachts auf Zoll- und Devisenvergehen“ sah sich Bettina Wegner 1983 als DDR-Bürgerin vor die Wahl gestellt, ins Gefängnis zu gehen oder ausgebürgert zu werden. Daraufhin verließ sie die DDR in Richtung West-Berlin. Dieser Verlust der Heimat und der kommunistischen Ideale wurden zu den wichtigsten Themen ihrer Lieder in den 1980er Jahren.

 

Ab 1974 bis zu ihrer Ausbürgerung wurde sie vom Ministerium für Staatssicherheit als „feindlich-negative“ Person im operativen Vorgang „Schreiberling“ wegen staatsfeindlicher Hetze nach § 106 des Strafgesetzbuchs der DDR beobachtet.[2]


Katja Havemann

Während ihrer Ausbildung zur Heimerzieherin in Ost-Berlin suchte Havemann Ende der 1960er Jahre Verbindung zu Kreisen SED-kritischer Künstler und Schriftsteller. Ihren späteren Mann, den Physikochemiker, politischen Publizisten und Bürgerrechtler Robert Havemann (1910–1982), lernte sie 1970 in der Wohnung des von der DDR-Führung unterdrückten kritischen Liedermachers Wolf Biermann kennen. Sie heirateten 1974 kurz nach der Geburt ihrer Tochter Franziska (* 1973).

Katja Havemann unterstützte ihren Mann bei seiner Arbeit als politischer DDR-Schriftsteller, der sich trotz der Überwachung und Schikanen (u. a. Hausarrest von 1976 bis 1979) durch das Ministerium für Staatssicherheit in zahlreichen kritischen Schriften und Äußerungen in westlichen Medien gegen den Alleinherrschaftsanspruch der SED in der DDR wandte. Diesen lehnte er als dogmatisch und undemokratisch ab.

Havemann knüpfte im Laufe der Jahre zahlreiche eigene Verbindungen in der DDR-Opposition. Nach dem Tod ihres Mannes setzte sie ihre politische Arbeit gegen das SED-Regime fort. Sie gehörte 1982 zu den Gründerinnen der Frauen für den Frieden in der DDR (gemeinsam u. a. mit Ulrike Poppe und Bärbel Bohley) und war Mitglied der Initiative Frieden und Menschenrechte (von 1986 an).

Am 10. September 1989 wurde auf gemeinsame Initiative von Havemann, Bärbel Bohley und Rolf Henrich auf dem Havemannschen Grundstück in Grünheide bei Berlin die Bürgerbewegung Neues Forum gegründet, die in den folgenden Monaten maßgebliche Impulse zu der friedlichen Revolution gab, die letztlich zum Ende der SED-Herrschaft und schließlich zum Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland führte.

Im September 1990 nahm Katja Havemann an der demonstrativen Besetzung der Gebäude des aufgelösten Ministeriums für Staatssicherheit in Ost-Berlin teil, deren Ziel die geregelte Sicherung und Öffnung dessen Archivs zur individuellen und gesellschaftlichen Aufarbeitung und Erforschung des SED-Machtapparats war.

Im Laufe der frühen 90er Jahre zog sich Katja Havemann aus der Politik zurück, beteiligte sich aber mit anderen DDR-Zeitzeugen am Engagement gegen die Verschleierungsstrategien früherer Staatssicherheits-Mitarbeiter und bemühte sich darum, insbesondere im Zusammenhang der Debatte um die mutmaßlichen Verstrickungen des früheren SED-, dann PDS- und heutigen Linke-Politikers Gregor Gysi, der Robert und Katja Havemann in der DDR als Anwalt vertreten hatte, Transparenz zu schaffen.

Katja Havemann war von 1995 bis 2000 vor den Landgerichten in Frankfurt/Oder und Neuruppin die wichtigste Belastungszeugin in den beiden Strafprozessen gegen die DDR-Juristen, die ihren Mann unter Einfluss der SED und teils auf Weisung der Staatssicherheit 1976 und 1979 wegen „Störung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit“ zu Hausarrest und wegen „Devisenvergehens“ im Zusammenhang mit seinen Publikationen bei westlichen Verlagen zu einer Geldstrafe verurteilt hatten. Die Prozesse endeten mit Bewährungsstrafen wegen Rechtsbeugung gegen zwei ehemalige Staatsanwälte.

Seite „Katja Havemann“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 3. September 2015, 05:48 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Katja_Havemann&oldid=145675291 (Abgerufen: 21. Dezember 2015, 21:25 UTC)taatsanwälte.

 


Joachim Walther

Joachim Walther ist der Sohn einer Säuglingsschwester und eines Beamten. Er besuchte die Oberschule in Karl-Marx-Stadt und legte dort 1962 sein Abitur ab. Anschließend arbeitete er ein Jahr lang als Schlosser und Bühnenarbeiter. Von 1963 bis 1967 studierte er Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin. Nach einer einjährigen Tätigkeit als Lehrer für Deutsch und Kunsterziehung ging er 1968 zum Buchverlag Der Morgen, wo er als Lektor und Herausgeber tätig war. Daneben verfasste er Beiträge für die Weltbühne.

 

1974/75 hielt er sich studienhalber in Warschau auf. Von 1976 bis zur Ablösung der gesamten Redaktion aus politischen Gründen im Jahre 1978 war er Redakteur der Literaturzeitschrift Temperamente. Ab 1983 war Walther freier Schriftsteller; 1984 zog er sich aus Enttäuschung über die Entwicklung der Zustände in der DDR in die mecklenburgische Provinz zurück. 1989 kehrte er nach Berlin zurück und war 1990 letzter stellvertretender Vorsitzender des DDR-Schriftstellerverbandes, für dessen Erneuerung er sich einsetzte.

 

Walther ist Verfasser von Romanen, Erzählungen, Kinderbüchern und Hörspielen. Bereits früh zeigte er in seinen Werken Widersprüche in der DDR-Gesellschaft auf, die von ihm immer mehr als Pervertierung sozialistischer Ideale angesehen wurde. Dabei griff er häufig zu den Mitteln der Satire und Polemik. Nach der Wende von 1989 war eines seiner Hauptanliegen die Dokumentation des unheilvollen Einflusses der SED-Politik auf die DDR-Literatur und die Praktiken, mit deren Hilfe das Ministerium für Staatssicherheit den DDR-Literaturbetrieb überwachte. Walthers Buch Sicherungsbereich Literatur ist ein Standardwerk zu diesem Thema. 2001 initiierte er zusammen mit Ines Geipel das Projekt eines „Archivs unterdrückter Literatur in der DDR“.

 

Walther war seit 1972 Mitglied des Schriftstellerverbandes der DDR, seit 1990 des Verbandes Deutscher Schriftsteller und seit 1991 des PEN-Zentrums der Bundesrepublik Deutschland. Von 1997 bis 2002 war er Vorsitzender des Autorenkreises der Bundesrepublik. Er erhielt 1981 den Preis des Internationalen Hörspieltreffens im Burgenland, 1991 den Hörspielpreis des Funkhauses Berlin und 1996 das Goldene Kabel. Im Jahr 2008 wurde Walther mit dem Hohenschönhausen-Preis der Stasi-Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen ausgezeichnet. ( Seite „Joachim Walther“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 25. März 2015, 08:02 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Joachim_Walther&oldid=140253116 (Abgerufen: 12. April 2015, 19:06 UTC) )


Erich Loest

Erich Loest besuchte in Mittweida die Oberschule. Er wurde Mitglied der Hitlerjugend (HJ) und stieg zum Jungenschaftsführer auf. Diese persönlichen Erfahrungen thematisierte Loest 1981 in seinem autobiographischen Text Durch die Erde ein Riss – Ein Lebenslauf.[1] Nach seinen Angaben stellte er 1944 einen Antrag auf Aufnahme in die NSDAP. Die Aufnahme erfolgte am 20. April des Jahres.[2] Er wollte zur Waffen-SS, was jedoch an der fehlenden Genehmigung seines Schuldirektors scheiterte.[3]

 

Nach dem Besuch der Oberschule wurde Loest 1944 zur Wehrmacht eingezogen.[4] Gemäß eigener Aussage war er gegen Kriegsende mit dem Werwolf hinter den amerikanischen Linien eingesetzt. Nach kurzer amerikanischer Kriegsgefangenschaft arbeitete Loest in der Landwirtschaft und als Hilfsarbeiter in den Leunawerken. Er holte sein Abitur nach und wurde 1947 Mitglied der SED. Von 1947 bis 1950 war er als Journalist bei der Leipziger Volkszeitung tätig. 1949 heiratete er seine erste Ehefrau Anneliese, mit der er drei Kinder, zwei Söhne und eine Tochter hatte.[5] Seit dem Erscheinen seines ersten Buches Jungen, die übrig blieben im Jahr 1950 war er freiberuflicher Schriftsteller. Mitte der 1950er Jahre studierte er am Literaturinstitut Johannes R. Becher in Leipzig.

 

Im November 1957[6] wurde Loest wegen angeblicher „konterrevolutionärer Gruppenbildung“ im Zusammenhang mit Diskussionen über die Entstalinisierung verhaftet und anschließend zu siebeneinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt. Er verbüßte diese Strafe im Zuchthaus Bautzen II. Während dieser Zeit war ihm ein striktes Schreibverbot auferlegt.

 

Durch die Haft erlitt er eine Magenerkrankung.[7]

 

Nach seiner Haftentlassung im September 1964[6] – inzwischen (August 1961) war die Mauer gebaut worden – arbeitete Loest wieder als Schriftsteller und veröffentlichte in der DDR eine Reihe von Romanen (darunter sehr populäre Kriminalromane unter dem Pseudonym Hans Walldorf) und Erzählungen. Besondere Beachtung fanden der biografische Roman Swallow, mein wackerer Mustang über den von der DDR-Führung damals geschmähten sächsischen Schriftsteller Karl May und die ungewöhnliche Nazi-Satire Ich war Dr. Ley, geschrieben als Memoiren seines fiktiven Doppelgängers. Aus Protest gegen die Zensur seines Romans Es geht seinen Gang oder Mühen in unserer Ebene (1978) trat der Autor 1979 aus dem Schriftstellerverband der DDR aus. Weil er wegen seiner oppositionellen Haltung großen Repressalien ausgesetzt war, siedelte er 1981 in die Bundesrepublik über.[8]

 

Loest ließ sich zunächst in Osnabrück nieder und wohnte seit 1987 in Bonn-Bad Godesberg. Seine Bücher veröffentlichte er, abgesehen von Swallow und den Nachauflagen, nur noch in westdeutschen Verlagen. In den 1980er Jahren engagierte er sich im westdeutschen Verband deutscher Schriftsteller (VS), dessen nachgiebige Haltung gegenüber den DDR-Machthabern er jedoch missbilligte. 1987 gründete er mit seinem Sohn und seiner Schwiegertochter den Linden-Verlag in Künzelsau, der vorwiegend Loests eigene Werke publiziert und der seit 1989 seinen Sitz in Leipzig hat. Gegen seinen Sohn prozessierte er um Buchrechte, verlor jedoch vor Gericht.[9] Auch Loest, der nach der Wende vom Obersten Gericht der DDR im April 1990 voll rehabilitiert wurde, hatte seit 1990 seinen zweiten Wohnsitz in Leipzig. Von 1994 bis 1997 war er Vorsitzender des Verbandes deutscher Schriftsteller. „Sein schönster Erfolg im Amt war die Initiative zur deutsch-polnischen Aussöhnung, ein Stück Wiedergutmachung für die Versäumnisse seiner Vorgänger.“[10] Seit 1998 war er wieder ausschließlich in Leipzig ansässig. Erich Loest war Mitglied der Sächsischen Akademie der Künste und Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland sowie der Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft.

 

Erich Loest war ein bedeutender Vertreter der realistischen deutschsprachigen Literatur der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. In seinen Romanen und Erzählungen beschäftigte er sich auch mit historischen und legendären Gestalten seiner sächsischen Heimat, wie etwa dem Volkshelden Karl Stülpner. Seit Ende der 1980er Jahre war Loests Thema vor allem die deutsche Teilung und Wiedervereinigung sowie die Geschichte der Stadt Leipzig. Sein Drehbuch „Nikolaikirche“ (später auch als Roman verlegt) wurde als erfolgreicher Fernsehmehrteiler verfilmt. Neben seinen politischen Romanen hat Loest auch zahlreiche Kriminalromane und Reisefeuilletons verfasst.

 

Loest erhob seine Stimme bei politischen Fragen, die den Umgang mit dem kulturellen Erbe der DDR behandeln. Er setzte sich für die Neuerrichtung der Paulinerkirche (Leipzig) ein (diese war am 30. Mai 1968 gesprengt worden). Er sprach sich dafür aus, Kunstwerke der Zeit der DDR aus der Öffentlichkeit zu verbannen. So wandte er sich in offenen Briefen an Medien und Politiker gegen die Wiederaufstellung des Bronze-Reliefs Aufbruch der Karl-Marx-Universität Leipzig und gegen das Gemälde Arbeiterklasse und Intelligenz von Werner Tübke, beide zählen zur Sammlung der Universitätskustodie. Für seine Verdienste um die Aufarbeitung der SED-Diktatur erhielt er 2012 den Hohenschönhausen-Preis des Fördervereins Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen.[11]

 

Am 29. September 2010 gab Loest anlässlich der Preisverleihung des Kulturgroschens in Berlin für sein „herausragendes künstlerisches wie politisches Engagement“ bekannt: „Der heutige Tag bildet den festlichen Abschluss meines künstlerischen und politischen Treibens.“ Von ihm seien nun keine Romane oder längeren Erzählungen mehr zu erwarten.[12] Sein 2011 erschienenes Buch Man ist ja keine Achtzig mehr enthielt Tagebucheinträge von August 2008 bis September 2010.[13]

 

In seinen letzten Lebensjahren war Loest schwer krank.[14] Am 12. September 2013 starb Erich Loest im Alter von 87 Jahren in der Universitätsklinik Leipzig nach einem Sturz aus dem Fenster, laut den polizeilichen Ermittlungen handelte es sich um einen Suizid.[15] Loest wurde in seinem Geburtsort Mittweida auf dem neuen Friedhof an der Seite seiner ersten Frau Annelies (1930–1997) beigesetzt.[16] Die Trauerrede hielt Werner Schulz in der Nikolaikirche (Leipzig).[17]

 

(Seite „Erich Loest“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 10. Februar 2015, 10:48 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Erich_Loest&oldid=138683697 (Abgerufen: 12. April 2015, 19:33 UTC))


Günter Kunert

Nach dem Besuch der Volksschule war es Günter Kunert auf Grund der nationalsozialistischen Rassengesetze (seine Mutter war Jüdin) nicht möglich, eine höhere Schule zu besuchen. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges studierte er in Ost-Berlin fünf Semester Grafik, brach sein Studium dann jedoch ab. 1948 trat er der SED bei. Er lernte Bertolt Brecht und Johannes R. Becher kennen.

 

Seit Mitte der 1960er Jahre pflegte er eine jahrelange enge Freundschaft zu dem Kollegen Nicolas Born, einen intensiven Briefwechsel, der 1978 kurzzeitig zu einem zur Veröffentlichung vorgesehenen Schriftwechsel wurde.

 

1972/73 war er Gastdozent an der University of Texas in Austin, 1975 an der University of Warwick in England.

 

Er gehörte 1976 zu den Erstunterzeichnern der Petition gegen die Ausbürgerung von Wolf Biermann. Daraufhin wurde ihm 1977 die SED-Mitgliedschaft entzogen. 1979 ermöglichte ihm ein mehrjähriges Visum das Verlassen der DDR. Kunert ließ sich mit seiner Frau Marianne in Kaisborstel bei Itzehoe nieder, wo er bis heute als freier Schriftsteller lebt.

 

Kunert gilt als einer der vielseitigsten und bedeutendsten Gegenwartsschriftsteller. Neben der Lyrik sind es Kurzgeschichten (Parabeln) und Erzählungen, Essays, autobiographische Aufzeichnungen, Aphorismen, Glossen und Satiren, Märchen und Science-fiction, Hörspiele, Reden, Reiseskizzen, Drehbücher, eine Vielzahl von Vor- und Nachworten zu Veröffentlichungen von anderen Autoren, Libretti, Kinderbücher, ein Roman, ein Drama und anderes mehr, die Kunerts kaum noch überschaubares schriftstellerisches Werk ausmachen.

 

Viele seiner Texte wurden von Kurt Schwaen vertont. Auch als Maler und Zeichner ist Kunert hervorgetreten.

 

In seinen Arbeiten nimmt er eine kritische Haltung zu Themen wie Fortschrittsgläubigkeit, Nationalsozialismus und der Politik des DDR-Regimes ein. Während seine frühen Gedichte, pädagogisch-kritisch argumentierend, dem sozialistischen Realismus verpflichtet waren und dem Fortschritt dienen sollten, nahm er später eine zunehmend skeptische und pessimistische Haltung ein.

 

Günter Kunert ist seit 1981 Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, seit 1988 Mitglied der Freien Akademie der Künste Hamburg, seit 2005 Vorstandspräsident des P.E.N.-Zentrum deutschsprachiger Autoren im Ausland und seit 2008 Ehrenmitglied des Fördervereins Gefangenenbüchereien e.V..

 

(Seite „Günter Kunert“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 8. März 2015, 16:28 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=G%C3%BCnter_Kunert&oldid=139581634 (Abgerufen: 12. April 2015, 19:18 UTC) )


Fritz Cremer

Cremer war Sohn des Polsterers und Dekorateurs Albert Cremer. Ein Jahr nach dem Tod des Vaters zog die Mutter Christine Cremer mit den Kindern Fritz und Emmy 1908 nach Rellinghausen. 1911 zog die Mutter nach Essen, wo sie in zweiter Ehe einen Lehrer heiratete. Als 1922 seine Mutter verstarb, lebte Cremer in einer Bergarbeiterfamilie.[1]

Um 1930 wurde die österreichische Ausdruckstänzerin Hanna Berger Lebensgefährtin von Fritz Cremer. 1942 wurde Berger als Mitkämpferin der Gruppe von Kurt Schumacher/Rote Kapelle von der Gestapo verhaftet. 1944 konnte sie aus der Haft fliehen. Sie lebte bis zum Kriegsende illegal in der Steiermark.[2]

1953 heiratete Cremer in Berlin die kurz zuvor geschiedene Malerin und Keramikerin Christa von Carnap (1921–2010), Tochter von Alfred von Carnap (1894–1965), Kaufmann in Berlin-Wilmersdorf, und dessen erster Ehefrau Susanne Schindler. Christa von Carnap hatte zuvor in erster Ehe am 17. September 1941 in Berlin-Schöneberg den Bildhauer Waldemar Grzimek geheiratet.[2]

Leben

Cremer absolvierte nach dem Gymnasiums 1921 bis 1925 eine Ausbildung zum Steinbildhauer bei Christian Meisen in Essen. Während seiner anschließenden Tätigkeit als Steinmetzgeselle führte er einige Skulpturen nach Modellen von Will Lammert aus und besuchte in dieser Zeit Plastikkurse der Folkwang-Schule in Essen. 1929 trat er der KPD bei und nahm ein Studium an den Vereinigten Staatsschulen für Freie und Angewandte Kunst in Berlin-Charlottenburg bei Wilhelm Gerstel (1879–1963) auf, dessen Meisterschüler er von 1934 bis 1938 wurde. In dieser Zeit teilt er sich ein Atelier mit Kurt Schumacher (Bildhauer). Es entstehen erste sozialkritische Radierungen. 1934 reist er nach Paris. Während einer Reise nach London trifft er dort Bertolt Brecht und Helene Weigel, die ihm raten, in Deutschland weiter zu arbeiten. Zwei Mal war er Gast der Deutschen Akademie Villa Massimo in Rom, einmal 1937/38 und ein zweites Mal 1942/43.[3] Auch führte er ein Meisteratelier an der Preußischen Akademie der Künste. Er stand in engem Kontakt zur Widerstandsgruppe der Rote Kapelle um den Bildhauer Kurt Schumacher und Walter Küchenmeister.[2]

1940 bis 1944 war er als Soldat der Wehrmacht als Flaksoldat in Eleusis und auf der Insel Kreta im Einsatz, danach in jugoslawischer Kriegsgefangenschaft.[2]

Nach seiner Rückkehr nach Deutschland trat Cremer 1946 der SED bei und wurde Professor und Leiter der Bildhauerabteilung der Akademie für angewandte Kunst in Wien. 1950 siedelte er in die DDR über und übernahm eine Meisterklasse an der Akademie der Künste, deren Vizepräsident er 1974 bis 1983 war. In der Folgezeit Studienreisen in die Sowjetunion, China und Ägypten.[2]

Cremer unterzeichnete 1976 den Protestbrief gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns aus der DDR, zog seine Unterschrift aber nach wenigen Tagen zurück.

1956 nahm Fritz Cremer zusammen mit seinem Schüler Gerhard Thieme die Totenmaske von Bertolt Brecht ab. In dessen Folge entstanden zahlreiche Zeichnungen, Lithografien und Büsten. 1988 wurde vor dem Berliner Ensemble das Brecht-Denkmal von Fritz Cremer eingeweiht.

Fritz Cremer starb 1993 in Berlin. Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof Pankow III in Berlin-Pankow.

Werk

Fritz Cremers künstlerisches Werk lässt sich in zwei unterschiedliche Themengruppen gliedern: Einerseits ein Werkkomplex von öffentlichen Denkmalsplastiken, andererseits sinnlich-intime Liebespaare und weibliche Akte.

Unter den Denkmalsplastiken nehmen die Mahnmale für die Konzentrationslager eine zentrale Rolle ein. Sie bezeugen die Auseinandersetzung des Bildhauers Fritz Cremer mit der zentralen gesellschaftlichen Aufgabe der Nachkriegszeit – dem Gedenken an die Opfer und die Aufarbeitung des Nationalsozialismus. Im Mittelpunkt aller Mahnmale steht der Mensch. Cremer gelingt die Verbildlichung tiefer menschlicher Gefühlszustände. In allgemeingültigen Archetypen konkretisieren sich Leid, Angst, Verzweiflung, aber auch Aufbegehren, Widerstand und Stärke. Die trauernde Mutter gilt ihm ebenso als Ausdruck kriegsbedingter Erschütterung wie der stürzende Soldat.

Die Akte und Liebespaare bilden im Schaffen Fritz Cremers das thematische Pendant zu den politischen Auftragswerken, dienen ihm auch zur Beruhigung und Rückzug ins Private. In ihnen vereinen sich „herbe Züge und erotische Sinnlichkeit“, „Nähe und Zuneigung, Zärtlichkeit und Erfüllung“.[4]

Stilistisch ist er weder der Moderne noch dem so genannten „Sozialistischen Realismus“ zuzuordnen. Ziel seiner künstlerischen Bemühungen ist die Darstellung der „seelischen Verfassung“ des Dargestellten.[5] Aus diesem Grund bricht Cremer mit der idealisierenden Körperdarstellung, betont dagegen eher dessen Unregelmäßigkeiten.

 

 Seite „Fritz Cremer“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 11. Mai 2016, 15:11 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Fritz_Cremer&oldid=154285252 (Abgerufen: 7. Juli 2016, 20:04 UTC)

 


Bernd Jentzsch

Jentzsch studierte von 1960 bis 1965 Germanistik und Kunstgeschichte in Leipzig und Jena. Von 1965 bis 1974 war Jentzsch im Verlag Neues Leben in Ost-Berlin angestellt und wirkte dort unter anderem als Initiator und Herausgeber der Lyrikreihe Poesiealbum, in der zahlreiche junge DDR-Autoren erstmals publiziert und zeitgenössische internationale Lyriker erstmals dem DDR-Publikum vorgestellt wurden. In einem Vierteljahrhundert erschienen 275 Ausgaben in stets gleicher Ausstattung: 32 Seiten stark, mit einer doppelseitigen Grafik und zum Preis von neunzig Pfennig. 1976 kehrte Jentzsch nach einem Studienaufenthalt in der Schweiz nicht in die DDR zurück, nachdem ihn Strafandrohungen wegen seines Protests (in der Auslandspresse veröffentlichter Brief an Honecker) gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns erreicht hatten.

 

1977 bis 1984 war er Lektor des Walter Verlags in Olten, daneben hatte er 1982 eine Gastprofessur am Oberlin College in den USA. Im Jahr 1991 wurde er zum Gründungsdirektor des in der Nachfolge des Institutes für Literatur „Johannes R. Becher“ aufgebauten Deutschen Literaturinstituts Leipzig ernannt; nach Aufnahme des regulären Lehrbetriebs leitete er das Institut von 1995 bis 1999 als Direktor. 2007 fungierte er nochmals kurzzeitig als Herausgeber des beim Märkischen Verlag Wilhelmshorst wiedererstandenen Poesiealbums. Er lebt in Euskirchen.

 

Am 25. Januar 2010 trat er unter Protest gegen die angebliche „Unterwanderung“ der Akademien durch Altkader und Günstlinge des SED-Regimes aus der Sächsischen Akademie der Künste und der Freien Akademie der Künste Leipzig aus.

Jentzsch studierte von 1960 bis 1965 Germanistik und Kunstgeschichte in Leipzig und Jena. Von 1965 bis 1974 war Jentzsch im Verlag Neues Leben in Ost-Berlin angestellt und wirkte dort unter anderem als Initiator und Herausgeber der Lyrikreihe Poesiealbum, in der zahlreiche junge DDR-Autoren erstmals publiziert und zeitgenössische internationale Lyriker erstmals dem DDR-Publikum vorgestellt wurden. In einem Vierteljahrhundert erschienen 275 Ausgaben in stets gleicher Ausstattung: 32 Seiten stark, mit einer doppelseitigen Grafik und zum Preis von neunzig Pfennig. 1976 kehrte Jentzsch nach einem Studienaufenthalt in der Schweiz nicht in die DDR zurück, nachdem ihn Strafandrohungen wegen seines Protests (in der Auslandspresse veröffentlichter Brief an Honecker) gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns erreicht hatten.

 

 

1977 bis 1984 war er Lektor des Walter Verlags in Olten, daneben hatte er 1982 eine Gastprofessur am Oberlin College in den USA. Im Jahr 1991 wurde er zum Gründungsdirektor des in der Nachfolge des Institutes für Literatur „Johannes R. Becher“ aufgebauten Deutschen Literaturinstituts Leipzig ernannt; nach Aufnahme des regulären Lehrbetriebs leitete er das Institut von 1995 bis 1999 als Direktor. 2007 fungierte er nochmals kurzzeitig als Herausgeber des beim Märkischen Verlag Wilhelmshorst wiedererstandenen Poesiealbums. Er lebt in Euskirchen.

 

Am 25. Januar 2010 trat er unter Protest gegen die angebliche „Unterwanderung“ der Akademien durch Altkader und Günstlinge des SED-Regimes aus der Sächsischen Akademie der Künste und der Freien Akademie der Künste Leipzig aus.

Seite „Bernd Jentzsch“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 4. Juli 2014, 18:41 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Bernd_Jentzsch&oldid=131861631 (Abgerufen: 12. Juli 2016, 16:32 UTC)

 


Jurek Becker

Jurek Becker wurde in Łódź in Polen geboren. Sein Geburtsdatum ist unbekannt, da sein Vater ihn im Ghetto älter angab als er war, um ihn vor der Deportation zu bewahren. Später erinnerte er sich nicht mehr an das richtige Geburtsdatum. Wahrscheinlich war Jurek Becker einige Jahre jünger als überall verzeichnet ist.

 

Beckers Eltern waren Juden; sein Vater Max Becker, geborener Mieczyslaw Bekker, (1900–1972) arbeitete als Angestellter und später als Prokurist in einer Textilfabrik. Nach dem deutschen Überfall auf Polen 1939 wurde Jurek Becker zusammen mit seinen Eltern ins Ghetto von Łódź deportiert. 1944 kam er mit seiner Mutter, Anette Bekker, zunächst in das KZ Ravensbrück und später nach Sachsenhausen bzw. ins KZ-Außenlager Königs Wusterhausen.

 

Nach Kriegsende fand ihn sein Vater, der in Auschwitz überlebt hatte, mit Hilfe der jüdisch-amerikanischen Suchorganisation JOINT wieder. Seine Mutter war – bereits in Freiheit – an Unterernährung gestorben, ungefähr 20 weitere Familienmitglieder waren umgebracht worden. Eine Tante, die vor dem Einmarsch der Deutschen in die USA geflüchtet war, sowie Jurek und sein Vater Max waren die einzigen Überlebenden der Familie.

 

1945 zog Becker mit seinem Vater in die Lippehner Straße 5 (heute Käthe-Niederkirchner-Straße) nach Ost-Berlin. Diese Entscheidung begründete der Vater damit, dass in der sowjetischen Besatzungszone Antifaschisten an die Macht kamen und nirgends so gründlich gegen den Antisemitismus vorgegangen wurde wie an der Stelle, an der er die größte Ausprägung erfahren hatte. Max Becker unterschied auch später stark zwischen sich und den Deutschen.

 

Becker lebte nach 1945 in Ost-Berlin, unter anderem in einer Wohngemeinschaft mit Manfred Krug, den er seit 1957 kannte,[2] in der Cantianstraße in Berlin-Prenzlauer Berg.[2]

 

1955 machte Jurek Becker das Abitur und meldete sich anschließend freiwillig zwei Jahre zur Kasernierten Volkspolizei, dem Vorläufer der Nationalen Volksarmee. Außerdem wurde er Mitglied der FDJ. Gegen den Willen seines Vaters, der wollte, dass er Arzt würde,[2] entschied er sich 1957 für das Studium der Philosophie und wurde Mitglied der SED. Nach sechs Semestern wurde er 1960 nach einer Prügelei „zur Bewährung“ von der Universität relegiert und wurde freier Schriftsteller.

 

 

1960 begann er ein kurzes Film-Szenariums-Studium im DDR-Filmzentrum Babelsberg und schrieb mehrere Kabarett-Texte. 1962 war er fest angestellter Drehbuchautor bei der DEFA und schrieb einige Fernsehspiele und Drehbücher. Als 1968 sein Drehbuch Jakob der Lügner abgelehnt wurde, arbeitete er es zu seinem ersten Roman um, der 1969 erschien und 1974 doch noch verfilmt wurde. 1971 erhielt er den Heinrich-Mann-Preis und den Charles-Veillon-Preis.

 

Sein berühmtestes Buch, Jakob der Lügner, wurde bisher zweimal verfilmt. Die Verfilmung durch die DEFA war für den Oscar als bester ausländischer Film nominiert (1974, DEFA-Studio der DDR, Regie: Frank Beyer, Darsteller: Vlastimil Brodský, Erwin Geschonneck, Henry Hübchen).

 

1972 starb sein Vater. 1973 erschien sein zweiter Roman, Irreführung der Behörden. Außerdem wurde er in den Vorstand des Schriftstellerverbandes gewählt. 1974 erhielt er für Irreführung der Behörden den Literaturpreis der Freien Hansestadt Bremen und 1975 den Nationalpreis der DDR für Literatur II. Klasse. 1976 unterzeichnete der politisch engagierte Jurek Becker mit elf weiteren Schriftstellern einen Brief gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns, was mit dem Ausschluss aus der SED und aus dem Vorstand des Schriftstellerverbands der DDR bestraft wurde.[3] Der Roman Der Boxer erschien.

 

1977 trat Jurek Becker aus Protest gegen den Ausschluss Reiner Kunzes aus dem Schriftstellerverband aus und zog mit Genehmigung der DDR-Behörden in den Westen, da seine Bücher in der DDR nicht mehr verlegt und Filmprojekte abgelehnt wurden.

 

Von 1978 bis 1984 erschienen zwei weitere Romane (Schlaflose Tage 1978 und Aller Welt Freund 1982) und eine Sammlung von Erzählungen (Nach der ersten Zukunft 1980). Jurek Becker war Gastprofessor an Universitäten und hielt mehrere programmatische Vorträge.[2]

 

1986 erschien der Roman Bronsteins Kinder. Außerdem schrieb er in diesem Jahr das Drehbuch für die erfolgreiche Fernsehserie Liebling Kreuzberg, für die er 1987 zusammen mit Manfred Krug und Heinz Schirk mit dem Adolf-Grimme-Preis mit Gold und 1988 mit dem Adolf-Grimme-Preis mit Silber ausgezeichnet wurde.

 

Jurek Becker hat drei Söhne, zwei mit seiner ersten Frau Erika.[2] Der dritte, Jonathan (von seiner zweiten Frau Christine), wurde 1990 geboren.[2] 1992 erschien Beckers letzter Roman Amanda herzlos. Becker starb 1997 an Darmkrebs, der im Dezember 1995 diagnostiziert worden war.

 

Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof in Sieseby.

 

(Seite „Jurek Becker“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 26. März 2015, 10:29 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Jurek_Becker&oldid=140287391 (Abgerufen: 12. April 2015, 19:36 UTC) )


Jürgen Fuchs

Bereits früh kam Jürgen Fuchs mit der DDR-Obrigkeit in Konflikt. So wurden seine kritischen Meinungsäußerungen während der Studentenproteste und des Prager Frühlings 1968 von der Schulleitung geahndet. 1969 erlangte Fuchs das Abitur und leistete anschließend seinen Grundwehrdienst bei der NVA. Da ihm der Zugang zum Studium zunächst verwehrt blieb, machte er im selben Jahr zunächst einen Facharbeiterabschluss bei der Deutschen Reichsbahn.

 

Da ihn die Schulleitung als „politisch unzuverlässig“ bezeichnet hatte, bedurfte es einer Eingabe, ehe er 1971 ein Studium der Sozialpsychologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena beginnen konnte. 1973 wurde er Mitglied der SED. Er schrieb Gedichte und arbeitete mit dem Arbeitskreis Literatur und Lyrik Jena um Lutz Rathenow zusammen. Nach einem gemeinsamen Auftritt mit Bettina Wegner und Gerulf Pannach, dem Texter der Band Renft, wurde er 1975 aus der SED und der FDJ ausgeschlossen.[1] Kurz vor dem Abschluss – die Diplomarbeit war schon mit „sehr gut“ bewertet worden – wurde Jürgen Fuchs wegen seiner Gedichte und Prosawerke vom Disziplinarausschuss der Friedrich-Schiller-Universität Jena unter Professor Paul zum „Ausschluss von allen Universitäten, Hoch- und Fachschulen der DDR“ verurteilt und politisch zwangsexmatrikuliert. Eine Arbeit als Psychologe war ihm damit nicht mehr möglich.

 

 

In Jena hatte Jürgen Fuchs die Psychologiestudentin Lieselotte („Lilo“) kennengelernt, sie heirateten 1974. 1975 kam ihre Tochter Lili zur Welt. Nach seiner politischen Exmatrikulation am 17. Juni 1975 zog die Familie in das Gartenhaus von Katja und Robert Havemann nach Grünheide bei Berlin. Er arbeitete in einer kirchlichen Sozialeinrichtung. Nach Protesten gegen die Ausbürgerung von Wolf Biermann wurde Jürgen Fuchs am 19. November 1976 wegen „Staatsfeindlicher Hetze“ verhaftet, zwei Tage vor Gerulf Pannach und Christian Kunert, deren Band Renft im Herbst 1975 verboten worden war. Nach 281 Tagen in Haft im Gefängnis des Ministeriums für Staatssicherheit in Berlin-Hohenschönhausen und internationalen Protesten wurden Pannach, Fuchs und Kunert 1977 unter Androhung langer Haftstrafen zur Ausreise gezwungen und nach West-Berlin entlassen. In seinem Buch Vernehmungsprotokolle gibt Fuchs die Verhöre aus der Haft aus der Erinnerung wieder.[2]

 

In West-Berlin arbeitete Jürgen Fuchs als freischaffender Schriftsteller und seit 1980 auch als Sozialpsychologe im Projekt Treffpunkt Waldstraße, einer Kontakt- und Beratungsstelle für Problemjugendliche. Heinrich Böll, Manès Sperber, Rudi Dutschke, Heinz Brandt, Herta Müller, Hans Joachim Schädlich, Adam Zagajewski und Manfred Wilke zählten zu seinen Bekannten. Er engagierte sich in der Friedensbewegung und hielt Verbindung zur unabhängigen Friedens- und Bürgerbewegung in der DDR, zur tschechischen Charta 77 und zur polnischen Solidarność und thematisierte Tabus des realen Sozialismus wie die Staatssicherheit und den Freikauf von Gefangenen. Das Ministerium für Staatssicherheit der DDR (MfS) leitete 1982 ein Ermittlungsverfahren (ZOV „Opponent“) gegen Jürgen Fuchs ein und setzte ihn und seine Umgebung zahlreichen „Zersetzungsmaßnahmen“ aus. Dazu zählten eine Bomben-Explosion vor seinem Haus 1986[3] und die Sabotage der Bremsschläuche seines Autos.[4] Planungen der Hauptabteilung VIII des MfS für Observation und Transitverkehr von 1988 sahen selbst die Installation einer radioaktiven Quelle in Fuchs’ Wohnhaus durch einen IM vor.[5]

 

 

Seit dem Fall der Mauer bemühte sich Jürgen Fuchs besonders um die Aufklärung der Verbrechen des MfS. Er arbeitete seit 1991 zeitweilig im Bereich Bildung und Forschung des Beauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, dessen Beirat er 1997 aus Protest gegen die Beschäftigung ehemaliger Stasi-Mitarbeiter verließ. Im selben Jahr erkrankte er an Leukämie. Am 2. Januar 1992 gehörte er zu den ersten, die Einblick in ihre Stasi-Unterlagen nehmen durften.

 

Aufsehen und Kritik erregte Jürgen Fuchs, als er im Dezember 1991 das, was die Staatssicherheit mit politischer Haft und „Zersetzungsmaßnahmen“ gegen wenigstens sechs Millionen Menschen in der DDR bewirkt hatte, mit dem Begriff „Auschwitz in den Seelen“ bezeichnete. Der Dichter und Liedermacher Wolf Biermann, Sohn des in Auschwitz ermordeten jüdischen Kommunisten Dagobert Biermann wie auch selbst Ziel von „Zersetzungsmaßnahmen“ der Staatssicherheit, verteidigte ihn ausdrücklich.[6]

 

Fuchs starb 1999 infolge seiner Leukämieerkrankung. Sein krankheitsbedingter Tod nährte den Verdacht, er sei als Häftling des MfS vorsätzlich Gammastrahlen ausgesetzt worden.[7][8] Sein Freund Wolf Biermann schrieb dazu: „Sein Tod mit 48 Jahren ist eines der Indizien. Fuchs starb an einem Blutkrebs, der auf Strahlenschäden hinweist.“[9] Der damalige Bundesbeauftragte für die Stasiunterlagen Joachim Gauck veranlasste eine wissenschaftliche Untersuchung. Die Gauck-Behörde konnte nach umfangreichen Recherchen aber nicht feststellen, dass radioaktive Substanzen oder Röntgenstrahlen gezielt zur Schädigung von Oppositionellen eingesetzt wurden. Jedoch offenbarte die Untersuchung verschiedene leichtfertige Verwendungen radioaktiver Substanzen durch die Staatssicherheit, zum Beispiel für die Markierung von Geldscheinen, die in Briefen verschickt wurden und der Aufklärung von Postdiebstählen dienen sollten, oder für die radioaktive Markierung von Manuskripten des SED-Kritikers Rudolf Bahro.[10] Fuchs fand auf dem Berliner Heidefriedhof seine letzte Ruhestätte (Grabstelle D VII 335/36).

 

(Seite „Jürgen Fuchs (Schriftsteller)“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 25. März 2015, 21:52 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=J%C3%BCrgen_Fuchs_(Schriftsteller)&oldid=140277153 (Abgerufen: 12. April 2015, 19:24 UTC) )

 


Heiner Müller

 

Nachdem Müller 1935 in Bräunsdorf eingeschult worden war, lebte er von 1939 bis 1947 mit seinen Eltern in Waren (Müritz); hier ging er zur Mittelschule und bekam ob guter Noten eine Freistelle in der Oberschule, die von einer Mitgliedschaft in der Hitler-Jugend abhängig gemacht worden war. Kurz vor Kriegsende wurde er noch zum Reichsarbeitsdienst und zum Volkssturm eingezogen. Müllers Vater, Kurt Müller, der als Sozialdemokrat 1933 zeitweilig verhaftet worden war, wurde nach 1946 SED-Mitglied und Funktionär, verließ die DDR jedoch 1951 aus Protest zusammen mit seiner Frau Ella (geborene Ruhland) und dem zweiten Sohn[1] – Heiner Müllers zwölf Jahre jüngerem Bruder Wolfgang.[2]

 

Nach Kriegsende holte Müller in Frankenberg, Sachsen, wo sein Vater ab 1947 Bürgermeister war, das Abitur nach[1] und arbeitete in einer Bibliothek und am Landratsamt. 1946 trat er in die SPD ein, die kurz darauf auf sowjetischen Druck hin mit der KPD zur SED zwangsvereinigt wurde, wurde aber wegen fehlenden Engagements und nicht gezahlter Mitgliederbeiträge bald wieder ausgeschlossen. Ab 1950 schrieb er Literaturkritiken für den Sonntag und die kulturpolitische Monatsschrift Aufbau, ab 1953 für die Neue deutsche Literatur. 1954 wurde Müller Mitglied des Deutschen Schriftstellerverbandes (DSV), wo er ab 1957 die Funktion eines wissenschaftlichen Mitarbeiters der Abteilung Drama bekleidete. In dieser Zeit erfolgte die Erstaufführung seines Stückes Zehn Tage, die die Welt erschütterten. 1957/58 betätigte er sich als Redakteur der FDJ-Zeitschrift Junge Kunst, wurde 1958 Mitarbeiter am Maxim-Gorki-Theater in Berlin und freischaffender Autor. Im gleichen Jahr erfolgten die Erstaufführungen der Stücke Die Korrektur und Der Lohndrücker.

 

Das Stück Die Umsiedlerin wurde 1961 nach der Uraufführung abgesetzt, Müller wurde aus dem Schriftstellerverband ausgeschlossen, was einem Berufsverbot gleichkam. Der Regisseur B. K. Tragelehn musste zur Bewährung in die Produktion. Unterstützung erhielt Müller dagegen von Peter Hacks, Hanns Eisler und Hans Mayer. Es folgten Arbeiten für Rundfunk, DEFA und Fernsehen, meist unter Pseudonym. 1965 wurde Müller erneut von der SED kritisiert. Die Partei ließ die Aufführung von Der Bau absetzen. Müller schrieb die Stücke Philoktet (Uraufführung München 1968) und übersetzte für Benno Besson Sophokles‘ Ödipus Tyrann (Uraufführung am Deutschen Theater Berlin 1967). Das in der DDR verbotene Stück Mauser wurde 1975 in den USA uraufgeführt, 1980 in Köln. Germania Tod in Berlin wurde 1978 an den Münchner Kammerspielen uraufgeführt, Die Hamletmaschine 1979 in Paris (St. Denis). 1982 wurde Der Auftrag in Bochum inszeniert. 1984 wurde Müller Mitglied der Akademie der Künste der DDR. 1988 wurde Müller dann wieder in den DDR-Schriftstellerverband aufgenommen.

 

Nachdem er zweimal seine Jugendfreundin Rosemarie Fritzsche geehelicht hatte, heiratete Müller 1955 in dritter Ehe die Schriftstellerin Ingeborg Schwenkner, die im Jahr 1966 durch Suizid ihr Leben beendete. Die Aufführung seiner Stücke verdankte er vor allen Dingen Benno Besson, dem Leiter der Berliner Volksbühne in den 60er Jahren, dem Regietandem Matthias Langhoff und Manfred Karge sowie Ruth Berghaus, der Intendantin des Berliner Ensembles (BE). Mit seiner dritten Frau, der bulgarischen Regisseurin Ginka Tscholakowa, ließ er sich 1970 trauen. Im gleichen Jahr wurde er festangestellter Dramaturg am BE, was der verspäteten Erfüllung seines Lebenstraums gleichkam. Die Rehabilitierung Müllers in der DDR geht wesentlich auf das rigorose Engagement der Regisseurin Berghaus zurück, sein Stück Zement gegen große Widerstände in der SED am Berliner Ensemble uraufgeführt zu haben. In den 80er Jahren war er mit der Schauspielerin Margarita Broich liiert. 1991 lernte Müller die Fotografin Brigitte Maria Mayer kennen, seine vierte Gattin, mit der er eine Tochter hat.

 

Ab Mitte der 1980er Jahre arbeitete er in mehreren Projekten mit Robert Wilson zusammen, den er 1977 kennengelernt hatte. Beide beeinflussten die Arbeit des jeweils anderen nachhaltig.

 

Seit Ende der 1980er Jahre profilierte sich Müller auch als Regisseur. Bei seiner achtstündigen Hamlet-Inszenierung am Deutschen Theater in Berlin 1990 integrierte er die Hamletmaschine in die Aufführung als Hamlet/Maschine mit Ulrich Mühe in der Hauptrolle. Im selben Jahr gestaltete er ein raumplastisches Environment innerhalb der urbanistischen Identitätskampagne Marking the City Boundaries (Masterplan: Daniel Libeskind) in Groningen, das er seinem Freund Luigi Nono widmete. 1992 übernahm er gemeinsam mit Peter Zadek, Matthias Langhoff, Peter Palitzsch und Fritz Marquardt die Leitung des Berliner Ensembles. 1993 inszenierte er in Bayreuth die Oper Tristan und Isolde. Seine letzte Inszenierung, Brechts Arturo Ui, die im Juni 1995 mit Martin Wuttke in der Hauptrolle Premiere im Theater am Schiffbauerdamm (Berliner Ensemble) hatte, läuft dort bis heute (über 385[3] Vorstellungen).

 

Als letzter Präsident der Akademie der Künste Berlin (Ost) war Müller bestrebt, dieser ein europäisches Gesicht zu verleihen.

 

1990 veranstaltete die Stadt Frankfurt am Main das Festival Experimenta zu Ehren Heiner Müllers mit zahlreichen Gast-Produktionen seiner Stücke aus dem In- und Ausland..

 

Am 30. Dezember 1995 verstarb Heiner Müller in Berlin an seiner Speiseröhrenkrebs-Erkrankung.[4

 

Seite „Heiner Müller“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 30. Mai 2016, 14:26 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Heiner_M%C3%BCller&oldid=154830768 (Abgerufen: 18. Juni 2016, 18:24 UTC)

 


Adolf Endler

Nach einer abgebrochenen Buchhändlerlehre arbeitete Endler als Transportarbeiter und Kranfahrer. Als er aufgrund seiner Aktivität in der Friedensbewegung wegen „Staatsgefährdung“ angeklagt wurde, übersiedelte Endler 1955 in die DDR. Er studierte 1955 bis 1957 am Literaturinstitut Johannes R. Becher in Leipzig. Seitdem lebte er als freier Autor. Er galt als Vertreter der von Georg Maurer beeinflussten Sächsischen Dichterschule.


Von 1967 bis 1978 war er mit der Schriftstellerin und Übersetzerin Elke Erb verheiratet.

 

Nach Protesten gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns 1976 und die Verurteilung Stefan Heyms wegen „Devisenvergehen“ 1979 wurde er aus dem DDR-Schriftstellerverband ausgeschlossen.

 

Er schrieb in den 1980er Jahren für verschiedene Berliner Untergrundzeitschriften und wurde zu einer essentiellen Figur der Literaturszene im Prenzlauer Berg. Seine damals entstandenen Tagebuchnotizen lobte Matthias Biskupek: „Er vermengt die Offizialrede und das Hinterhofgekreisch und vor allem seine unerhörte Einzelmeinung zu einem witzigen Gemisch, das bekömmlich und höchst lebensbejahend ist.“[1] Von 1991 bis 1998 leitete er mit seiner Frau, Brigitte Schreier-Endler, die Lesungen "Orplid & Co" im Café Clara Berlin-Mitte. Er gehörte zu den Initiatoren der "Gesellschaft zur Pflege und Förderung der Poesie Orplid e. V.", die diese Lesereihe ins Leben rief.

 

Adolf Endler war seit 2005 Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt.

 

Posthum erschien 2010 unter dem Titel „Dies Sirren“ ein Band mit Gesprächen, die Renatus Deckert mit Adolf Endler über dessen Leben und Schreiben geführt hat.


Joachim Seyppel

Joachim Seyppel war der Sohn eines kaufmännischen Angestellten und einer Putzmacherin. Er besuchte das Grunewald-Gymnasium[1] in Berlin-Grunewald, wo er 1938 sein Abitur machte. Anschließend studierte er Germanistik und Philosophie an den Universitäten in Berlin, Lausanne und zuletzt in Rostock, wo er 1943 promoviert wurde. Ab 1943 nahm er als Soldat im Sanitätsdienst am Zweiten Weltkrieg teil. 1944 wurde er von einem Kriegsgericht wegen Wehrkraftzersetzung zu 9 Monaten Haft mit „Frontbewährung“ verurteilt; im Mai 1944 geriet er in sowjetische Kriegsgefangenschaft, aus der er im Herbst 1945 entlassen wurde.

 

Seyppel war in den ersten Nachkriegsjahren als Dozent und freier Schriftsteller in Berlin tätig. 1949 ging er mit einem Stipendium der Harvard-Universität in die Vereinigten Staaten, wo er von 1950 bis 1961 als Hochschullehrer am Southeastern Louisiana University, am Bryn Mawr College in Pennsylvania und am Middlebury College in Vermont wirkte. Während dieser Zeit wurde er US-amerikanischer Staatsbürger. 1961 kehrte er nach West-Berlin zurück, wo er bis 1970 Herausgeber der Zeitschrift Diagonale war. In den Sechzigerjahren entwickelte sich Seyppel zunehmend zum Sympathisanten der DDR; im September 1973 siedelte er nach Ost-Berlin über und nahm die DDR-Staatsbürgerschaft an.

 

Seyppels Verhältnis zu den DDR-Machthabern wurde schon bald getrübt durch seine Kritik an den sozialen Missständen im Lande, seinen Protest gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns und sein Engagement für die Dissidenten Robert Havemann und Stefan Heym. 1978 teilte Seyppel dem zuständigen Dramaturgen des Rundfunks der DDR, für den er Radio-Features schrieb, unverblümt mit, dass er mit den gegenwärtigen Tendenzen in der DDR-Kulturpolitik nicht einverstanden sei.[2] Das Regime reagierte mit Schikanen, die vor allem in einer Einschränkung von Seyppels Publikationsmöglichkeiten und seiner Reisefreiheit bestanden. Im Juni 1979 wurde er aus dem Schriftstellerverband der DDR ausgeschlossen, durfte allerdings bereits im Juli 1979 mit einem Dreijahres-Visum in die Bundesrepublik Deutschland ausreisen, wo er sich nunmehr niederließ. [3] 1982 wurde er von der DDR ausgebürgert.

 

Seyppel war anfangs Gastprofessor an mehreren westdeutschen Universitäten und arbeitete in den folgenden Jahren vor allem als Journalist für das Hamburger Abendblatt, die Süddeutsche Zeitung und den Tagesspiegel.

 

Joachim Seyppel war Mitglied der Autorenvereinigung Die Kogge, seit 1973 des PEN-Zentrums Deutschland. Von 1974 bis 1979 war er Mitglied des Schriftstellerverbandes der DDR; aus dem Verband Deutscher Schriftsteller trat er 1997 aus. Er erhielt u. a. 1970 die Ehrengabe des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft im Bundesverband der Deutschen Industrie und 1981 den Kogge-Literaturpreis. (Seite „Joachim Seyppel“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 21. Mai 2015, 17:23 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Joachim_Seyppel&oldid=142344294 (Abgerufen: 31. Mai 2015, 15:07 UTC))

*Autograph Jan Koplowitz siehe Sammlung IV


Christian Kunert

Kunerts Mutter war Konzertpianistin, sein Vater Arzt.[1] Von 1961 bis 1965 war Christian Kunert Mitglied im Leipziger Thomanerchor. Als er wegen einer Blinddarm-Operation ins Krankenhaus musste, begeisterte ein Mitpatient ihn für Beat. Prompt gründete er 1964 seine erste Band The Little Stars.[2] Der elterliche Keller wurde zum Probenraum umgestaltet und „Kuno“, wie er nun genannt wurde, ließ kaum eine Sendung des Beat-Club aus. Nach dem Abitur an der Thomasschule, das er trotz Nicht-Mitgliedschaft in der FDJ ablegen konnte, und einer gleichzeitigen Lehre als Betriebsschlosser nahm er ein Musikstudium auf. 1971 stieg er als Keyboarder bei der Klaus Renft Combo ein. Nach deren Verbot 1975 konnte er nur noch bei inoffiziellen Anlässen auftreten. Das tat er meist zusammen mit dem früheren Texter der Klaus Renft Combo Gerulf Pannach, gelegentlich zudem mit dem Schriftsteller Jürgen Fuchs und der Liedermacherin Bettina Wegner.


1976 nach ihren Protesten gegen die Ausbürgerung von Wolf Biermann wurden er, Fuchs und Pannach verhaftet und am 26. August 1977 unter Druck nach West-Berlin ausgebürgert, wo sie von der Stasi weiterhin observiert und verfolgt wurden.


„Wir sind nicht freiwillig nach Westberlin gekommen. Über ein dreiviertel Jahr hinweg versuchten wir den widerlichen Methoden der Staatssicherheit unsere feste Absicht entgegenzusetzen, dass wir in der DDR leben wollen, um dort als Künstler mitzuhelfen, eine fortschrittliche, menschenwürdige Gesellschaft zu verwirklichen. Ich wiederhole: In der DDR zu leben und nicht im Gefängnis zugrunde zu gehen."

– Jürgen Fuchs, Gerulf Pannach und Christian Kunert: Erklärung im August 1977 in West-Berlin[3]


Mit ihrer Mischung aus Folk und Blues traten Pannach und Kunert anfangs recht erfolgreich im Westen auf, aber der große Durchbruch gelang ihnen nicht. Christian Kunert schrieb Musiken für Film, Fernsehen (unter anderem Tatort) und Theater. 1988/89 war er musikalischer Leiter der Stachelschweine und arbeitete mit dem Kabarettisten Matthias Deutschmann zusammen. Nach dem Fall der Mauer gaben Pannach und Kunert wieder verstärkt Konzerte, auch und gerade im Osten Deutschlands. 1993 zog Kunert in den Oberharz und betrieb dort eine Pension.

Nach dem Tod von Gerulf Pannach 1998 trat Christian Kunert bis 2005 auch wieder mit der Klaus Renft Combo auf. Er kommentierte die Zusammenarbeit mit seinem Freund und Kollegen Pannach in der Texte-Edition von Salli Sallmann Als ich wie ein Vogel war. Er trat nun häufig bei Veranstaltungen zur Aufarbeitung der SED-Diktatur auf, unter anderem 2006 im Berliner Abgeordnetenhaus,[4] in der Gedenkstätte Berliner Mauer und in der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, dem ehemaligen Stasi-Gefängnis, in dem er 1976/77 gefangengehalten worden war. 2006 verlor Kunert sein Hörvermögen. Danach trat er erstmals wieder im April 2007 auf; er nahm an einer Lesung im Rahmen der Leipziger Museumsnacht teil. Seither trägt er bei seinen öffentlichen Auftritten fast ausschließlich neue Texte vor, die bereits auf zwei CDs vorliegen.

Seite „Christian Kunert“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 1. Juni 2016, 07:06 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Christian_Kunert&oldid=154885775 (Abgerufen: 18. Juni 2016, 18:27 UTC)

 


Lutz Rathenow

Nach dem Wehrdienst in den Grenztruppen der DDR begann Rathenow an der Universität Jena ein Studium als Lehrer für Deutsch und Geschichte. Dort gründete und leitete er den oppositionellen Arbeitskreis Literatur und Lyrik Jena und knüpfte Kontakte zur Berliner Wochenschrift Weltbühne, sie solle „öfter den Mut aufbringen, eigenwillige literarische Versuche der Öffentlichkeit vorzustellen“.[1] Der Arbeitskreis wurde 1975 von Kulturfunktionären und im Hintergrund vom Ministerium für Staatssicherheit („OV Pegasus“) verboten. Nach der Ausbürgerung Wolf Biermanns 1976 wurde er verhaftet und Anfang 1977, drei Monate vor dem Examen, wegen „Zweifeln an Grundpositionen, Objektivismus und Intellektualisieren der Probleme“ exmatrikuliert.

 

Danach arbeitete er als Beifahrer und Transportarbeiter beim VEB Carl Zeiss Jena. Ende 1977 folgte er seiner Frau nach (Ost-)Berlin, wo er beim Theater arbeitete und als freier Schriftsteller lebte.

 

Nach der Veröffentlichung seines Buches „Mit dem Schlimmsten wurde schon gerechnet“ in der Bundesrepublik Deutschland 1980 wurde Rathenow einer Hausdurchsuchung unterworfen, erneut verhaftet und in das zentrale Untersuchungsgefängnis der DDR-Staatssicherheit verbracht. Unter anderem setzten sich Christa Wolf[2] und Günter Grass für seine zehn Tage später erfolgende Haftentlassung ein. Er blieb in der DDR und lehnte Ausreiseangebote der DDR-Behörden ab. Er war aktiv in der unabhängigen Friedens- und Bürgerrechtsbewegung, u.a. mit Bärbel Bohley und Gerd Poppe in der „Initiative Frieden und Menschenrechte“. Er hielt engen, oft konspirativen Kontakt zu Jürgen Fuchs im Westteil der Stadt. Dies machte es dem MfS schwer, ihn erneut zu verhaften.

 

Nach der friedlichen Revolution in der DDR wurde ihm im Januar 1992 zusammen mit der formellen Rehabilitierung von der Jenaer Friedrich-Schiller-Universität nachträglich das Abschlussdiplom verliehen.

 

Rathenows spezielle Liebe gilt dem Kinderbuch. Daneben arbeitet er als Rundfunkkolumnist, Kinderbuchautor, Essayist, auch zu literaturfernen Themen. Insbesondere die Friedrich-Naumann-Stiftung organisiert zahlreiche Lesungen mit Lutz Rathenow. Für die Stiftung arbeitet er auch als Redakteur der Zeitschrift „liberal“. Meist halbjährlich organisiert er das Seminar „Schreiben, was im Kopf steckt“.

 

Lutz Rathenow schrieb regelmäßig als freier Mitarbeiter für die Wochenzeitung Rheinischer Merkur.

 

Im März 2011 wurde er vom sächsischen Justizminister Jürgen Martens (FDP) als Nachfolger von Michael Beleites als Sächsischer Landesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen nominiert.[3] Die Bestätigung durch den Sächsischen Landtag erfolgte am 23. März 2011.[4]

 

Lutz Rathenow ist verheiratet und hat zwei Söhne.

 

(Seite „Lutz Rathenow“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 25. März 2015, 22:20 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Lutz_Rathenow&oldid=140277826 (Abgerufen: 12. April 2015, 20:15 UTC) )


Roland Jahn

Nach dem Abitur 1972 leistete Jahn Grundwehrdienst bei der Volkspolizei-Bereitschaft in Rudolstadt und nahm 1975 ein Studium der Wirtschaftswissenschaften in Jena auf. Seine Opposition begann mit öffentlichen Protesten gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns. Am 1. Mai 1977 trug er ein leeres weißes Plakat auf der offiziellen Maikundgebung, um die Zensur in der DDR zu kritisieren. Unter dem Vorwurf marxistischer "Wissenslücken" wurde er 1977 exmatrikuliert und arbeitete fortan als Transportarbeiter beim VEB Carl Zeiss Jena "zur Bewährung in der Produktion". 1978 lernte er Petra Falkenberg kennen und 1979 kam ihre gemeinsame Tochter zur Welt. Jahn demonstrierte weiterhin offen gegen die SED-Diktatur. 1982 verschickte er Postkarten mit seinem eigenen Foto, auf dem eine Gesichtshälfte als Hitler und die andere als Stalin geschminkt war.[3] In der Lokalzeitung schaltete er eine Trauerannonce zur Erinnerung an den unaufgeklärten Tod seines Freundes Matthias Domaschk, der am 12. April 1981 in der Stasi-Untersuchungshaftanstalt Gera umgekommen war. Außerdem klebte er die Annonce heimlich im Stadtzentrum von Jena als öffentliches Flugblatt.[4] Nach einer Protestaktion bei der Militärparade am 1. Mai 1982 wurde er mehrfach festgenommen und verhört. Am 1. September kam er sechs Monate in Untersuchungshaft, weil er die polnische Nationalfahne mit der Aufschrift „Solidarność z polskim narodem“ (Solidarität mit dem polnischen Volk)[5] an seinem Fahrrad angebracht hatte. Er wurde zu 22 Monaten Haft wegen „öffentlicher Herabwürdigung der staatlichen Ordnung“ und „Missachtung staatlicher Symbole“[6] verurteilt, kam aber nach internationalen Protesten und Berichten in bundesdeutschen Medien wieder frei. In der Haft unterschrieb er unter Zwang einen Ausreiseantrag, den er nach der vorzeitigen Haftentlassung wieder zurückzog. Im März 1983 gründete er mit Oppositionellen wie Frank und Eve Rub sowie weiteren aus dem Umfeld der Jungen Gemeinde Stadtmitte wie Dorothea Rost und Andreas Friedrich die Friedensgemeinschaft Jena,[7] die für einen Sozialen Friedensdienst eintrat und mit Demonstrationen und weiteren Aktivitäten politische Partizipation einforderte.[8]

 

Die Friedensgemeinschaft Jena war insofern einzigartig, als sie außerhalb öffentlicher und kirchlicher Strukturen wirkte. Um sie zu zerschlagen, führte die Stasi die „Aktion Gegenschlag" durch.[9][10] Ab 18. Mai 1983 wurden über 40 oppositionelle Friedensaktivisten aus Jena und Apolda in den Westen abgeschoben. Am 8. Juni 1983 wurde auch Jahn gewaltsam aus der DDR ausgebürgert.[3] Er wurde unter einem Vorwand zum Wohnungsamt bestellt, wo ihn ein Stasi-Kommando festnahm, in Knebelketten zum Grenzbahnhof Probstzella brachte und in das letzte Abteil des nächsten Interzonenzugs nach Bayern einschloss.[11][12]

 

 

Nach seiner erzwungenen Ausreise lebte Jahn in West-Berlin. Er wollte in die DDR zurück und weigerte sich zunächst, den Pass der Bundesrepublik anzunehmen.[3] Er machte unter anderem den Uno-Generalsekretär Javier Pérez de Cuéllar auf den Willkürakt der Ausbürgerung aufmerksam.[13] 1985 reiste Jahn - von einer Auslandsreise kommend - über den Flughafen Berlin-Schönefeld heimlich nach Ost-Berlin und Jena. Hier traf er SED-Gegner wie Gerd und Ulrike Poppe, Martin Böttger und Ralf Hirsch, die ihm zurieten, in der Bundesrepublik seine Unterstützung der Friedens- und Menschenrechtsgruppen in der DDR fortzusetzen.[14] Von 1985 bis 1987 bearbeitete er am Hamburger Institut für Sozialforschung das Studienprojekt „Opposition in der DDR“.[6] Als freier Journalist produzierte er unter dem Pseudonym Jan Falkenberg[15] beim ARD-Magazin Kontraste des Senders Freies Berlin mit Peter Wensierski zahlreiche Beiträge zu Opposition, Menschenrechtsverletzungen und Alltag im SED-Staat der 80er Jahre, darunter ein Beitrag über die Umweltverschmutzung in Bitterfeld, der mit Hilfe von Siegbert Schefke, Mitarbeiter der Umwelt-Bibliothek, gedreht wurde.[16] Zudem war Jahn als freier Journalist für die tageszeitung tätig, die auf ihrer Ostberlin-Seite über oppositionelle Aktivitäten im Ostteil Berlins berichtete. Jahn wurde in West-Berlin gemeinsam mit Jürgen Fuchs zum wichtigsten Unterstützer der DDR-Opposition.[17] So initiierte er unter anderem 1987 „Radio Glasnost“ mit,[18] das vom West-Berliner Sender Radio 100 ausgestrahlt wurde.[19] Bis Ende 1989 wurde er vom Ministerium für Staatssicherheit (MfS) auch im Westen verfolgt und abgehört. Die Stasi führte gegen ihn den OV „Weinberg“, in dem Zersetzungsmaßnahmen dokumentiert sind.[20]

 

Die Friedliche Revolution begleitete Jahn mit monatlichen Kontraste-Beiträgen über Demonstrationen, Besetzungen der Stasi-Zentralen und den Machterhaltungskampf von SED-Funktionären, später widmete er sich immer wieder Themen der Aufarbeitung der SED-Diktatur.[21] Am 9. November 2009 war er mit der Bürgerrechtlerin Katrin Hattenhauer Redner beim „Fest der Freiheit“ am Brandenburger Tor.[22]

 

Ab 1991 arbeitete Jahn beim Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg, später Rundfunk Berlin-Brandenburg, als Redakteur für das Politikmagazin Kontraste, ab 2006 als Chef vom Dienst und stellvertretender Redaktionsleiter.[6]

 

Am 30. November 2010 beschloss das Bundeskabinett auf Empfehlung des Kulturstaatsministers Bernd Neumann, Jahn dem Deutschen Bundestag zur Wahl als Bundesbeauftragten der Stasi-Unterlagen-Behörde vorzuschlagen.[23] Bei der Abstimmung im Bundestag am 28. Januar 2011 erhielt er fraktionsübergreifend 535 Stimmen, 21 Abgeordnete stimmten mit Nein und 21 enthielten sich. Zwei von 579 Stimmen waren ungültig.[24] Am 14. März 2011 erhielt er im Deutschen Historischen Museum seine Ernennungsurkunde.[25]

 

Am 24. April 2011 erklärte Jahn, sich von den Mitarbeitern mit Stasivergangenheit in seiner Behörde trennen zu wollen. Er begründete dies mit der Glaubwürdigkeit seiner Behörde bei der Aufarbeitung der Geschichte der Staatssicherheit und dem Respekt gegenüber den Opfern. Er lasse mit einem Gutachten die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine Versetzung der 47 bekannten ehemaligen Mitarbeiter der Stasi in andere Bundesbehörden prüfen.[26] Anfang Mai lehnte der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, Jahns Pläne vehement ab. Die Stasi-Unterlagen-Behörde sei „keine Einrichtung, in der es um Menschenjagd geht“. Hingegen unterstützt die CDU-Bundestagsfraktion Jahns Vorgehen.[27][28] Am 30. September 2011 verabschiedete der Bundestag die Novellierung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes, die im § 37a ein Beschäftigungsverbot für ehemalige Stasi-Mitarbeiter in der Stasi-Unterlagen-Behörde regelt.[29]

 

(Seite „Roland Jahn“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 25. März 2015, 21:57 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Roland_Jahn&oldid=140277281 (Abgerufen: 12. April 2015, 20:09 UTC) )


Rudolf Bahro

Rudolf Bahro war das älteste von drei Kindern des Viehwirtschaftsberaters Max Bahro und seiner Frau Irmgard, geb. Conrad. Die Familie lebte bis 1945 in Niederschlesien, zunächst in dem Kurort Bad Flinsberg, dann im Nachbarort Gerlachsheim (Landkreis Lauban), wo Rudolf die Dorfschule besuchte. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurde der Vater zum Wehrdienst einberufen und geriet in polnische Gefangenschaft. Als die Ostfront herannahte, wurde die Familie evakuiert. Auf der Flucht wurde Rudolf von der Mutter und den Geschwistern getrennt, und diese starben bald darauf an Typhus. Rudolf verbrachte mit einer Tante je einige Monate in Österreich und in Hessen und fand schließlich seinen Vater wieder, der in Rießen (Landkreis Guben) den Hof einer Witwe bewirtschaftete. 1951 heiratete Max Bahro die ebenfalls verwitwete Frieda Reiter in Fürstenberg (Oder), die ihren Sohn Gerhard mit in die Ehe brachte, welcher sieben Jahre älter war als Rudolf.

 

Von 1950 bis 1954 besuchte Rudolf Bahro die Oberschule in Fürstenberg. Da für die Aufnahme in die Oberschule die Mitgliedschaft in der Freien Deutschen Jugend (FDJ) vorausgesetzt wurde, trat er 1950 widerstrebend in diese ein. Dies war, wie er später kommentierte, das einzige Mal, dass er unter Druck etwas gegen seinen Willen tat. Schon 1952 bewarb er sich dann aber für die Mitgliedschaft in der SED, in die er 1954 aufgenommen wurde. Bahro galt als außerordentlich intelligent und bestand das Abitur „mit Auszeichnung“. An der Humboldt-Universität zu Berlin studierte er von 1954 bis 1959 Philosophie. Zu seinen Lehrern gehörten Kurt Hager (der spätere Chefideologe der SED), Georg Klaus und Wolfgang Heise. Das Thema seiner Diplomarbeit lautete „Johannes R. Becher und das Verhältnis der deutschen Arbeiterklasse und ihrer Partei zur nationalen Frage unseres Volkes“.

 

Bis 1956 war Bahro ein glühender Verehrer Lenins und Stalins. Die Enthüllungen Chruschtschows auf dem XX. Parteitag der KPdSU im Februar 1956, in denen erstmals die Verbrechen des Stalinismus offen angesprochen wurden, erschütterten Bahros Weltbild zutiefst. Die bald darauf ausbrechenden Unruhen in Polen und Ungarn verfolgte er mit großem Interesse, und er schlug eine Protesterklärung an die Wandzeitung, in der er seine Solidarität mit den Aufständischen bekundete und die restriktive Informationspolitik der DDR-Staatsführung offen kritisierte.[1] Das veranlasste die Staatssicherheit, ihn zwei Jahre lang zu beobachten und zu bespitzeln.

 

 

Nach dem Staatsexamen ging Bahro im Auftrag der Partei nach Sachsendorf (Kreis Seelow) im Oderbruch, wo er die Dorfzeitung Die Linie herausgab und die Bauern dazu bewegen sollte, der Genossenschaft (LPG) beizutreten. 1959 heiratete er die Russischlehrerin Gundula Lembke, die eine Tochter mit in die Ehe brachte und in den folgenden Jahren zwei weitere Mädchen (von denen eines am Tag der Geburt starb) und einen Jungen gebar. 1960 wurde Bahro in die Universitätsparteileitung in Greifswald berufen und gründete dort die Zeitung Unsere Universität, deren verantwortlicher Redakteur er wurde. In diesem Jahr erschien auch sein erstes Buch, ein Band mit Gedichten: In dieser Richtung. Ab 1962 arbeitete er als Referent für den Zentralvorstand der Gewerkschaft Wissenschaft in Berlin, ab 1965 als stellvertretender Chefredakteur bei der von der FDJ herausgegebenen Jugend- und Studentenzeitschrift Forum. In dieser Position ergaben sich wiederholt Konflikte mit der zunehmend restriktiven Politik der SED, wodurch Bahro in die Kritik geriet. Wegen des nicht genehmigten Abdrucks von Volker Brauns Stück Kipper Paul Bauch wurde er schließlich 1967 dieses Postens enthoben.

 

 

Von 1967 bis 1977 war Bahro in diversen Betrieben der Gummi- und Kunststoff-Industrie im Bereich Arbeitsorganisation tätig. Diese Konfrontation mit den tatsächlichen Verhältnissen in den Betrieben brachte ihn bald zu der Überzeugung, dass die DDR-Wirtschaft sich in einer ernsten Krise befinde und dass der Hauptgrund dafür darin liege, dass die Arbeiter in den Betrieben praktisch nichts zu sagen hätten. Diese Ansicht formulierte er im Dezember 1967 in einem Brief an den Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht, und er schlug vor, die Verantwortung in den Betrieben im Sinne einer Basisdemokratie den Arbeitern zu übertragen. Wenige Wochen danach kam es zu Veränderungen in der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei, welche den Prager Frühling einleiteten. Bahro nahm daran lebhaften Anteil und befürwortete die dortige Entwicklung. Im Mai 1968 wurde er zu einem Gespräch mit einem Mitarbeiter des Zentralkomitees zitiert, der ihm klarmachte, dass seine Solidarität mit der „Konterrevolution“ nicht mehr geduldet werde. Bahro zog daraus die Konsequenz, seine Gedanken systematisch auszubauen und zu publizieren. Dieser Entschluss wurde bestärkt und modifiziert, als am 21. August 1968 der Prager Frühling durch einmarschierende Truppen beendet wurde. Das war, wie Bahro später einmal äußerte, „der schwärzeste Tag“ seines Lebens und der Anlass für den endgültigen Bruch mit der SED. Aus taktischen Gründen entschied er jedoch, diesen Bruch nicht öffentlich zu vollziehen, um sein Buchprojekt nicht zu gefährden.

 

Nach einem vorbereitenden Literaturstudium begann Bahro 1972 mit der nebenberuflichen Arbeit an seiner Dissertation Über die Entfaltungsbedingungen der Hoch- und Fachschulkader in volkseigenen Betrieben der DDR, die einen Teil seines Vorhabens in den akademischen Diskurs einbringen sollte. Parallel dazu schrieb er heimlich an einem thematisch breiter angelegten Manuskript, aus dem später das Buch Die Alternative hervorging. 1973 reichte Gundula Bahro die Scheidung ein. Dies war, wie beide Eheleute später äußerten, eine Vorsichtsmaßnahme, um insbesondere die Kinder vor zu erwartenden staatlichen Repressalien zu bewahren. Gundula Bahro ging jedoch noch weiter und nahm 1974 mit der Staatssicherheit Kontakt auf, um diese über das bis dahin geheimgehaltene Buchprojekt ihres Ex-Ehemannes zu informieren und schließlich auch eine Kopie des Manuskripts zu übergeben. Ab dieser Zeit wurde Rudolf Bahro ohne sein Wissen intensiv beobachtet und bespitzelt.

 

1975 reichte er seine Dissertation an der TH Merseburg ein. Sie wurde zunächst von drei Gutachtern sehr positiv bewertet. Dann schritt jedoch die Stasi ein, organisierte zwei Gegengutachten und vereitelte damit die Promotion. Die Arbeit an dem Alternative-Manuskript wurde hingegen nur weiter beobachtet und nicht behindert. Bahro kam jedoch zu der Überzeugung, dass seine ursprüngliche Absicht, dieses eigentlich für DDR-Bürger geschriebene Buch in größerer Stückzahl in der DDR zu verbreiten, nicht zu verwirklichen sei. Im Dezember 1976 erfuhr er, dass eines der Exemplare, die er zur Begutachtung an Freunde und Bekannte verteilt hatte, auf Umwegen in die Hände der Stasi geraten war. Dies veranlasste ihn, die Arbeit kurzfristig zum Abschluss zu bringen. Über Mittelsmänner war inzwischen ein Vertrag mit der Europäischen Verlagsanstalt in Köln zustande gekommen. In dem Musikwissenschaftler Harry Goldschmidt fand Bahro einen unverdächtigen Helfer, der das fertige Manuskript nach West-Berlin schmuggelte. Außerdem gelang es, etliche Kopien des Manuskripts per Post an ausgewählte Personen in der DDR zu versenden.

 

 

Das Buch ist in drei Teile gegliedert: Das Phänomen des nichtkapitalistischen Weges zur Industriegesellschaft – Die Anatomie des real existierenden Sozialismus – Zur Strategie einer kommunistischen Alternative. Die vorangestellte Einleitung beginnt mit dem Postulat, dass die kommunistische Bewegung nicht zu den theoretisch erwarteten Verhältnissen geführt habe, sondern im Grunde den kapitalistischen Weg mit lediglich oberflächlichen Veränderungen fortführe. „Die Entfremdung, die Subalternität der arbeitenden Massen dauert auf neuer Stufe an.“[2] Das Buch wolle die Gründe für diese Entwicklung analysieren und Lösungen anbieten.

 

Der erste Hauptteil ist eine historische Analyse der Entwicklung des Sozialismus in der Sowjetunion. Bahro kommt zu dem Befund, dass dort und in der Folge auch in Ländern wie der DDR nicht der theoretisch erwartete Sozialismus entstanden sei, sondern eine Art Proto-Sozialismus. Den wesentlichen Grund dafür sieht er darin, dass die Sowjetunion zum Zeitpunkt der Oktoberrevolution noch weit von dem Entwicklungszustand entfernt war, den Marx in seiner Theorie vorausgesetzt hatte. Dennoch sei der von Lenin eingeschlagene Weg richtig gewesen. Die anschließend von Stalin betriebene massive Industrialisierung bezeichnet Bahro als eine notwendige Weiterentwicklung, wobei er, wie sein Biograph Guntolf Herzberg hervorhebt, den stalinistischen Terror nicht verurteilt, sondern als unvermeidbar rechtfertigt.[3]

 

Im zweiten Teil analysiert Bahro die real existierende Gesellschaftsform, die seiner Meinung nach fälschlich als Sozialismus bezeichnet wird und in Wirklichkeit noch immer eine Klassengesellschaft sei. Wie diese Gesellschaft funktioniert, stellt er detailliert dar, und er argumentiert, dass darin die Ursachen für die zu beobachtende Stagnation der Wirtschaft lägen.

 

Im dritten Teil schließlich entwickelt er Lösungsvorschläge, welche die Forderung nach einer erneuten Revolution, die nicht nur die gesellschaftlichen Verhältnisse, sondern auch die Menschen verändern müsse, beinhalten. Im Kern gehe es um die Überwindung der Subalternität, der „Daseinsform und Denkweise ‚kleiner Leute‘“. Die Aufteilung der Arbeit sei abzuschaffen, alle Menschen sollten an Wissenschaft und Kunst wie auch an niederen Arbeiten teilhaben.

 

 

Am 22. August 1977 veröffentlichte das westdeutsche Magazin Der Spiegel einen Auszug[4] aus dem schon länger angekündigten Buch und ein Interview mit Bahro, wodurch er erstmals öffentlich als Autor dieses Buchs bekannt wurde. Am Tag darauf wurde Bahro verhaftet und in das Untersuchungsgefängnis Berlin-Hohenschönhausen gebracht.[5] Am selben Abend strahlten die westdeutschen Fernsehanstalten ARD und ZDF Bahro-Interviews aus, die einige Tage zuvor – von der Stasi heimlich mitgehört, aber nicht behindert – aufgezeichnet worden waren. Diese Vorgänge fanden große Aufmerksamkeit in den westlichen Medien.

 

Anfang September kam das Buch in den Handel. Die erste Auflage war schon vor der Auslieferung vergriffen, und bald erschienen auch Übersetzungen in andere Sprachen. Die Alternative löste eine intensive Diskussion in der westeuropäischen Linken über den Realsozialismus und das Verhältnis zu diesem aus. Für Herbert Marcuse war Bahros Buch „der wichtigste Beitrag zur marxistischen Theorie und Praxis, der in den letzten Jahrzehnten erschienen ist.“[6] Ganz ähnlich äußerte sich der von Bahro hoch geschätzte Trotzkist Ernest Mandel. Lawrence Krader bezeichnete Bahro als „Gewissen der Revolution, dessen Stärke die Wahrheit“ sei. Eher kritisch äußerte sich Rudi Dutschke, der Bahro ein Verhaftetsein im Leninismus und eine zu geringe Beachtung der Menschenrechte vorwarf und seine Lösungsvorschläge als „völlig unrealistisch“ einstufte.

 

Diese inhaltliche Auseinandersetzung wurde begleitet von einer breiten Welle öffentlich bekundeter Solidarität mit Bahro. Deren vorläufiger Höhepunkt war ein von Heinrich Böll und Günter Grass initiierter Aufruf in der Londoner Times vom 1. Februar 1978, den auch Arthur Miller, Graham Greene, Carola Stern, Mikis Theodorakis und viele weitere Prominente unterschrieben hatten. In der DDR dagegen wurde die ganze Affäre totgeschwiegen, und auch der inhaftierte Bahro erfuhr nichts von den Reaktionen auf sein Buch und auf seine Festnahme. Selbst von den Kopien, die Bahro noch kurz vor seiner Verhaftung innerhalb der DDR verschickt hatte und die nicht bereits auf dem Postweg abgefangen worden waren, wurde etwa die Hälfte den Behörden übergeben.

 

Ein Buch wie Die Alternative zu schreiben und zu veröffentlichen, war an sich in der DDR nicht strafbar. Daher konstruierte die Staatsanwaltschaft den Tatbestand, Bahro habe aus „Geldgier“ Informationen (und frei erfundene Falschinformationen) für den westdeutschen Verfassungsschutz zusammengetragen und diesem durch die Veröffentlichung des Buches „übermittelt“. Am 30. Juni 1978 wurde Bahro unter Ausschluss der Öffentlichkeit[7] wegen „landesverräterischer Sammlung von Nachrichten“ und „Geheimnisverrats“ zu acht Jahren Freiheitsentzug verurteilt. Aus den Akten geht hervor, dass das Strafmaß bereits im Vorfeld der Verhandlung feststand, und auch die Bekanntgabe des Urteils für die Presse war schon vorab fertig formuliert. Der Prozess, in dem Bahro von Gregor Gysi verteidigt wurde, war demnach nur noch eine Formalität. Die daraufhin von Gysi vor dem Obersten Gericht der DDR eingereichte Berufung wurde umgehend als „offensichtlich unbegründet“ zurückgewiesen.

 

Nach seiner Verurteilung kam Bahro in die MfS-Sonderhaftanstalt Bautzen II. Nachdem es ihm gelungen war, heimlich Briefe aus dem Gefängnis in den Westen zu übermitteln, wurde im März 1979 neben den bereits bestehenden Isolationsbereichen eigens für ihn ein streng abgetrennter Flur eingerichtet. Die Staatssicherheit erarbeitete eine Sicherheitskonzeption, um jegliche Kontakte zur Außenwelt zu unterbinden. Sie veranlasste den Einbau zusätzlicher Türen, das Auswechseln der Fensterscheiben mit undurchsichtigem Milchglas, die Installierung von Fernsehkameras, Sonderregeln für den Hofgang und den Arbeitseinsatz auf dem Flur. Nur bestimmtes Personal erhielt Zutritt.[8]

 

Die Urteilsverkündung löste sofort heftige und anhaltende Proteste und Solidaritätsbekundungen im Westen aus. Den Höhepunkt bildete der vom Komitee für die Freilassung Rudolf Bahros veranstaltete „Internationale Kongress für und über Rudolf Bahro“, der vom 16. bis 19. November 1978 in West-Berlin stattfand und von über 2000 Teilnehmern besucht wurde. Die Breite der Solidaritätsbewegung illustriert ein Appell an den Staatsrat der DDR in der Frankfurter Rundschau vom 11. Mai 1979, der von Bahro-Komitees in 12 Ländern organisiert und von zahlreichen Prominenten unterzeichnet worden war. Hinzu kamen Auszeichnungen: Bahro wurde mit der „Carl-von-Ossietzky-Medaille“ der Internationalen Liga für Menschenrechte ausgezeichnet und zum Mitglied des schwedischen und des dänischen P.E.N.-Zentrums ernannt.

 

Am 11. Oktober 1979 wurde Bahro anlässlich des 30. Jahrestages der Gründung der DDR gleichzeitig mit Nico Hübner amnestiert. Am 17. Oktober wurde er zusammen mit seiner früheren Ehefrau, den beiden gemeinsamen Kindern und seiner Lebensgefährtin Ursula Beneke in die Bundesrepublik Deutschland abgeschoben. Dies entsprach seinem Wunsch; er hatte bereits im Juli einen entsprechenden Antrag gestellt, weil er in der DDR auch nach dem Ende seiner Haft keine sinnvollen Betätigungsmöglichkeiten mehr sah.

 

(Seite „Rudolf Bahro“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 25. März 2015, 21:47 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Rudolf_Bahro&oldid=140277034 (Abgerufen: 12. April 2015, 20:01 UTC) )


Sarah Kirsch

Sarah Kirsch kam im Pfarrhaus von Limlingerode als Ingrid Hella Irmelinde Bernstein zur Welt; ihr Großvater Paul Bernstein taufte seine Enkelin am 19. Mai 1935 in seiner Kirche nebenan. Sie verbrachte ihre Kindheit und Jugend ab 1937/38 in Halberstadt. Ihr Vater war Fernmeldemechaniker. Ihr starkes Interesse an der Natur äußerte sich unter anderem darin, dass sie nach dem Abitur eine Forstarbeiterlehre begann, die sie aber bald abbrach. Von 1954 bis 1958 studierte sie Biologie in Halle (Saale) und erlangte den Titel einer Diplom-Biologin. 1958 lernte sie den Lyriker Rainer Kirsch kennen, mit dem sie von 1960 bis 1968 verheiratet war.

 

Ab 1960 veröffentlichte sie lyrische Texte in Anthologien und Zeitschriften unter dem Vornamen-Pseudonym Sarah, das sie aus Protest gegen den Holocaust im Dritten Reich gewählt hatte. In den Jahren 1963 bis 1965 studierte sie gemeinsam mit ihrem Mann am Literaturinstitut Johannes R. Becher in Leipzig. Ab 1965 lebten beide als freischaffende Schriftsteller in Halle (Saale) und Sarah Kirsch wurde Mitglied des Schriftstellerverbandes der DDR. 1965 veröffentlichte sie gemeinsam mit ihrem Mann den Lyrikband Gespräch mit dem Saurier, für den sie beide die Erich-Weinert-Medaille, den Kunstpreis der FDJ, erhielten. Zwei Jahre später, 1967, veröffentlichte sie dann ihren ersten eigenen Gedichtband unter dem Titel Landaufenthalt.

 

Nach ihrer Scheidung von Rainer Kirsch 1968 zog sie nach Ost-Berlin, wo sie 1969 ihren Sohn Moritz aus einer kurzen Beziehung mit Karl Mickel zur Welt brachte. Dort war sie als Journalistin, Hörfunkmitarbeiterin und Übersetzerin tätig. 1973 veröffentlichte sie den Lyrikband Zaubersprüche sowie die Prosabände Die Pantherfrau und Die ungeheuren bergehohen Wellen auf See. Im gleichen Jahr wurde sie Vorstandsmitglied im Schriftstellerverband der DDR. In Westdeutschland erschien 1969 eine erste Auswahl Gedichte im Verlag Langewiesche-Brandt, 1974 eine weitere unter dem Titel Es war dieser merkwürdige Sommer als bibliophile Ausgabe der Berliner Handpresse. Als Erstunterzeichnerin der Protesterklärung gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns wurde sie 1976 aus der SED und dem Schriftstellerverband der DDR ausgeschlossen. Im Jahr darauf, 1977, erhielt Sarah Kirsch die Erlaubnis, mit ihrem Sohn nach West-Berlin zu übersiedeln.

 

1978 wurde sie Mitglied des PEN-Zentrums der Bundesrepublik Deutschland und war Stipendiatin der Villa Massimo in Rom, wo sie Wolfgang von Schweinitz begegnete, mit dem sie in den folgenden Jahren zusammenlebte.[2] 1980 verfasste Sarah Kirsch zusammen mit Günter Grass, Thomas Brasch und Peter Schneider einen offenen Brief an Bundeskanzler Helmut Schmidt, in dem zu einer kritischen Haltung gegenüber der amerikanischen Außenpolitik aufgerufen wurde. 1992 lehnte sie eine Berufung an die Berliner Akademie der Künste ab, da diese ehemaligen Mitarbeitern der Staatssicherheit Unterschlupf biete. 1996 übernahm sie die Brüder-Grimm-Professur an der Universität Kassel und war außerdem 1996/97 Gastdozentin an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Nach ihrem Wegzug aus Westberlin lebte die Lyrikerin mit ihrem Sohn Moritz von 1981 bis Mai 1983 in Bothel, Landkreis Rotenburg. Dort entstand ihre Gedichtsammlung Katzenleben, erschienen 1984.

 

Von 1983 an lebte Sarah Kirsch zurückgezogen in Tielenhemme, Kreis Dithmarschen, Schleswig-Holstein. Die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes lehnte sie wegen der NS-Vergangenheit des damaligen Bundespräsidenten Karl Carstens ab.[2] 2006 wurde sie vom Land Schleswig-Holstein „in Anerkennung und in Würdigung ihrer herausragenden Verdienste um die Literatur Schleswig-Holsteins sowie ihres beispiellosen lyrischen Schaffens“ mit der Ehrenprofessur des Landes Schleswig-Holstein ausgezeichnet.[3] Seit 1992 war Sarah Kirsch Mitglied der Freien Akademie der Künste Hamburg. Bis zu ihrem Tod war sie Mitglied der Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft.

 

(Seite „Sarah Kirsch“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 13. November 2014, 17:30 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Sarah_Kirsch&oldid=135791013 (Abgerufen: 12. April 2015, 19:59 UTC) )


Stefan Heym

Stefan Heym wurde als Helmut Flieg als Sohn einer jüdischen Chemnitzer Kaufmannsfamilie geboren. Er engagierte sich früh als Antifaschist und wurde 1931 auf Druck der örtlichen Nationalsozialisten wegen seines antimilitaristischen Gedichts „Exportgeschäft“,[1] das am 7. September 1931 in der sozialdemokratisch orientierten Tageszeitung Volksstimme erschien, vom Gymnasium seiner Heimatstadt verwiesen. Er legte seine Reifeprüfung am Heinrich-Schliemann-Gymnasium in Berlin unter dem damaligen Direktor Paul Hildebrandt ab und begann dort ein Studium der Journalistik. Nach dem Reichstagsbrand 1933 floh er in die Tschechoslowakei, wo er den Namen Stefan Heym annahm.

 

1935 ging er mit dem Stipendium einer jüdischen Studentenverbindung in die USA, wo er sein Studium an der Universität von Chicago fortsetzte, das er 1936 mit einer Magisterarbeit über Heinrich Heines Atta Troll abschloss. Von 1937 bis 1939 war er in New York Chefredakteur der deutschsprachigen Wochenzeitung Deutsches Volksecho, die der Kommunistischen Partei der USA nahestand. Nachdem die Zeitung im November 1939 ihr Erscheinen eingestellt hatte, arbeitete Heym als freier Schriftsteller in englischer Sprache. Bereits sein erster Roman Hostages, der im Jahr 1942 veröffentlicht wurde, war ein großer Erfolg.

 

 

Ab 1943 nahm Heym, nunmehr amerikanischer Staatsbürger, am Zweiten Weltkrieg teil. Als Mitglied der Ritchie Boys, einer Einheit für Psychologische Kriegführung unter dem Kommando des Emigranten Hans Habe, erlebte er 1944 die alliierte Invasion in der Normandie. Seine Aufgabe bestand vorwiegend im Verfassen von Texten, die per Flugblatt, Heeresgruppenzeitung, durch Lautsprecherübertragungen und Rundfunksendungen, die Soldaten der Wehrmacht beeinflussen sollten.[2] Nach Kriegsende leitete Heym die Ruhr Zeitung in Essen und war anschließend in München Redakteur der Neuen Zeitung, einer der wichtigsten Zeitungen der amerikanischen Besatzungsmacht. Wegen seiner prosowjetischen Einstellung wurde Heym Ende 1945 in die USA zurückversetzt. Heym verließ die Armee und arbeitete in den folgenden Jahren erneut als freier Schriftsteller. Ende 1948 veröffentlichte er in Boston seinen Roman The Crusaders, das bedeutet so viel wie ,,die Kreuzfahrer", den Heinrich Eduard Jacob am 24. Dezember 1948 wohlwollend für den New Yorker Aufbau rezensierte, sich allerdings darüber mokierte, dass Heym in seiner Beschreibung nicht weit genug gegangen sei, indem er „nur sein, von den Befreiern, ach, so ‚belästigtes‘ Paris und ‚seinen‘ Ausschnitt von der Riesenfront” sah. Jacob sah darin die Möglichkeit eines „Missverständnisses”, indem er bemerkte, dass Heym dies im Sinne einer „Nutzanwendung, die heute [1948] schon von seinem glänzend geschriebenen, vielgelesenen und vielgefeierten Buch im nicht-neutralen Ausland gemacht wird, […] stutzig machen und ihm zeigen [sollte], wie schnell man missverstanden werden kann.” Damit konnte und wollte Heym nicht umgehen und beschwerte sich als Emigrant über einen Emigranten (Jacob) bei einem weiteren Emigranten, dem Chefredakteur des Aufbau, Manfred George.[3]

 

Heym verließ zeitgleich mit Charlie Chaplin, Bertolt Brecht und Thomas Mann, die als linke Intellektuelle und Künstler in der McCarthy-Ära zum Auswandern veranlasst wurden, 1952 die USA. Er zog zunächst nach Prag, von wo er 1953 in die DDR übersiedelte.

 

 

In der DDR wurde Heym anfangs als heimgekehrter, antifaschistischer Emigrant privilegiert behandelt. Er arbeitete als freier Schriftsteller und daneben publizistisch für Zeitungen und Zeitschriften. Von 1953 bis 1956 schrieb er, gemeinsam mit dem Pfarrer Karl Kleinschmidt, die Kolumne Offen gesagt[4] für die Berliner Zeitung. In den ersten Jahren seines DDR-Aufenthalts war der überzeugte Sozialist Heym durchaus bereit, das DDR-Regime mit seinen dezidiert sozialistischen Romanen und Erzählungen zu unterstützen. Heyms Werke, die er nach wie vor in englischer Sprache verfasste, erschienen im List-Verlag. „Seven Seas Publishers” war eine Reihe im Verlag „Volk und Welt“, in der englische Literatur erschien, englische und amerikanische Schriftsteller, aber nicht Stefan Heym. Die Reihe wurde herausgegeben von Gertrude Heym, Stefan Heyms Ehefrau, und erreichte in deutscher Übersetzung hohe Auflagen. Stefan Heym wurde 1959 mit dem Nationalpreis der DDR für Kunst und Literatur ausgezeichnet.

 

 

Zu Konflikten mit der Staatsführung der DDR kam es bereits ab 1956, als diese trotz Entstalinisierung die Veröffentlichung von Der Tag X (späterer Titel Fünf Tage im Juni), Heyms Buch über den Volksaufstand vom 17. Juni 1953, ablehnte. Die Spannungen verschärften sich ab 1965, als Erich Honecker Heym während des 11. Plenums der SED heftig angriff. Im gleichen Jahr wurde Heym ein Veröffentlichungsverbot auferlegt. 1969 wurde Heym wegen der unerlaubt in der Bundesrepublik Deutschland erfolgten Veröffentlichung von Lassalle zu einer Geldstrafe verurteilt. Im Jahr 1978 reiste Heym für einige Vorträge in die USA. Ab Anfang der 1970er Jahre erschienen Heyms Bücher, wenn auch in kleineren Auflagen, wieder in der DDR. Seine Werke verfasste er nun nur noch in deutscher Sprache.

 

Hintergrund der kulturpolitischen Entspannung, die Heym ab 1971 wieder mit landeseigenen Verlagen zusammenarbeiten ließ, war offensichtlich eine Rede von Erich Honecker. Gut ein halbes Jahr, nachdem er im Mai 1971 an die Regierung gekommen war, kündigte Honecker in einer Rede indirekt Lockerungen des starren dogmatischen Literaturkonzepts des sozialistischen Realismus an. Die Ansprache vor hohen SED-Funktionären des Zentralkomitees wurde unter dem Schlagwort „Keine Tabus“ bekannt.[5] Jedoch erschienen Erstveröffentlichungen Heyms von 1974 bis in die Endphase der DDR nur noch in westlichen Verlagen.

 

1976 gehörte Heym zu den Unterzeichnern der Petition, mit der DDR-Autoren gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns protestierten.[6] 1979 wurde er ein zweites Mal wegen unerlaubter Veröffentlichung in der Bundesrepublik Deutschland verurteilt – diesmal wegen Collin – und aus dem Schriftstellerverband der DDR ausgeschlossen.

 

Stefan Heym unterstützte in den Achtzigerjahren die Bürgerrechtsbewegung in der DDR. Bereits 1982 sprach er sich für die deutsche Wiedervereinigung unter sozialistischem Vorzeichen aus.

 

Heym hielt während der friedlichen Revolution im Herbst 1989 mehrere Reden während der Ost-Berliner Montagsdemonstrationen, auch bei der Alexanderplatz-Demonstration am 4. November 1989:

 

„Es ist, als habe einer die Fenster aufgestoßen! Nach all' den Jahren der Stagnation – der geistigen, wirtschaftlichen, politischen; – den Jahren von Dumpfheit und Mief, von Phrasengewäsch und bürokratischer Willkür, von amtlicher Blindheit und Taubheit. […] Einer schrieb mir – und der Mann hat recht: Wir haben in diesen letzten Wochen unsere Sprachlosigkeit überwunden und sind jetzt dabei, den aufrechten Gang zu erlernen!“

 

– Stefan Heym: Demonstration am 4. November 1989

 

Ende November 1989 war er Mitinitiator und Unterzeichner des Aufrufes Für unser Land, in dem sich die Initiatoren gegen „eine Wiedervereinigung bzw. eine Konföderation mit der BRD“[7] und für den Erhalt einer eigenständigen DDR mit demokratischem Sozialismus[8][9] aussprachen – in Fortsetzung und Erweiterung der während der friedlichen Revolution zuvor erreichten Freiheiten.[10] Nach Abstimmung unter den Initiatoren wurde Stefan Heym dazu gewonnen, am 28. November 1989 diesen Aufruf auf einer Pressekonferenz vor 75 in- und ausländischen Journalisten der Öffentlichkeit vorzustellen,[11] und verlas dabei die Unterschriften der Erstunterzeichner.[12] Der Aufruf – zunächst an der herrschenden Regierung vorbei – erhielt etwa 1,17 Millionen Zustimmungen; so viel wie keine andere Petition.[12]

 

Nach der Wende wurde Heym im November 1989 wieder in den Schriftstellerverband der DDR aufgenommen und 1990 juristisch rehabilitiert.

 

In den Jahren nach der Wiedervereinigung äußerte sich Heym sehr kritisch über die seiner Meinung nach bestehende Benachteiligung der Ostdeutschen im Verlauf ihrer Integration in die Bundesrepublik und bestand auf einer gerechten sozialistischen Alternative zum nunmehr gesamtdeutschen Kapitalismus. 1992 gehörte er in Berlin zu den Mitbegründern des „Komitees für Gerechtigkeit”. Er hoffte, dass sich daraus eine neue Partei gründen würde, denn „wenn alle anderen Parteien politisch bankrott seien, dann müsse eben eine neue geschaffen werden.“[13]. Sein eindringliches Plädoyer als Schriftsteller, politischer Beobachter und Warnender[13] bereits 1992

 

„[…] wenn die Leute sich nicht artikulieren können, dann werden sie Häuser anzünden. Und wenn man ihnen nicht eine demokratische Lösung anbieten kann, eine linke Lösung, dann werden sie nach rechts gehen, werden wieder dem Faschismus folgen […]“

 

Bei der Bundestagswahl 1994 kandidierte Heym als Parteiloser auf der offenen Liste der PDS und gewann ein Direktmandat im Wahlkreis Berlin-Mitte – Prenzlauer Berg. Als Alterspräsident hielt er im November 1994 die Eröffnungsrede zum 13. Deutschen Bundestag,[14] bei der in einem viel diskutierten Traditionsbruch die Abgeordneten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion – mit Ausnahme der anschließend zur Bundestagspräsidentin wiedergewählten Rita Süssmuth – den Schlussapplaus verweigerten wegen kurz zuvor aufgekommenen Vorwürfen der Zusammenarbeit mit der Stasi (die sich später als völlig unbegründet erwiesen).[15] Bundeskanzler Helmut Kohl warf Heym, in dem andere den bedeutendsten oppositionellen Autor in der DDR sehen, sogar kurz vor der Rede vor, dass er in seinem Leben immer die Fahne nach dem Wind gedreht habe.[16] Entgegen langjährigen Gepflogenheiten wurde die Rede Heyms nicht im Bulletin der Bundesregierung veröffentlicht.[17]

 

Im Oktober 1995 legte Heym sein Mandat aus Protest gegen eine geplante Verfassungsänderung im Zusammenhang mit der Erhöhung der Diäten für Bundestagsabgeordnete nieder; damit ist er der drittälteste Abgeordnete, der jemals in einem deutschen Bundestag ein Mandat hatte.[18] Im Jahre 1997 gehörte Heym zu den Unterzeichnern der „Erfurter Erklärung”, in der ein rot-grünes Bündnis unter Tolerierung durch die PDS nach der Bundestagswahl 1998 gefordert wurde.

 

Heym starb am 16. Dezember 2001 am Toten Meer in Israel nach der Teilnahme an einem Heinrich-Heine-Symposium in Jerusalem. Zunächst hieß es in den ersten Medienberichten, er sei an den Folgen eines unglücklichen Sturzes verstorben. Später wurde als Todesursache Herzversagen genannt.[19]

 

(Seite „Stefan Heym“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 14. März 2015, 08:09 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Stefan_Heym&oldid=139762392 (Abgerufen: 12. April 2015, 19:54 UTC) )


Ulrich Plenzdorf

Ulrich Plenzdorf wurde als Sohn eines Maschinenbauers in Berlin-Kreuzberg geboren. Seine Eltern wurden wegen ihrer Mitgliedschaft in der KPD während der Zeit des Nationalsozialismus mehrmals inhaftiert. Von 1949 bis 1952 besuchte er die Internatsschule im brandenburgischen Himmelpfort, eine Abspaltung der Schulfarm Insel Scharfenberg in Berlin-Tegel.[1] 1950 zog die Familie von West- nach Ost-Berlin um, wo Plenzdorf 1954 in Lichtenberg das Abitur bestand.

 

In Leipzig studierte Plenzdorf anschließend Marxismus-Leninismus und Philosophie am Franz-Mehring-Institut der Karl-Marx-Universität Leipzig, verließ die Hochschule aber ohne Abschluss. Parallel zu seinem Studium arbeitete Plenzdorf von 1955 bis 1958 als Bühnenarbeiter. 1958–1959 war er Soldat der Nationalen Volksarmee.

 

Ab 1959 besuchte er die Deutsche Hochschule für Filmkunst in Potsdam-Babelsberg. Ab 1963 arbeitete er als Drehbuchautor und Dramaturg im DEFA-Studio Babelsberg.

 

Bekannt wurde der DDR-Autor auch in der Bundesrepublik Deutschland durch seine 1972 in der Zeitschrift Sinn und Form veröffentlichte gesellschaftskritische Erzählung Die neuen Leiden des jungen W. Ursprünglich 1969 als Filmszenarium für die DEFA geschrieben, erschien die Erzählung 1973 in Buchform und wurde seitdem in mehr als 30 Sprachen übersetzt.[2] Die 1972 in Halle uraufgeführte Bühnenfassung war in der Spielzeit 1974/75 das meistgespielte Gegenwartsstück auf den Bühnen der BRD und wurde dort auch verfilmt.[3] Im Jargon der DDR-Jugend der 1970er Jahre erzählt Plenzdorf die tragische Geschichte eines Jugendlichen, der aus seiner kleinbürgerlichen Umwelt auszubrechen versucht und beim Lesen von Goethes Werk Die Leiden des jungen Werthers (1774) immer wieder Parallelen zu seinem eigenen Leben findet.

 

Plenzdorf machte sich aber vor allem auch als Drehbuchautor einen Namen. Von ihm stammen die Drehbücher zu dem von Heiner Carow gedrehten Kinofilm Die Legende von Paul und Paula, die Hans-Fallada-Verfilmung Der Trinker mit Harald Juhnke oder Frank Beyers Film Abgehauen nach der Autobiografie von Manfred Krug. Er schrieb auch die Drehbücher der vierten von den fünf Staffeln von Jurek Beckers ARD-Fernsehserie Liebling Kreuzberg.

 

Für die in der Legende von Paul und Paula verwendeten Lieder der Puhdys, etwa Geh zu ihr, schrieb er die Texte, teilweise unter Verwendung von Bibelzitaten.

 

Seit 1992 war er Mitglied der Akademie der Künste in Berlin. Im Jahr 2004 hatte er eine Gastdozentur am Deutschen Literaturinstitut der Universität Leipzig inne.

 

Ulrich Plenzdorf war seit 1955 verheiratet und hatte drei Kinder. Seine Frau war Redakteurin im Verlag Volk und Wissen. Seinen Berliner Wohnsitz hatte Plenzdorf lange Jahre in der Wilhelm-Pieck-Straße (seit 1990: Torstraße) 5 im Stadtbezirk Mitte.

 

Ulrich Plenzdorf starb im Alter von 72 Jahren nach längerer Krankheit in einer Klinik bei Berlin. Beigesetzt wurde Ulrich Plenzdorf am 23. August 2007 dort, wo er zuletzt gewohnt hatte: in Alt Rosenthal bei Seelow, Landkreis Märkisch-Oderland. Sein Nachlass befindet sich im Archiv der Akademie der Künste in Berlin.[4]

 

(Seite „Ulrich Plenzdorf“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 25. März 2015, 17:04 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Ulrich_Plenzdorf&oldid=140269483 (Abgerufen: 12. April 2015, 19:50 UTC) )


Günter de Bruyn

Günter de Bruyn wurde als jüngstes von vier Kindern geboren. Kindheit und Schulzeit verbrachte er in Berlin-Britz. Er nahm von 1943 bis 1945 als Luftwaffenhelfer und Soldat in der Tschechoslowakei am Zweiten Weltkrieg teil. Nach der Entlassung aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft und einem Lazarettaufenthalt (Kopfverletzung) fand er eine Stelle als Landarbeiter in Hessen. Nach seiner Rückkehr nach Berlin 1946 wurde er in Potsdam zum Neulehrer ausgebildet. Bis 1949 war er als Lehrer in Garlitz (Havelland) tätig.

 

Von 1949 bis 1953 absolvierte er eine Ausbildung zum Bibliothekar. Danach arbeitete er bis 1961 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentralinstitut für Bibliothekswesen in Ost-Berlin. Er war in jener Zeit auch als Dozent tätig und veröffentlichte bibliothekswissenschaftliche Arbeiten.

 

Seit 1961 arbeitet de Bruyn als freier Schriftsteller. Von 1965 bis 1978 war er Mitglied des Zentralvorstandes des Schriftstellerverbandes der DDR, von 1974 bis 1982 im Präsidium des PEN-Zentrums der DDR. Beim Schriftstellerkongress der DDR in Berlin 1981 äußerte er als einer der wenigen Kritik an der Politik der DDR:[1]

 

„[Man] hat aber, wenn man die Zeitungen aufschlägt, ein ungutes Gefühl, wenn die DDR staatlicherseits den Antikriegskampf der Christen, Pazifisten und Kriegsdienstverweigerer jenseits der Grenzen begrüßt, der Antikriegskampf der Christen, Pazifisten und Kriegsdienstverweigerer innerhalb der eigenen Grenzen aber behindert wird.“

 

Im Oktober 1989 lehnte er die Annahme des Nationalpreises der DDR wegen „Starre, Intoleranz und Dialogunfähigkeit“ der Regierung ab.


Er ist Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland.


Ein Sohn ist der Schriftsteller und Museumsdirektor Wolfgang de Bruyn. Günter de Bruyn lebt in Berlin und Görsdorf-Blabber am Blabbergraben bei Beeskow (Landkreis Oder-Spree). (Seite „Günter de Bruyn“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 14. April 2015, 10:57 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=G%C3%BCnter_de_Bruyn&oldid=140855257 (Abgerufen: 18. Mai 2015, 19:19 UTC) )


Volker Braun

Volker Braun wuchs in Dresden auf. Nach dem Abschluss der Oberschule arbeitete er im Gaskombinat Schwarze Pumpe. 1960 begann er an der Universität Leipzig ein Studium der Philosophie. In dieser Zeit entstanden erste literarische Arbeiten. Braun verstand sich von Beginn an als dezidiert politischer Autor in der kritischen Nachfolge von Bertolt Brecht. Dreh- und Angelpunkt seines Werkes waren die Widersprüche zwischen der sozialistischen Utopie auf der einen und der Realität des Staatssozialismus auf der anderen Seite. Seit 1960 war Braun Mitglied der SED. Gleichwohl galt er in der DDR als staatskritisch, und oft gelang es ihm nur unter Einsatz taktischen Geschicks, seine Prosa oder Gedichte zu veröffentlichen.

Seine Werk umfasst Gedichte, Theaterstücke, Romane und Erzählungen.

Anfangs spiegelte sein Werk einen kritischen Enthusiasmus für den Aufbau des Sozialismus wider. Von 1965 bis 1967 arbeitete er auf Einladung von Helene Weigel als Dramaturg am Berliner Ensemble. Nach den Ereignissen des Prager Frühlings beschäftigte er sich zunehmend kritisch mit dem Leben im Sozialismus und den Möglichkeiten der Reform. Danach wurde er verstärkt von der Stasi überwacht. Seit 1972 arbeitete Braun am Deutschen Theater Berlin, 1976 gehörte er zu den Mitunterzeichnern der Protestresolution gegen die Ausbürgerung Biermanns.[2] Ab 1979 war er wieder am Berliner Ensemble tätig, 1981 erhielt er den Lessing-Preis der DDR.

1982 verließ Braun den Schriftstellerverband der DDR. Seine Werke zeichnen in dieser Zeit zunehmend das Bild eines deprimierenden Lebens in der DDR. Die Akteure seiner Stücke bewegen sich resigniert in einem unbeweglichen Umfeld. Sein an Diderots Jacques der Fatalist und sein Herr angelehnter Hinze-Kunze-Roman erhielt zwar 1985 eine Druckgenehmigung, doch nach seinem Erscheinen wurde er von der einflussreichen Kritikerin Anneliese Löffler als „absurd“ und „anarchistisch“ scharf angegriffen,[3] und Klaus Höpcke, damals stellvertretender Minister für Kultur, erhielt ein Disziplinarverfahren, weil er die Druckerlaubnis erteilt hatte.[4]

1988 erhielt Braun den Nationalpreis der DDR. Während der friedlichen Revolution 1989 gehörte er zu den Befürwortern eines eigenständigen „dritten Weges“ für die DDR und geladener Erstunterzeichner des Aufrufs „Für unser Land“.[5] Nach der Wiedervereinigung beschäftigte er sich kritisch mit den Gründen für das Scheitern der DDR. In diesem Zusammenhang steht auch seine Zusammenarbeit mit der von Wolfgang Fritz Haug herausgegebenen westlich-marxistischen Zeitschrift „Das Argument“.

Volker Braun leitete 2006–2010 an der Akademie der Künste (Berlin) die Sektion Literatur. Er ist Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland.

Seite „Volker Braun“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 2. Oktober 2016, 09:24 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Volker_Braun&oldid=158392042 (Abgerufen: 1. November 2016, 23:14 UTC)


Utz Rachowski

Der 1954 in Plauen/Vogtland geborene Rachowski geriet in der ab 1968 besuchten Erweiterten Oberschule der DDR in erste Konflikten mit der Staatssicherheit (MfS). 1971 wurde er wegen Gründung eines Philosophieclubs von der Oberschule verwiesen und aus der Freien Deutschen Jugend (FDJ) ausgeschlossen. Er absolvierte eine Lehre als Elektromonteur und anschließend seinen Grundwehrdienst bei der NVA. 1977 machte er sein Abitur und begann in Leipzig das Medizinstudium. Nach zwei Semestern wurde er exmatrikuliert und arbeitete als Heizer. 1979 wurde er wegen Verbreitung eigener Gedichte sowie Literatur von Jürgen Fuchs, Reiner Kunze, Wolf Biermann, Gerulf Pannach und dem damit verbundenen Vorwurf „staatsfeindlicher Hetze“ zu 27 Monaten Haft verurteilt. Nach der Intervention von Reiner Kunze und Amnesty International wurde Rachowski 1980 in die Bundesrepublik entlassen. Dort studierte er in Göttingen und an der Freien Universität Berlin Kunstgeschichte und Philosophie.

Utz Rachowski lebt in Berlin und im Vogtland.

(Seite „Utz Rachowski“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 8. Oktober 2014, 11:28 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Utz_Rachowski&oldid=134705841 (Abgerufen: 12. April 2015, 19:47 UTC) )


Christa Wolf

Christa Wolf sprach sich Ende Dezember 1965 auf dem 11. Plenum des ZK der SED (auch „Kahlschlagplenum“) als einzige Rednerin gegen eine neue restriktive Kulturpolitik aus[6]. Daneben verteidigte sie entschieden den später verbotenen Wismut-Roman Rummelplatz von Werner Bräunig, dessen auszugsweiser Vorabdruck in der neuen deutschen literatur Empörung innerhalb der Parteispitze ausgelöst hatte: „Meiner Ansicht nach zeugen diese Auszüge in der NDL nicht von antisozialistischer Haltung, wie ihm vorgeworfen wird. In diesem Punkt kann ich mich nicht einverstanden erklären. Das kann ich mit meinem Gewissen nicht vereinbaren.“ [6]In Folge begann für sie die Zeit schwieriger Konflikte mit dem SED-Machtapparat.

„Man sagt mir, die Sicht, unter der ich in meinem Buch die Gegenwart sehe, sei unserer Republik schädlich, und wenn die Leser, mit denen ich diskutiere oder die mir schreiben, das nicht finden, seien es die falschen Leser oder eben von meiner überzeugenden Persönlichkeit verführt.“

Christa Wolf an Brigitte Reimann, 19. November 1969, aus Sei gegrüsst und lebe. Eine Freundschaft in Briefen, 1964-1973, S. 64-65 zu ihrem nur unter großen Schwierigkeiten und kleiner Auflage erschienenen Roman Nachdenken über Christa T.

Christa Wolf war eine der Rednerinnen bei der Demonstration gegen die Politik in der DDR am 4. November 1989 auf dem Berliner Alexanderplatz.[7][8] An die Auflösung oder Zerstörung des Staates DDR glaubte sie im November/Dezember 1989, wie auch viele ihrer Schriftstellerkollegen und -kolleginnen, nicht. Sie hielt wie etliche DDR-Intellektuelle noch einige Zeit eine Reform des Sozialismus unter anderer Führung für möglich. Am 26. November 1989 traten sie im Aufruf Für unser Land [9] für die DDR und gegen den „Ausverkauf unserer materiellen und moralischen Werte“ ein. Christa Wolf ließ in dieser Zeit keinen Zweifel daran, dass die Veränderungen in der DDR nicht der Stabilisierung des Staatswesens gelten dürften, sondern der „Fortentwicklung des Sozialismus“. Deshalb lehnte sie die Bezeichnung Wende, die Egon Krenz zum Amtsantritt eingebracht hatte, entschieden ab; diese könne zu Missverständnissen im Sinne einer Kehrtwende führen, einer Restauration oder einer Wendung zum Westen hin.[10] Christa Wolf sprach vielmehr von einer „Epochenwende“.[11]

Am 21. Januar 1993 gab Christa Wolf in dem Artikel Auskunft der Berliner Zeitung selbst bekannt, dass sie von 1959 bis 1962 als „IM Margarete“ beim Ministerium für Staatssicherheit der DDR geführt worden war. Sie hatte drei Berichte verfasst, die allerdings ein ausschließlich positives Bild der betroffenen Personen zeichneten. Entsprechend beklagte die Stasi in internen Aufzeichnungen von 1962 Wolfs „Zurückhaltung“ und beendete die Zusammenarbeit. In Folge wurde die Autorin mit ihrem Ehemann – auch im Kontext ihrer von der offiziellen Linie abweichenden Meinungen – als Operativer Vorgang „Doppelzüngler“ minutiös observiert[12]; ein Zustand, der bis zum Ende der DDR 1989 anhielt.[13] Auf die Frage, warum sie trotzdem in der DDR geblieben sei, antwortete sie 2010, dass sie das Gefühl gehabt hätte, dass ihre Leser sie dort gebraucht hätten.[14]

Die Veröffentlichung dieser Fakten über Wolf und die Kritik an ihrer Erzählung Was bleibt löste den sogenannten Literaturstreit aus. In vielen Medien wurde sie wegen ihrer Stasiverpflichtung, die ihr ungeachtet des gesellschaftlichen Kontextes, der Geringfügigkeit und langjähriger Selbstüberwachung – dokumentiert in 42 Aktenordnern – zum Vorwurf gemacht wurde, hart kritisiert. Für Irritationen sorgte in diesem Zusammenhang die Forderung der Münchner CSU, der Stadtrat möge der Autorin den 1987 für ihr Buch Störfall verliehenen Geschwister-Scholl-Preis wieder aberkennen[15]. Dies wurde – nicht zuletzt durch den engagierten Einsatz Inge Aicher-Scholls, der älteren Schwester von Hans und Sophie Scholl – abgewehrt.

Dies empfand sie als Hexenjagd und als ungerechtfertigte Abrechnung mit ihrem Wunsch nach einem demokratischen Sozialismus und ihrer DDR-Biographie. Sie verglich ihre Situation mit ihrer Unterdrückung in der DDR. In den Jahren 1992/93 ging Christa Wolf für längere Zeit in die USA. Sie zog sich aus der politischen Öffentlichkeit zurück und erkrankte schwer – dokumentiert unter anderem in der Erzählung Leibhaftig. Um die Vorwürfe der Medien zu widerlegen, veröffentlichte sie 1993 ihre vollständige IM-Akte unter dem Titel Akteneinsicht Christa Wolf. Zerrspiegel und Dialog. Eine Dokumentation..[14][16] Ihre bekannten literarischen Werke hat Wolf erst nach der Kooperation mit der Stasi geschrieben.

Ihren USA-Aufenthalt verarbeitete Wolf in dem 2010 erschienenen Werk Stadt der Engel oder The Overcoat of Dr. Freud. Sie reflektierte ihr Erleben der Nachwendezeit, ihre prinzipielle Treue zu der Idee eines Sozialismus und ihr Erschrecken vor Auswirkungen des Kapitalismus wie dem Elend der Schwarzen und dem Ersten Irakkrieg, zudem erfolgt vor dem Hintergrund dieser historischen und persönlichen Umbruchserfahrungen eine grundlegende Auseinandersetzung mit dem für ihr Werk zentralen utopischen Schreiben. [17] Lange beschäftigte sie sich mit der Veröffentlichung ihrer Stasitätigkeit. Hatte sie ursprünglich die heftige Kritik mit den Denunziationen anlässlich von Nachdenken über Christa T. verglichen, änderte sie diese Haltung später. Sie überschätze „weder ihr Leiden noch das Gewicht ihrer Spitzeltätigkeit“.[18]

(Seite „Christa Wolf“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 18. März 2015, 14:39 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Christa_Wolf&oldid=139895995 (Abgerufen: 12. April 2015, 19:44 UTC) )


Kurt Bartsch

Nach dem Besuch des Gymnasiums arbeitete Bartsch in verschiedenen Berufen, u.a. als Beifahrer, Sargverkäufer, Büroangestellter, Leichenträger, Lagerarbeiter und Lektoratsassistent. Ab 1964 studierte er am Institut für Literatur „Johannes R. Becher“ in Leipzig. Nach dem XI. Plenum des ZK der SED brach er das Studium ab. Wegen einer Protestnote an Erich Honecker wurde er 1979 aus dem Schriftstellerverband der DDR ausgeschlossen und übersiedelte mit einem Dauervisum 1980 nach West-Berlin. Bartsch starb am 17. Januar 2010 in seiner Geburtsstadt Berlin. Schon zu Lebzeiten erwarb Bartsch eine Grabstelle auf dem Künstlerfriedhof Friedenau, wo er schließlich auch beerdigt wurde.

 

Er erhielt den Bambi für seine Drehbücher zur Serie "Unser Lehrer Doktor Specht". In seinem Roman "Fanny Holzbein" erzählt er in einer beeindruckenden, bildhaften Sprache aus der Zeit der letzten Kriegstage im Berliner Stadtzentrum. (In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 15. September 2014, 18:04 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Kurt_Bartsch&oldid=134063289 (Abgerufen: 1. Mai 2015, 14:52 UTC)


Klaus Schlesinger

Klaus Schlesinger wuchs in Berlin-Prenzlauer Berg auf. Sein Vater, Expeditionsgehilfe beim Ullstein Verlag, galt seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges als verschollen und wurde später für tot erklärt. Schlesinger absolvierte von 1951 bis 1957 eine Ausbildung als Chemielaborant und begann daneben von 1956 bis 1957 ein Studium als Chemieingenieur in West-Berlin, das er abbrechen musste. Danach arbeitete er als Lebensmittelchemiker und von 1958 bis 1964 als Chemielaborant am Institut für Virologie der Ost-Berliner Charité.

Von 1964 bis 1965 nahm Klaus Schlesinger an einem Kurs zur literarischen Reportage teil, den die Zeitschrift Neue Berliner Illustrierte unter der Leitung des in der DDR lebenden Schweizer Journalisten und Schriftstellers Jean Villain veranstaltete. Weitere Teilnehmer waren unter anderem Landolf Scherzer, Axel Kaspar, Anne Dessau und Gert Prokop. 1965 wurde er bei der NBI entlassen. Nach einem Verfahren wegen Urheberrechtsverletzung wurden seine journalistischen Arbeiten bis 1968 nicht mehr veröffentlicht.

Von 1968 bis 1971 hatte Schlesinger einen Fördervertrag beim Hinstorff Verlag in Rostock für die Fertigstellung seines Romans Michael. 1972 absolvierte Schlesinger einen Fernkurs am Literaturinstitut „Johannes R. Becher“ in Leipzig und wurde 1973 Mitglied des Schriftstellerverbandes der DDR.

Die gemeinsam mit Ulrich Plenzdorf und Martin Stade im Selbstverlag geplante Veröffentlichung einer Anthologie junger DDR-Autoren unter dem Arbeitstitel Berliner Geschichten wurde von dem Ministerium für Staatssicherheit durch gezielte „operative Maßnahmen“ verhindert. Schlesinger wurde seit dieser Zeit von der Staatssicherheit observiert.

1974/75 organisierte Schlesinger mit Bettina Wegner, mit der er von 1970 bis 1982 verheiratet war, zunächst die Veranstaltungsreihe Eintopp mit Literatur, Musik und Gesprächen bis zu ihrem Verbot und danach die Reihe Kramladen, die „aus technischen Gründen“ von staatlicher Seite geschlossen wurde.

Nach Beteiligung an mehreren Protestschreiben (gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns 1976, für die im Zusammenhang der Biermann-Proteste Verhafteten 1977 und gegen die Anwendung des Devisengesetzes gegen Robert Havemann, Wolfgang Hilbig und Stefan Heym) wurde Schlesinger am 7. Juni 1979 – gemeinsam mit Kurt Bartsch, Adolf Endler, Stefan Heym, Karl-Heinz Jakobs, Klaus Poche, Rolf Schneider, Dieter Schubert und Joachim Seyppel – aus dem DDR-Schriftstellerverband ausgeschlossen.

Daraufhin übersiedelte er 1980 mit einem dreijährigen Reisevisum nach West-Berlin. Dort war er von 1982 bis 1992 in der Hausbesetzer-Szene (Potsdamer Straße) aktiv. Er wohnte im K.O.B. (Potsdamer Str. 157), wo damals auch Frank Nordhausen wohnte.

Im Jahr 2000 wurde Schlesinger Mitglied der Akademie der Künste und erhielt den Erich-Fried-Preis (Laudator: György Dalos). Am 11. Mai 2001 starb er in Berlin an Leukämie. Klaus Schlesinger wurde neben Heinrich Greif auf dem Französischen Friedhof beigesetzt.

Am 11. Mai 2013 wurde vor seinem ehemaligen Wohnhaus, Berlin-Prenzlauer Berg, Dunckerstraße 4, eine Berliner Gedenktafel enthüllt. (Seite „Klaus Schlesinger“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 2. März 2014, 18:33 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Klaus_Schlesinger&oldid=128111357 (Abgerufen: 1. Mai 2015, 14:54 UTC) )


Franz Fühmann

Franz Fühmann, als Sohn eines Apothekers in Rochlitz an der Iser (Rokytnice nad Jizerou) im Riesengebirge geboren, besuchte nach der Volksschule vier Jahre das Jesuitenkonvikt Kalksburg bei Wien, aus dem er 1936 flüchtete. Er absolvierte fortan das Gymnasium in Reichenberg (Liberec) in Nordböhmen, trat dem Deutschen Turnverein (spätere sudetendeutsche Hitlerjugend) bei und wurde 1937 Mitglied der pennalen Burschenschaft Hercynia. Im Jahre der Annexion des Sudetenlandes durch NS-Deutschland trat er der Reiter-SA bei. Nach einem Schulwechsel legte er 1941 seine Matura am Reform-Realgymnasium in Hohenelbe (Vrchlabí) ab.

 

Noch 1941 folgte die kurzzeitige Immatrikulation an der Universität Prag (Mathematik), die Verpflichtung im Reichsarbeitsdienst und schließlich der Eintritt in die Wehrmacht. Er war als Nachrichtensoldat in der Sowjetunion und in Griechenland im Einsatz. Noch während des Zweiten Weltkriegs erschienen einige Gedichte in der Wochenzeitung „Das Reich“. 1945 geriet er in sowjetische Kriegsgefangenschaft, wurde aber bereits 1946 zur Antifa-Schule in Noginsk bei Moskau kommandiert.

 

1949 kam Fühmann aus der Kriegsgefangenschaft in die DDR, wo er bis zu seinem Tode in Märkisch Buchholz und Berlin lebte. Noch im selben Jahr erfolgte der Beitritt in die NDPD. Bis 1958 war er als kulturpolitischer Angestellter in deren Parteiapparat tätig. Seit 1952 war er außerdem Vorstandsmitglied des DSV. Der NDPD gehörte er bis zum Jahr 1972 an. Von 1958 bis zu seinem Tode war er freier Schriftsteller. 1952 kam seine Tochter Barbara zur Welt.

 

Neben eigener schriftstellerischer Tätigkeit war Fühmann auch kulturpolitisch aktiv. Er förderte viele junge Autoren und setzte sich in späteren Jahren für Schriftsteller ein, die unter Schikanen und Repressionen der DDR-Führung zu leiden hatten. 1976 gehörte er zu den Erstunterzeichnern eines Protestbriefes gegen die Ausbürgerung von Wolf Biermann aus der DDR.

 

Franz Fühmann erhielt 1955 den Vaterländischen Verdienstorden in Bronze,[2] 1956 den Heinrich-Mann-Preis, wurde 1957 und 1974 mit dem Nationalpreis der DDR, 1977 mit dem Deutschen Kritikerpreis und 1982 mit dem Geschwister-Scholl-Preis ausgezeichnet. Er erhielt weitere nationale und internationale Auszeichnungen und war Mitglied der Akademie der Künste.

 

Fühmann starb 1984 an einer Krebserkrankung. Er wünschte sich ausdrücklich, in Märkisch Buchholz, nicht im ungeliebten Berlin begraben zu werden. (Seite „Franz Fühmann“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 21. Februar 2015, 15:14 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Franz_F%C3%BChmann&oldid=139069792 (Abgerufen: 6. Mai 2015, 19:04 UTC))


Fritz Rudolf Fries

Fritz Rudolf Fries’ Vater war ein Kaufmann, der als Soldat im Zweiten Weltkrieg von italienischen Partisanen erschossen wurde. Seine Mutter war spanischer Abstammung. 1942 zog die Familie von Bilbao nach Leipzig, wo Fries die Bombardierungen der Stadt erlebte.[1]

Nach dem Studium der Anglistik, Romanistik und Hispanistik bei Werner Krauss und Hans Mayer an der Karl-Marx-Universität Leipzig wurde er freischaffender Übersetzer aus dem Englischen, Französischen und Spanischen (Calderón, Cervantes, Neruda, Buero Vallejo u. a.), Dolmetscher (unter anderem in Prag und Moskau) und Schriftsteller. Außerdem machte er sich als Herausgeber einer vierbändigen Borges-Ausgabe einen Namen. Von 1960 bis 1966 arbeitete er als Assistent bei Werner Krauss an der Akademie der Wissenschaften der DDR in Berlin. 1964 reiste er nach Kuba.

Sein erster Roman Der Weg nach Oobliadooh fand in der DDR keine Druckgenehmigung und erschien unter Vermittlung von Uwe Johnson 1966 im Suhrkamp Verlag in der Bundesrepublik. Die (West-)Schriftstellerin Gabriele Wohmann bemerkte:

„Fries widerlegte die Vorstellung vom handwerklich ungeschickten, thematisch eingeengten, formal vorsichtigen und bieder erzählenden DDR-Schriftsteller“.[2]

Seine Karriere als Schriftsteller in der DDR verlief nicht bruchlos. Nachdem sein erster Roman im Westen erschienen war, verlor er 1966 seine Arbeitsstelle in der Ost-Berliner Akademie der Künste.[3] Auch später verweigerte sich Fries dem von der Staatspartei SED gewünschten sozialistischen Realismus. Weil seine Werke aber auch keine explizite DDR-Kritik enthielten, konnte er als Autor von Büchern und Hörspielen und als Übersetzer arbeiten.

1972 wurde Fries Mitglied des PEN-Zentrums der DDR und kurz darauf in dessen Präsidium gewählt. Im selben Jahr warb ihn die Stasi als Spitzel für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) an. Sein Deckname als Inoffizieller Mitarbeiter (IM) lautete Pedro Hagen. Die Spitzeltätigkeit endete 1985.[4]

Nachdem er diese Zuarbeit als IM für die Staatssicherheit 1996 selbst offengelegt hatte,[5] trat er aus allen Vereinigungen, deren Mitglied er war, aus (P.E.N., Akademie der Künste in Berlin, Bayerische Akademie der Schönen Künste, Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung).

Es fiel Fries schwer sich mit diesem Teil seiner Vergangenheit auseinanderzusetzen, was auch sein 2010 erschienener halb-autobiografischer Roman Alles eines Irrsinns Spiel belegt. Hier taucht er in die Familien-Mythen sowie die Zeit seiner Kindheit ein. Damit schließt sich ein Kreis zu seinem ersten Roman Der Weg nach Oobliadooh, der ebenfalls biografisch grundiert von seiner Liebe zum Jazz und dadurch motivierten Ausflügen zu West-Berliner Konzert-Veranstaltungen handelte.[1] Fries’ Romane stehen im Zeichen des Pikaresken, der Phantasie und des Humors.

Fritz Rudolf Fries lebte zuletzt in Petershagen bei Berlin und schrieb noch gelegentlich für das Feuilleton mehrerer Tageszeitungen. Er starb am 17. Dezember 2014 im Alter von 79 Jahren in Petershagen/Eggersdorf, Ortsteil Petershagen (andere Quelle schreibt Berlin).[6] [7] [8] [9] (
Seite „Fritz Rudolf Fries“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 8. Februar 2015, 13:20 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Fritz_Rudolf_Fries&oldid=138613567 (Abgerufen: 6. Mai 2015, 19:07 UTC)


Käthe Reichel

Herkunft und Theateranfänge

 

Reichel, die aus einfachen Verhältnissen stammte, wuchs in Berlin-Mitte in einem Hinterhof auf. Ihre Eltern gehörten der Arbeiterschicht an; in ihrer Jugend musste sie oft an Hunger leiden.[3] Als Kind verkaufte sie Fisch in der Markthalle. Nach ihrer obligatorischen Schulausbildung lernt sie den Beruf einer Textilkauffrau. Im Anschluss ihrer kaufmännischen Lehre begann sie ohne Schauspielausbildung ihre schauspielerische Arbeit mit ersten Engagements am Theater Greiz, am Gothaer Stadttheater und am Volkstheater Rostock. In der Spielzeit 1949/1950 spielte Reichel am Volkstheater Rostock die Rolle der Telefonistin in Bertolt Brechts Stück Herr Puntila und sein Knecht Matti (Gastregie: Egon Monk); Brechts Ehefrau Helene Weigel besuchte im Februar 1950 eine Aufführung der Inszenierung und machte Brecht auf die junge Schauspielerin Waltraut Reichelt aufmerksam.

 

Im Oktober 1950 wurde Reichel von Brecht an das Berliner Ensemble (BE) engagiert. Reichel nannte sich fortan Käthe Reichel. Brecht erkannte das Talent der jungen Waltraut Reichelt und förderte ihre berufliche Entwicklung. Dabei entstand eine Liebesbeziehung zwischen Brecht und Reichel. Sie war in dieser Zeit Brechts letzte Geliebte.[3][4] Brecht schrieb für Reichel im Jahre 1950 vier Liebeslieder; die Lieder wurden im Oktober 1951 von Paul Dessau als Lied-Zyklus Vier Liebeslieder vertont. Brecht besetzte Reichel in seinem Theaterstück Die Mutter (als Dienstmädchen in Szene 13: Vor einer Vaterländischen Kupfersammelstelle); die Premiere fand im Januar 1951 unter Brechts Regie statt.

 

Reichel trat am Berliner Ensemble in vielen Inszenierungen Brechts und Benno Bessons auf. Wichtige Rollen dort waren: Gustchen in Brechts Bearbeitung von Lenz’ Der Hofmeister (1950, Regie: Brecht/Caspar Neher), Gretchen in Urfaust (Premiere: April 1952 am Landestheater Potsdam; Übernahme ans BE ab März 1953; Regie: Egon Monk), die Titelrolle in Brecht/Seghers’ Der Prozess der Jeanne d’Arc zu Rouen 1431 (Premiere: November 1952; Regie: Benno Besson), Mathurine in Don Juan (Premiere: März 1954 im Theater am Schiffbauerdamm; Regie: Benno Besson), die Gouverneursfrau Natella Abaschwili in Der kaukasische Kreidekreis (1954; Regie: Bertolt Brecht) und die Doppelrolle Shen Te/Shui Ta in Der gute Mensch von Sezuan (1957; Regie: Benno Besson).

 

Weitere Theaterrollen

 

1955 spielte sie (als Gast) an den Städtischen Bühnen Frankfurt ebenfalls die Rolle der Magd Grusche in Der kaukasische Kreidekreis.[5] Regie führte Harry Buckwitz. In der Spielzeit 1955/1956 gastierte sie am Volkstheater Rostock als Shen Te/Shui Ta (Premiere: Januar 1956). 1956 spielte sie an den Städtischen Bühnen Wuppertal die Titelrolle in Shaws Schauspiel Die heilige Johanna; 1965 gastierte sie mit dieser Rolle nochmals im Westen, am Nationaltheater Mannheim. 1959 trat sie am Volkstheater Rostock als Polly in Brecht/Weills Die Dreigroschenoper auf. 1961 spielte sie am Schauspielhaus Stuttgart erstmals die Titelrolle in Brechts (wegen seines Antiamerikanismus auf westdeutschen Bühnen selten gespielten) Stück Die heilige Johanna der Schlachthöfe; sie wurde in der Rolle der Johanna Dark in Stuttgart ausgebuht.[6] Im selben Jahr trat sie in dieser Rolle auch am Volkstheater Rostock auf. Ab 2000/2001 trug Reichel Brechts Johanna der Schlachthöfe in einer eigenen Lesefassung als Ein-Personen-Stück vor.

 

Seit der Spielzeit 1960/1961 gehörte sie dem Ensemble des Deutschen Theaters (DT) an; dort war sie bis 2001 festes Ensemblemitglied.[4] Zu ihren Rollen am Deutschen Theater gehörten: die Titelrolle in Minna von Barnhelm (1960; Regie: Wolfgang Langhoff), Julia in Zwei Herren aus Verona (1963), Sophie von Beeskov in dem Schauspiel 1913 von Carl Sternheim, die Nachbarin in Seán O’Caseys Theaterstück Juno und der Pfau (1972; Regie: Adolf Dresen), die Botin in Sophokles/Hölderlin/Heiner Müllers Oedipus Tyrann (1976; Regie: Benno Besson) sowie in späteren Jahren als Frau Brigitte in Der zerbrochne Krug (1990), sowie in Das Käthchen von Heilbronn (Spielzeit 1991/1992) und zuletzt in Der kaukasische Kreidekreis[6] (1991, als Grusche, neben Klaus Löwitsch als Azdak), jeweils unter der Regie von Thomas Langhoff.

 

1982 gastierte sie am Deutschen Schauspielhaus Hamburg. Sie übernahm, unter der Regie von Niels-Peter Rudolph, die Rolle der „Alten Frau“ in Peter Handkes „Dramatischem Gedicht“ Über die Dörfer.

 

Film und Fernsehen

 

Ab 1951 war Reichel auch im Bereich der Film- und Fernseharbeit tätig. Ihr Filmdebüt gab sie in einer kleinen Rolle unter der Regie von Artur Pohl in dem Spielfilm Corinna Schmidt (1951), der auf Theodor Fontanes Roman Frau Jenny Treibel basiert. Erst Ende der 1950er Jahre nahm sie ihre Filmtätigkeit wieder auf. In dem Gegenwartsfilm Die Feststellung (1958) war sie als Mechanikerin zu sehen. Fortan wirkte Reichel in mehreren Produktionen der DEFA und des DFF mit. Reichel spielte meist „skurrile Gestalten [und] Volksfiguren“, die sie nicht primär realistisch, sondern stets mit einem Hauch von Verfremdung anlegte.[7] Häufig war Reichel dabei auf prägnante Nebenrollen festgelegt: als Bäuerin Ulrike in dem Märchenfilm Wie heiratet man einen König? (1969) von Rainer Simon, als Sachbearbeiterin in Nebelnacht (1969), als Wirtin der Studentin Karin in Mein lieber Robinson (1971) von Roland Gräf und als Lucie Matewsky, genannt „Goldlucie“, in Leichensache Zernik (1972).[8] Zu Reichels skurrilen Figuren gehörte auch ihre kleine, aber einprägsame, „unverwechselbare Rolle“ als „schrille“ Frau des Schaubudenbesitzers in dem Spielfilm Die Legende von Paul und Paula (1973).[8][9]

 

In dem Fernsehmehrteiler Daniel Druskat (1976) spielte sie ein einfaches, schlichtes Dienstmädchen mit tragikomischen Zügen; eine Rolle, in der sie die Hauptdarsteller zeitweise in den Hintergrund treten ließ.[6]

 

 

1979/1980 hatte sie eine ihrer wenigen Film-Hauptrollen, die Titelrolle in dem Fernsehfilm Muhme Mehle. Der Film lehnt sich an die Lebensgeschichte der Kommunistin und Spionin Ruth Werner an. Reichel spielte, unter der Regie von Thomas Langhoff, die Rolle der einfachen, unpolitischen Kinderfrau Wilhelmine Kegelang, die im schweizerischen Hochgebirge bei einer Kundschafterin (illegale Kurierin der Kommunistischen Partei) und deren Familie arbeitet; durch ihre Redseligkeit bringt sie ihre Arbeitgeberin und deren Familienmitglieder jedoch in große Gefahr.[10]

 

Eine weitere bedeutende Rolle hatte sie als Josepha Feller, der Frau des katholischen Predigers Feller, in dem Filmdrama Levins Mühle (1980). Die Filmszene, in der Reichel an der Seite von Andrzej Szalawski das Lied Hei hei hei hei japadei macht das Judchen ein Geschrei. singt, wurde bekannt. In dem Spielfilm Glück im Hinterhaus (1980) verkörperte sie die Nachbarin Frau Wolff, die frühere beste Freundin der Mutter der Praktikantin Frl. Broder.

 

Für ihre Rolle als Zuchthausleiterin Olser in dem Spielfilm Die Verlobte (1980) erhielt sie 1982 auf dem 2. Nationalen Spielfilmfestival der DDR den Nebendarstellerpreis. In dem DDR-Fernsehfilm Der Schimmelreiter (1984) verkörperte sie die Rolle der Hebamme Trin. In der mehrteiligen Literaturverfilmung Der Laden (1997/1998) hatte Reichel eine ihrer letzten Filmrollen.

 

Späte Jahre und Tod

 

1994 war sie Jurorin des Alfred-Kerr-Darstellerpreises.[11] In der im Jahr 2000 uraufgeführten Filmbiografie Abschied. Brechts letzter Sommer verkörperte die deutsche Schauspielerin Jeanette Hain Käthe Reichel.

 

2006 erschien das Buch Windbriefe an den Herrn b.b. In dem Buch schreibt Reichel 45 „Windbriefe“ an Bertolt Brecht („an den Herrn b.b.“), in denen sie auch Marotten und Arbeitsweisen ihres Geliebten beschreibt. 2011 veröffentlichte sie unter dem Titel Dämmerstunde – Erzähltes aus der Kindheit eine Autobiografie ihrer Kindheit.[12]

 

Käthe Reichel war unverheiratet. Sie lebte nach dem Suizid ihres einzigen Sohnes (aus einer Beziehung mit dem Maler Gabriele Mucchi) alleine in ihrer Wohnung in Berlin, unweit des Deutschen Theaters.[6] Sie verstarb im Alter von 86 Jahren in ihrem Haus in Buckow. Brecht hatte das Anwesen am Buckowsee 1952 für Käthe Reichel gekauft. Am 9. November 2012 wurde sie auf dem I. Französischen Friedhof in Berlin-Mitte beigesetzt.[13]

 

Politisches Engagement

 

Reichel galt in der DDR aufgrund ihrer non-konformistischen Haltung als kritische Künstlerin. Für das Ministerium für Staatssicherheit galt sie als das „konterrevolutionäre Zentrum des Deutschen Theaters.“[4] Über den Einmarsch der Warschauer-Pakt-Staaten in die Tschechoslowakei im Jahr 1968 äußerte sie sich kritisch in der Öffentlichkeit.[4] Ihre für die Obrigkeit in der DDR unbequeme Position verdeutlichte sie 1976, als sie gegen die Ausbürgerung von Wolf Biermann aus der DDR protestierte.[14] Am 4. November 1989 nahm sie an der Alexanderplatz-Demonstration teil; sie gehörte zu den Mitorganisatoren der Kundgebung.[3] Am 5. April 1990 sprach sie im Lustgarten (Berlin) zu rund 100 000 Teilnehmern einer Demonstration gegen den Umtauschkurs 2:1 für die Mark der DDR im Rahmen der geplanten Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion.[15][16] Am 4. November 1990 polemisierte sie gegen „Krause und Maiziere“, die das Land „verkauft, verschachert, verraten“ hätten, und warnte, dass sich das Volk des Satzes wieder erinnern werde, mit dem es vor einem Jahr einen Staat gestürzt habe: „Wir sind das Volk“.[17] Im Januar 1991 demonstrierte sie mit einem Plakat „Mütter, versteckt Eure Söhne“ gegen den Golfkrieg.[18] 1993 unterstützte sie den Hungerstreik von Bergleuten der vor der Schließung stehenden Kaligrube Bischofferode unter anderem mit einem offenen Brief an die Präsidentin der Treuhandanstalt Birgit Breuel.[19] 1995/96 kritisierte sie die Kriegführung Russlands in Tschetschenien und schlug das Komitee der Soldatenmütter Russlands für den Friedensnobelpreis vor. 2006 engagierte sie sich für einen Berliner Heinrich-Heine-Preis für Peter Handke, nachdem diesem der Heinrich-Heine-Preis der Stadt Düsseldorf, für den ihn die Jury nominiert hatte, wegen seiner Haltung zu Slobodan Milošević verweigert worden war.[20][21][22] Das 2001 gegründete Internationale Komitee (für die Verteidigung von) Slobodan Miloševic zählte Käthe Reichel zu seinen „Unterstützern“.[23]

Seite „Käthe Reichel“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 2. Mai 2016, 12:53 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=K%C3%A4the_Reichel&oldid=154032176 (Abgerufen: 30. Juni 2016, 14:53 UTC)


Karl-Heinz Jakobs

Karl Heinz Jakobs wuchs in Ostpreußen auf. Er nahm 1945 noch als Soldat am Zweiten Weltkrieg teil. Nach Kriegsende versuchte er sich in verschiedenen Berufen, besuchte eine Handelsschule und machte eine Lehre als Maurer. Ab 1956 studierte er am Literaturinstitut "Johannes R. Becher" in Leipzig. Ab 1958 war er als Journalist tätig, anschließend als freier Schriftsteller. Er hatte mehrfach Gelegenheit zu Reisen ins Ausland, u.a. in die Sowjetunion und 1967/68 als Mitglied einer Brigade der FDJ nach Mali.

Nachdem Jakobs 1977 gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns protestiert hatte, wurde er aus der SED ausgeschlossen und seine Publikationsmöglichkeiten in der DDR beschnitten. 1979 führte die Veröffentlichung seines Romans „Wilhelmsburg“ bei einem westdeutschen Verlag zu seinem Ausschluss aus dem Schriftstellerverband der DDR.

1981 siedelte Jakobs in die Bundesrepublik über und ließ sich in Velbert nieder. Seit 1982 ist er Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland. In den Jahren 1986 und 1987 hielt er Gastvorlesungen an mehreren Universitäten in den USA und Kanada. Im Dezember 1989 wurde im Zug der Wende in der DDR sein Ausschluss aus dem Schriftstellerverband rückgängig gemacht. Jakobs, der im Westen vorwiegend für Zeitungen, Hörfunk und Fernsehen arbeitete, ist inzwischen als Herausgeber der „Sonntagsgeschichten“ Mitarbeiter der Zeitung Neues Deutschland.

Der Erzähler Karl-Heinz Jakobs begann als relativ linientreuer Vertreter des „Bitterfelder Weges“ mit Schilderungen der sozialistischen Arbeitswelt; sein Roman Beschreibung eines Sommers, der auch verfilmt wurde, gehört zu den Longsellern der DDR-Literatur. 1972 erhielt der Autor den Heinrich-Mann-Preis der Akademie der Künste der DDR und 1974 eine Verdienstmedaille der DDR. Seit den frühen Siebzigerjahren stand Jakobs jedoch den Entwicklungen in seinem Land zunehmend skeptischer gegenüber. Diese Entwicklung gipfelte in der Teilnahme am Biermann-Protest und schließlich im Verlassen der DDR. (Seite „Karl-Heinz Jakobs“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 29. April 2014, 11:31 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Karl-Heinz_Jakobs&oldid=129941295 (Abgerufen: 16. Juli 2015, 21:13 UTC))


Henryk Bereska und Horst Hussel

HENRYK BERESKA

 

Geboren in einer zweisprachigen Arbeiterfamilie in Oberschlesien ließ er sich nach dem Zweiten Weltkrieg in der DDR nieder und studierte Germanistik und Slawistik an der Humboldt-Universität zu Berlin. Bis 1955 war er Redakteur des Aufbau-Verlages, bis er aus politischen Gründen ausschied. Seitdem lebte er als freier Übersetzer in Berlin-Mitte und dem märkischen Kolberg.

 

Bereska gehörte zu den Mitunterzeichnern gegen die Ausbürgerung von Wolf Biermann. Er hat seine Unterschrift nicht zurückgezogen, trotz Schwierigkeiten, so durfte er zeitweilig nicht nach Polen reisen und seine Frau wurde drangsaliert.

 

Bereska war neben Karl Dedecius der wichtigste Übersetzer polnischer Literatur in Deutschland. Er übertrug eine dreistellige Anzahl von Büchern und Gedichtbänden ins Deutsche, darunter so bekannte Namen wie Zbigniew Herbert, Tadeusz Różewicz und Adam Zagajewski. Zudem wirkte er unermüdlich für die Förderung polnischer Schriftsteller in Deutschland.

 

Eigene Aphorismen und Gedichte veröffentlichte er ab 1963 in Anthologien und Zeitschriften. 1980 erschien sein erster eigener Gedichtband in Westberlin. Seit 1990 erscheinen seine Gedichte und Aphorismen in der Corvinus Presse Berlin.

 

Für seine Verdienste wurde er im Jahr 2000 mit dem Hans-Sahl-Preis, 2001 mit dem Samuel-Bogumil-Linde-Preis und 2005 mit dem Transatlantyk-Preis des polnischen Buchinstituts ausgezeichnet. 2002 erhielt er die Ehrendoktorwürde der Universität Breslau. Hinzu kamen weitere staatliche Auszeichnungen aus Deutschland (Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland, 1997, auf Vorschlag seines Verlegers Hendrik Liersch) und Polen (Kommandeurskreuz zum Verdienstorden der Republik Polen, 1998). 2002 war er Burgschreiber der Gemeinde Beeskow. Weitere Stipendien in Ahrenshoop, Krokow, Straelen und Wiepersdorf. Im Jahr 2000 war er Teilnehmer am internationalen Lyrikfestival in Struga (Mazedonien).

 

Sein Archiv übergab er bereits im Frühjahr 2004 dem Karl Dedecius Archiv der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder).

 

 Seite „Henryk Bereska“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 16. November 2015, 21:55 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Henryk_Bereska&oldid=148112483 (Abgerufen: 14. Juli 2016, 15:46 UTC)


HORST HUSSEL

 

Von 1953 bis zu seiner vorzeitigen Exmatrikulation wegen „formalistischer Umtriebe“[1] 1954 studierte er an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden bei Erich Fraaß. Von 1954 bis 1958 erfolgte ein Studium der Malerei an der Hochschule für bildende und angewandte Kunst in Berlin-Weißensee bei Kurt Robbel, Bert Heller und Gabriele Mucchi. Er wurde in Berlin während seiner Diplomarbeitsphase wegen seiner „dekadenten künstlerischen Auffassung“[1] exmatrikuliert und studierte von 1958 bis 1961 Graphik an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin-Charlottenburg bei Friedrich Stabenau. Mit Friedrich Schröder-Sonnenstern war er befreundet. Im August 1961 brach er sein drittes Studium ab. Erst im Jahr 1990 wurde ihm das Abschlusszeugnis der Kunsthochschule Berlin-Weißensee nachträglich zuerkannt. Im Jahr 1994 gründete Hussel die Dronte-Presse. Er ist Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland.

 

Seit 1961 arbeitet er als Grafiker und Zeichner, Buchgrafiker, Schriftsteller und Herausgeber. Im Jahr 1993 erhielt er den Jule-Hammer-Preis, die Dürer-Plakette der Friedrich-Schröder-Sonnenstern-Gesellschaft wurde ihm 1969 verliehen, ausgehändigt erst 2001. Ehrenpräsident der Schwitters-Gesellschaft. Horst Hussel ist auch ein Kunst-Propagandist für verwandte Geister, so Paul Scheerbart, Robert Walser, Alexander Olbricht, Marcus Behmer, Kurt Schwitters, Albert Wigand und Gerhard Altenbourg. Altenbourg schuf 1961 mit der Lithografie „Freund H.“ ein Porträt Hussels.

 

Bekannt ist Horst Hussel durch eine Fülle illustrierter Bücher anderer Autoren, durch eine Vielzahl selbst illustrierter eigener Bücher und durch von ihm entworfene Bucheinbände, Vorsatzpapiere und Vignetten. Daneben hat er ein umfangreiches Œuvre geschaffen, das vor allem aus Grafiken und Zeichnungen besteht, und das in zahlreichen Ausstellungen präsentiert wurde. Horst Hussel gestaltet die Bucheinbände der Friedenauer Presse und zeichnete unter anderem für die Zeitschriften Sibylle und Das Magazin.

 

 Seite „Horst Hussel“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 2. November 2015, 14:40 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Horst_Hussel&oldid=147633273 (Abgerufen: 14. Juli 2016, 15:48 UTC)

 

 

 


Hans Joachim Schädlich